Frauenturnier in Augusta:Ein Golfturnier, bei dem mächtig viel schiefläuft

Golf: Leonie Harm

Die deutsche Golferin Leonie Harm am ersten Turniertag.

(Foto: dpa)
  • Der berühmte Augusta National Golf Club richtet zum ersten Mal ein Frauenturnier aus.
  • Es wird als große Errungenschaft gefeiert, doch in Wahrheit zeigt sich die Rückständigkeit der dortigen Szene.
  • In der Vergangenheit ist der Club auch durch die späte Aufhebung von Mitgliedschaftsverboten für Afroamerikaner und Frauen aufgefallen.

Von Gerald Kleffmann

An diesem Mittwoch startete im Augusta National Golf Club ein dreitägiges Turnier für Frauen, es heißt "Augusta National Women's Amateur" und findet erstmals statt. Es nehmen, wie der Titel vermuten lässt, nur Frauen an dieser Veranstaltung teil, und nur Amateurinnen. Der Augusta National Golf Club ist stolz auf die Einführung dieses Wettbewerbs, wie Chairman Fred Ridley vor einem Jahr bei der Verkündung hervorhob. Es fielen damals auch andere wohlklingende Worte, eine "Chance für das Frauen-Spiel" sei das Event zum Beispiel. So sehen sie das im Augusta National Golf Club. Von der Vergangenheit schwiegen sie lieber.

Der Augusta National Golf Club zählt zu den schönsten Anlagen der Welt und ist berühmt für die Blumen- und Pflanzenpracht entlang den Bahnen. Historisch betrachtet, spielt der Klub eine der bedeutsamsten Rollen im globalen Golf. Aber es gibt kaum einen anderen Klub, der derart polarisierte wie die Anlage im US-Bundesstaat Georgia. Dass ein Frauenturnier als etwas Bahnbrechendes vermarktet wird im Jahre 2019, zeigt schon, dass etwas mächtig schiefgelaufen sein muss.

Der Augusta National Golf Club wurde 1932 von dem Investmentbanker Clifford Roberts und dem legendären Golf-Amateur Bobby Jones gegründet. Nur zwei Jahre später wurde das Masters eingeführt, das jedes Jahr im April stattfindet und eines der vier Major-Turniere darstellt, also zu den wichtigsten vier Wettbewerben gehört. Der Sieger erhält ein zwar sehr hässliches, aber natürlich sehr wertvolles und begehrtes grünes Sakko; dem Deutschen Bernhard Langer wurde es gleich zweimal überreicht, womit er automatisch Mitglied in diesem Klub wurde, der von jeher seine eigenen Gesetze darüber hatte, wer welche Bedingung als Mitglied erfüllen muss.

"Ein Verein der weißen männlichen Christen"

Als Langer 1985 als "blonder Engel", wie ihn die US-Presse damals umschrieb, triumphierte, durften zum Beispiel immer noch nicht Afroamerikaner beitreten. Eine Regel, die zu Zeiten von Roberts und Jones fixiert worden war, besagte überdies, dass auch Frauen draußen bleiben müssten. Als Langer 1993 seinen Erfolg wiederholte, hatte es immerhin eine erste Änderung gegeben: Der Afroamerikaner Ron Townsend, ein TV-Manager, durfte Mitglied werden. Frauen hingegen blieben nach wie vor ausgeschlossen - und sollten es lange bleiben.

Nun ist es selbstredend das Recht jedes privaten Vereins zu bestimmen, wer Mitglied werden darf. Es gibt im Golf sogar einige reine Frauenklubs. Das Paradoxon im Fall des Augusta National Golf Clubs bestand aber darin, dass er sich stets als gesellschaftlich federführend erachtete und sogar als Maßstab von Moral, Integrität und Ethik verstand - und sich dabei mit seiner diskriminierenden Mitgliedspolitik konterkarierte. "Lange", so schrieb die Berliner Tageszeitung taz einmal zugespitzt, "war der Verein eine Art Golfclub gewordener Ku-Klux-Klan, ein Verein der weißen männlichen Christen. Juden wurde ebenso die Aufnahme verweigert wie Asiaten oder Afroamerikanern." Frauen durften sogar erst seit 2012 Mitglied werden; die ersten beiden waren die frühere US-Außenministerin Condoleezza Rice sowie die Investmentbankerin Darla Moore.

