Golf:Außergewöhnliche Inspiration

U.S. Open - Final Round

Ein Pokal fürs Leben: Gary Woodland gewinnt mit 35 Jahren die US Open, seinen ersten großen Titel.

(Foto: Harry How/AFP)

Der Amerikaner Gary Woodland bleibt bei der US Open in Pebble Beach kühl und gewinnt sein erstes Major-Turnier.

Von Barbara Klimke, Pebble Beach/München

Die Ausgangslage war knifflig und nichts für Golfer, denen beim entscheidenden Putt die Hände zittern: Gary Woodland stand auf einem Platz, den auf drei Seiten der schäumende Pazifik begrenzt. Hinter ihm ein Verfolger, Brooks Koepka, der vier der zurückliegenden acht Major-Turniere gewonnen hatte und bis auf wenige Schläge an ihn herangekommen war. Vor ihm, in Greifweite, der größte Triumph seiner Karriere, der Pokal der US Open. Doch Woodland spürte keine Nervosität in Pebble Beach, auch nicht auf der Schlussbahn. Das Einzige, was er selbst kontrollieren könne in solchen Situationen, sei seine innere Ruhe und Einstellung zum Spiel, erklärte er danach. Also sagte er sich auf dem Platz: Du hast es drauf! Holte aus und schwang durch.

Gary Woodland aus Topeka im US-Bundesstaat Kansas, 35 Jahre alt, spielte am Sonntag eine 69er-Finalrunde auf dem Par-71-Kurs in Kalifornien und eroberte sich mit insgesamt 271 Schlägen den Titel. Koepka, den zweimaligen Turniersieger, hielt er mit drei Schlägen auf Distanz. Den dritten Rang teilten sich die US-Kollegen Xander Schauffele und Chez Reavie sowie Jon Rahm aus Spanien und der Engländer Justin Rose. Martin Kaymer, der die US-Open vor fünf Jahren gewonnen hatte, kam mit 285 Schlägen auf Platz 35 und wird nun diese Woche bei den BMW International Open in Eichenried antreten.

Für Woodland war es der bedeutendste Moment seiner Laufbahn; er hatte es bei seinen ersten 27 Teilnahmen an Major-Turnieren nie unter die besten Zehn geschafft, erst im vorigen Jahr schloss er die PGA Championship als Sechster ab. Als der Überraschungssieger gefragt wurde, woher er in brenzligen Situationen seine Unbeirrbarkeit und Zuversicht nahm, erinnerte er an einen Tag im Januar, als er gemeinsam mit der 20 Jahre alten Amy Bockerstette gegolft hatte. "Was das Mentale betrifft, bedeutet sie mir alles", sagte Woodland: "Ihre Haltung, Lebensfreude, Liebe zum Spiel und positive Energie" habe er sich seitdem zum Vorbild gesetzt.

Amy Bockerstette, eine Special-Olympics-Golferin mit Down Syndrom, lernte Woodland in Scottsdale/Arizona kennen: Die Turnierveranstalter fragten ihn, ob er vor dem Wettkampf bei einer Übungsrunde an der 16. Bahn vor Tausenden Zuschauern mit ihr auftreten wolle. Woodland sagte zu - was dann geschah, hat die PGA-Tour in einem Video festgehalten, das seitdem zwanzig Millionen Mal aufgerufen wurde. Amy Bockerstette setzte den ersten Schlag in den Bunker. Dann schlug sie ihn mit phänomenalem Schwung wieder heraus und versenkte ihn anschließend mit einem langen Putt im Loch - nicht ohne sich selbst und Woodland jedes Mal zu versichern: "Ich hab's drauf!" Woodland, überwältigt, nahm sie in die Arme, und hat nun berichtet, dass seine Familie und Amys Bockerstettes Familie Freunde geblieben sind. Sie hat ihm Glück gewünscht, und er hat ihren Einfluss auf sein Spiel beschrieben: "Das Leben ist nicht immer Sonnenschein, es wird schlimme Momente geben", sagte er, aber man könne Herausforderungen mit Haltung begegnen. Das ist es, was der US-Open-Sieger auch seinen eigenen Kinder beibringen will: Dass die positive Einstellung von Amy Bockerstette ansteckend ist.

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