Süddeutsche Zeitung

Golf:63 Schläge

Der Eichenrieder Thomas Rosenmüller qualifiziert sich in den USA für die zweithöchste Profi-Golftour und hat damit die Chance, sich demnächst auf der PGA-Tour mit der Weltelite zu messen. Sein erster Stopp führt ihn auf die Bahamas.

Von Felix Haselsteiner

Dann fiel auch noch der letzte Putt ins Loch - und Thomas Rosenmüller jubelte. Ein, zwei, drei Mal streckte Rosenmüller die Faust aus, dann nahm er seinen Ball aus dem Loch und griff sich ungläubig ins Gesicht. Mit einer herausragenden Runde in 63 Schlägen und einem elften Platz hatte der 24-Jährige sich am Montag beim finalen Qualifikationsturnier für die Korn-Ferry-Tour seinen großen Traum erfüllt: Vom kommenden Jahr an spielt Rosenmüller nun in den USA Profigolf, er ist Mitglied der zweithöchsten US-Tour und hat damit die Chance, demnächst in die Weltelite, auf die PGA Tour, vorzustoßen.

Am Tag darauf kann er schon wieder mit einer gewissen Ruhe darüber sprechen, was die Folgen sind: "Jetzt gibt es einiges zu planen", sagt Rosenmüller: "Es ist wirklich eine Lebensveränderung." Als Mitglied der Tour ist der junge Eichenrieder nun von einem Tag auf den anderen wesentlich attraktiver für Sponsoren, Schlägerausstatter und wird finanziell vermutlich in andere Sphären vorstoßen können: "In den USA fließen dieselben Summen wie vor Corona, davon kann man in Europa nur träumen." Während auf den kleinen Golfserien hierzulande das Überleben als Golfprofi hart ist und sich auch in den kommenden Jahren keine Besserung andeutet, haben die Organisatoren der US-Tour gerade angekündigt, dass sich die Preisgelder 2022 und 2023 noch einmal erhöhen werden.

Die Qualität des sportlichen Wettbewerbs ist dementsprechend höher - und reizvoller. Das spürte Rosenmüller schon beim Qualifikationsturnier. "Von den Spielern her und der Stärke des Feldes war das die beste Q-School, die es jemals gab", sagt er. Neben dem Deutschen standen auch Spieler wie der Südafrikaner Brandon Stone auf dem Feld, der bereits auf der European Tour Erfolge einfahren konnte. Bei den Qualifikationsturnieren treffen im Golfsport die unterschiedlichsten Biografien aufeinander: Erfahrene, erfolgreiche Profis spielen mit jungen Golfern um Startberechtigungen, von 160 Teilnehmern schaffen am Ende nur etwa 20 die Qualifikation. Sie können dann die nächsten Schritte in der Karriere planen. Alle anderen müssen zusehen, wie sie als Profisportler das nötige Geld zusammenbekommen - dementsprechend kompetitiv sind die Turniere. Rosenmüller hielt sich daher vom Trubel fern und nahm sich eine Gästewohnung abseits des Spielerhotels: "Ich wollte etwas wegkommen von den anderen Jungs, weil man spürt, was für eine nervöse Atmosphäre dort herrscht."

Während der Corona-Pause trainierte der Nachwuchs-Golfer in einem selbstgebauten Holzkäfig im Garten der Eltern

Die Atmosphäre im US-Golf sei dennoch unvergleichbar: "Das sind einfach viele der besten Spieler der Welt, mit denen man sich hier misst", sagt Rosenmüller - und weiß, wovon er spricht. An der University of North Texas spielte er College-Golf, die starke Konkurrenz ist er daher gewohnt. Doch der Weg vom US-College auf die US-Tour führte dennoch über Europa und war wesentlich härter, als man denken könnte.

Ende 2018 verletzte Rosenmüller sich am Handgelenk, es brauchte einige Monate, bis die Verletzung verheilte - und noch länger, bis er wieder das Vertrauen in sein Spiel fand. "So eine Sache kann Karrieren beenden", sagt Rosenmüller im Rückblick. Doch er erholte sich, fand 2019 langsam wieder zu seiner Form und begann das Jahr 2020 mit Turniersiegen auf der Pro Golf Tour, der dritthöchsten Liga in Europa. Dann jedoch folgte der Lockdown, der den Golfsport erst einmal ausbremste - nicht jedoch Rosenmüller. In einem selbstgebauten Holzkäfig im Garten der Eltern in Eichenried trainierte der Nachwuchsgolfer und bezeichnet das wochenlange, monotone Bälleschlagen heute als wichtigen Ausgangspunkt für die Erfolge.

Rosenmüllers Trainer Ken Williams begleitete seinen Schützling damals mit Videotelefonaten, in die USA flog er nun gemeinsam mit ihm zum Qualifikationsturnier. Für Williams ist es bereits der zweite Eichenrieder, den er auf das höchste US-Niveau bringt: Stephan Jäger, ebenso seit der Jugend von Williams ausgebildet, ist der zweiterfolgreichste Spieler in der Geschichte der Korn Ferry Tour und spielt in der kommenden Saison wieder auf der PGA Tour, in der Elitewelt also, in die auch Rosenmüller eines Tages kommen möchte. "Bei Stephan ist natürlich eine Verbindung da", sagt Rosenmüller. Jäger habe sich auch nach dem Qualifikationserfolg bei ihm gemeldet und sei selbstverständlich auch für die Zukunft ein wichtiger Ansprechpartner, genauso wie Trainer Williams, der Jäger weiterhin eng begleiten wird, per Videotelefon und teilweise am Ort in den USA - möglicherweise schon im Februar: Dann startet Rosenmüller auf den Bahamas in den neuen Abschnitt seiner Karriere.

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