Zwei deutsche Golferinnen auch dabei

Von alleine wurden die zumeist älteren Herren im Augusta National Golf Club nicht einsichtig, da konnte sich die Gesellschaft noch so sehr um sie herum verändern. Und die Art, wie man das Verbot gegen weibliche Mitglieder bis zum letzten Gefecht verteidigte, sagte viel darüber aus, wie rückständig und weltfremd die obersten Verantwortlichen gepolt waren. Augusta, meinte einmal die New York Times, sei "eine Bastion männlicher Autorität und rigoroser Hingabe zu antiquierten Gesetzen".

Die frühere Vorsitzende des National Council of Women's Organizations, Martha Burk, war es, die ab 2002 diese Bastion zu durchbrechen versuchte. Sie setzte den Klub öffentlich unter Druck, forderte Sponsoren auf, Stellung zu beziehen, schrieb an Hootie Johnson, den damaligen Chef Augustas und Ober-Chauvi, der entsprechend reagierte. Er stempelte Burks Forderungen als "beleidigend und erpresserisch" ab - und kündigte den Sponsoren.

Augusta nahm lieber in Kauf, dass einige Millionen an Einnahmen fehlten, als einzuknicken. Johnson wollte "noch nicht einmal über meine Leiche" Frauen aufnehmen, wie die FAZ 2003 berichtete. Sogar der damalige US-Präsident Barack Obama, ein begeisterter Golfer, war mit Appellen an Augusta auf Granit gestoßen. Als der moderatere Billy Payne dann Johnson an der Spitze abgelöste, wurde das Frauen-Mitgliedsverbot nicht sofort, aber doch einige Jahre später widerrufen.

Es benötigte weitere sechs Jahre und einen erneuten Wechsel an der Spitze, um das nächste Zeichen zu setzen, dass der Klub gewillt war, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Unter dem seit 2017 amtierenden Chairman Fred Ridley, einem ehemaligen Spitzenamateur und früheren Chef des US-Golfverbandes, wurde im April 2018 die "Augusta National Women's Amateur" als neue Veranstaltung ausgerufen, wobei bei genauerer Betrachtung dieser Schritt kein so großer in Sachen Gleichberechtigung ist, wie es der Öffentlichkeit verkauft wurde. Es sei "die richtige Zeit für das Frauengolf", ein solches Event einzuführen, sagte Ridley etwa dem Magazin Golfdigest, man wolle "größtmöglichen Einfluss auf das Frauengolf" haben im positiven Sinne - und dafür die Strahlkraft Augustas nutzen. Die ultimative Korrektur war es indes sicher nicht.

Zunächst einmal findet das Frauenturnier gar nicht in Augusta statt, sondern im benachbarten Ort Evans in einem teuren Privatklub. Nach zwei Runden folgt am Freitag eine Proberunde in Augusta, ehe am Samstag - als wäre es ein Tag der offenen Tür - die Abschlussrunde dort ausgetragen wird, wo ab dem 11. April die männlichen Profis ihr Masters austragen.

Dass man beim Frauenfeld nur auf Amateurinnen setzt und nicht auf Profis wie beim Männerturnier, wird damit begründet, dass Augustas Klubgründer Bobby Jones ja auch Amateur gewesen sei und Amateurgolf eben zur Historie Augustas gehöre. Letztlich bleibt Augusta also nach wie vor das einzige Major, das kein äquivalentes Turnier für die Frauen bietet. Wie die Männer tragen die Frauen ja schon seit langem die British Open, die US Open und die PGA Championship aus (dazu haben sie noch zwei weitere Majors: die Evian Championship und das ANA Inspiration).

Ein Anfang wenigstens ist gemacht in Augusta, die Zeit läuft in Georgia eben langsamer. Die Spielerinnen brachten in zahlreichen Kommentaren im Internet ihre Vorfreude zum Ausdruck. 72 Amateurinnen, die meisten aus den USA, wurden eingeladen; auch zwei Deutsche, Sophie Hausmann (GC Hubbelrath) und Leonie Harm (GC St. Leon-Rot), die beide in den USA studieren, sind dabei. Den unbegrenzt anmutenden Stolz des Ausrichters Augusta auf sein Frauenturnier teilt Harm aber nicht ganz. "Ich finde, dass Golf bei der Gleichberechtigung tatsächlich sehr weit hinterherhinkt", sagte die 21-Jährige dem Magazin Sportbild und führte aus: "Niemand hat jemals behauptet, dass in Wimbledon keine Frauen Tennis spielen dürfen. Daher ist es nur richtig, so ein Turnier mit den Besten der Besten in Augusta zu veranstalten."

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