Golf:Achterbahnfahrt in die Million

Golf: "Ich hatte einige sehr gute Turniere, aber auch einige wirklich schlechte": Stephan Jäger.

"Ich hatte einige sehr gute Turniere, aber auch einige wirklich schlechte": Stephan Jäger.

(Foto: Gregory Shamus/AFP)

Der Eichenrieder Stephan Jäger qualifiziert sich mit seinem besten Karriereergebnis erneut für die PGA Tour - und will in den kommenden Wochen bei den Playoffs um den Sieg mitspielen.

Von Felix Haselsteiner, Greensboro/München

Entspannt war die Anreise nach Greensboro für Stephan Jäger gleich aus mehreren Gründen. Zum einen, weil er praktischerweise einen über die PGA Tour gecharterten Direktflug aus Detroit nehmen konnte, wo bis Sonntagabend die Rocket Mortgage Classic stattgefunden hatte. Ohne Umstiege und lange Autofahrten, wie sie normalerweise notwendig sind, um in den USA von Turnier zu Turnier zu kommen, sei man gleich "wesentlich relaxter", sagt Jäger am Telefon in Greensboro im Bundesstaat North Carolina, von wo aus er sich mit einem bayerischen "Servus" meldet: Auch nach mehr als zehn Jahren in Tennessee sitzt die Aussprache.

Vor allem ist er aber deshalb entspannt, weil seit Sonntagabend feststeht, dass er auch in der kommenden Saison auf der PGA Tour spielen wird - und seine sportliche Zukunft damit vorerst abgesichert ist.

Ein fünfter Platz in Detroit reichte aus, um sich sicher unter die besten 125 Spieler der US-Rangliste zu spielen, die ihre Startberechtigung für die Saison 2022/23 erhalten. Darüber hinaus nimmt Jäger an den Playoff-Turnieren teil, die in der kommenden Woche beginnen und dann über drei Wochen ausgespielt werden - mit erhöhten Preisgeldern und viel Prestige. "Das war das Erste, was ich nach dem Turnier zu meiner Frau gesagt habe: Ja, ich bin sehr glücklich, aber ich habe viel vor in den nächsten Wochen", sagt Jäger, der zum ersten Mal in seiner Karriere in der komfortablen Position ist, die finalen Turniere der Saison nicht aus der Defensive heraus anzugehen.

Seine Karte für die PGA Tour ergatterte der Eichenrieder bereits im Jahr 2017, damals schaffte er es allerdings am Saisonende nur auf Rang 165 der Fed-Ex-Cup-Rangliste. Jäger erspielte sich gerade so über ein Qualifikationsturnier noch einmal einen Platz in der höchsten amerikanischen Golfserie, 2019 jedoch wurde er dort erneut nur 152. und musste in die zweite Liga zurück. Auf der Korn Ferry Tour spielte der 33-Jährige dafür großartiges Golf und gewann mehrmals, diesmal verhinderte aber die Pandemie einen schnelleren Wiederaufstieg: Jäger musste länger abwarten als sonst, da 2020 keine Auf- und Abstiege möglich waren, spielte aber in dieser Saison die volle Zahl an Turnieren und war dabei so erfolgreich wie noch nie zuvor in seiner Karriere.

Zwei Top-10- und fünf Top-25-Platzierungen brachten ihm die Tourkarte ein, auch wenn Jäger von einer "Achterbahnfahrt" spricht: "Ich hatte einige sehr gute Turniere, aber auch einige wirklich schlechte." Golferisch sei er zwar mit der konstanten Weiterentwicklung zufrieden ("Meine Statistiken werden von Jahr zu Jahr besser"), aber zwischendurch habe ihn sein Putter einige Wochen lang im Stich gelassen, der sonst Jägers Lieblingsschläger ist. In Detroit spielte er "das beste Turnier des Jahres", sagt Jäger - und dennoch habe er erneut seine Grenzen aufgezeigt bekommen.

Die Saison ist nicht nur sportlich, sondern auch finanziell Jägers erfolgreichste: Etwas mehr als 1,1 Millionen US-Dollar hat er eingenommen

Am finalen Loch sei er zusammen mit seinem Spielpartner Cameron Young, einem der besten jungen Spieler der USA, am Leaderboard vorbeigegangen, wo beide ihre Namen weit oben fanden: "Wir haben beide gesagt, dass wir ziemlich fantastische Wochen hatten und eigentlich kaum besser spielen konnten", sagt Jäger. Er lag bei beeindruckenden 20 Schlägen unter Par, Young bei 21 - und dennoch gewann am Ende der Amerikaner Tony Finau mit fünf Schlägen Vorsprung. "Gewinnen ist einfach unglaublich schwierig auf diesem Level", sagt Jäger: "Jede Woche hat mindestens ein Spieler die perfekten vier Tage und ist dann fast schon unschlagbar." Die Hoffnung bleibt, dass Jäger irgendwann auch einmal dieser Spieler ist.

Die Saison 2021/22 ist nicht nur sportlich, sondern auch finanziell Jägers erfolgreichste: Etwas mehr als 1,1 Millionen US-Dollar hat er bislang eingenommen, in den kommenden zwei Wochen dürfte noch etwas mehr dazukommen und im nächsten Jahr erst recht: Die PGA Tour hat angekündigt, die Preisgelder noch einmal zu erhöhen. "Es ist immer schwierig, wenn jemand, der so viel Geld verdient, sagt, noch mehr wäre gut", sagt Jäger, der darauf verweist, dass er mit vielen Reisen sowie Trainer und Physio auch hohe Kosten hat. Eine gewisse Bodenständigkeit habe er sich allerdings erhalten, sagt Jäger.

"Ich verstehe jeden, der für viel Geld zur LIV-Tour wechselt", sagt Jäger über diejenigen seiner Mitspieler, die auf der neuen saudi-arabischen Tour für noch mehr Geld antreten, anstatt auf der kompetitiven PGA Tour zu bleiben: "Für die geht es um Absicherung, und die ist natürlich reizvoll." Vorerst sei es aber keine Option, sich einfach den Rest der Karriere über ausbezahlen zu lassen: "Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich dann denselben Antrieb hätte, jede Woche so hart zu arbeiten. Mir geht es um den Wettbewerb und darum, sportlich zu gewinnen."

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