Deutschland ist Weltmeister - und der Kern der Mannschaft kennt sich bereits seit 2004. Mit Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm und Lukas Podolski krönt sich eine Altersgemeinschaft von Fußballern, die lange als unvollendet galt. Stationen einer großen Generation. Jetzt, da Deutschland zum vierten Mal Weltmeister ist, schwirren Tausende Bilder um den Globus. Es sind Momente riesigen Jubels und großer Zufriedenheit - und immer wieder sind darauf dieselben Gesichter zu sehen. Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Philipp Lahm. Sie alle gehören einer Generation von Fußballern an, die schon lange beim DFB dabei ist. Jahrelang musste sie auf ihre Krönung warten, doch jetzt weiß die ganze Welt, was für herausragende Sportler ihr angehören. Die WM in Brasilien wurde zum Triumphzug der vielleicht talentiertesten Einheit, die bisher länger gemeinsam mit dem Bundesadler auf der Brust unterwegs war.
Seit dem Viertelfinale gegen Frankreich bildeten diese elf Spieler bei der WM 2014 die Stammformation der DFB-Auswahl. Auch wenn Podolski in Brasilien nicht oft zum Einsatz kam - er, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm sind der Kern einer hochbegabten Altersgemeinschaft, die im Vereinsfußball schon viele Titel sammeln konnte. Doch im Nationalteam blieben ihnen mehrfach Triumphe verwehrt. Das gilt auch für Per Mertesacker, der in Südamerika seine dritte WM absolvierte sowie für Miroslav Klose, der es gar zum vierten Mal versuchte. Das Finale von Rio galt als womöglich letzte Chance. Nun haben diese langsam alternden Spieler ihr großes Karriereziel erreicht - zusammen mit jüngeren Talenten, die bei den vergangenen Turnieren nach und nach dazukamen.
Für Schweinsteiger und Podolski begann der lange Weg zum Weltmeister am 6. Juni 2004 - nur eine Woche vor Beginn der Europameisterschaft in Portugal. An diesem Tag absolvierten beide ihr erstes A-Länderspiel für Deutschland gegen Ungarn. Doch weder der blondierte Schweinsteiger (im Bild neben László Bodnár) noch ...
... der gesträhnte Podolski konnten eine 0:2-Niederlage gegen die Auswahl Ungarns verhindern. Beide gehörten zum Aufgebot der DFB-Elf in Portugal. Mit dabei war auch Philipp Lahm, der sich zu diesem Zeitpunkt schon einen Stammplatz auf der Position des rechten Außenverteidigers erspielt hatte. Teamchef war damals noch Rudi Völler, Oliver Kahn stand mit der Kapitänsbinde im Tor - und Christian Wörns war eine feste Größe in der Abwehr. Das Team scheiterte nach zwei Unentschieden und einer Niederlage bereits in der Vorrunde - von da an erreichte das Team bei Welt- und Europameisterschaften bis heute immer mindestens das Halbfinale.
Nach Völlers Rücktritt übernahm Jürgen Klinsmann im Juli 2004 die deutsche Nationalmannschaft - Co-Trainer wurde Joachim Löw. Als Ziel rief der Schwabe den WM-Titel 2006 im eigenen Land aus. Dieses Vorhaben wollte Klinsmann mit einer verjüngten Mannschaft ergänzt um die Etablierten Michael Ballack, Jens Lehmann und Miroslav Klose erreichen. Diese erfahrenen Spieler hatten bereits dem Kader der Mannschaft angehört, die 2002 das WM-Finale gegen Brasilien verlor. Genau wie die Jüngeren um Schweinsteiger, Podolski und Lahm waren sie aber hungrig genug, um daheim große Auftritte zu feiern.
Mit überraschend erfrischendem Offensivfußball überstand das Team problemlos die Gruppenphase. Lahm erzielte das erste Tor des Turniers im Spiel gegen Costa Rica (im Bild, Endstand 4:2).
Im umkämpften Viertelfinale gegen Argentinien traf Miroslav Klose zum Ausgleich - es war bereits sein fünfter Treffer im Turnier. Für das anschließende Elfmeterschießen ...
... bekam Jens Lehmann einen aufmunternden Handschlag vom degradierten Oliver Kahn und las auf einem unter dem Stutzen aufbewahrten Spickzettel die Schießgewohnheiten der Argentinier nach. Er hielt zweimal, und Deutschland stand bei der Heim-WM im Halbfinale.
Im Halbfinale von Dortmund bekam es das Team (im Bild Lukas Podolski und David Odonkor) allerdings mit einem Gegner zu tun, der einfach zu abgezockt war. Die Italiener um den überragenden Andrea Pirlo schossen in der Verlängerung einen 2:0-Sieg heraus und wurden wenige Tage später Weltmeister. Jürgen Klinsmann zog sich zurück - dem DFB blieb eine Gemeinschaft von Fußballern, die gezeigt hatte, was in ihr steckt.
Die Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz war das erste Turnier, bei dem Joachim Löw als Cheftrainer an der Seitenlinie stand. Die Mannschaft zeigte erneut gute Ansätze, sie besiegte ...
... Portugal im Viertelfinale (im Bild Schweinsteiger und Podolski beim Torjubel) und dann die Türkei mit einem dramatischen 3:2 im Semifinale. Mit dem Titel wurde es aber auch diesmal nichts.
Grund dafür war die Erweckung einer anderen "Goldenen Generation": Spanien erwies sich im direkten Vergleich mit der deutschen als überlegen. Schweinsteiger (im Bild) und seine Teamkollegen mussten sich in Wien im Finale den Tiki-Taka-Fußballern um Andres Iniesta und Xavi geschlagen geben (im Bild: Sergio Ramos). Für die Spanier war es der Auftakt eines nie dagewesenen Turnierhattricks aus zwei Europameisterschaften (2008, 2012) und dem WM-Titel von 2010.
Das Endspiel von Wien kristallisierte sich auch als jener Tag heraus, an dem rückblickend bereits feststand, dass Michael Ballack (stehend in der Bildmitte) ein Titel mit der Nationalmannschaft verwehrt bleiben würde. Er verletzte sich kurz vor dem WM-Turnier 2010 in Südafrika und schied 2011 im Streit mit Löw aus der Nationalmannschaft aus. Die Goldene Generation emanzipierte sich von ihrem "Capitano" - Philipp Lahm war von nun an der Chef dieser Mannschaft.
Bei der WM 2010 ergänzte ein neuer Spieler das DFB-Stammpersonal. Thomas Müller begeisterte die deutschen Fans mit seinen bayerischen Steckerlhaxen. Unberechenbar, unorthodox und willensstark trat er beim Turnier in Südafrika auf und trug maßgeblich zu beeindruckenden Auftritten im Achtel- und Viertelfinale gegen England und Argentinien bei.
Müller avancierte sogar zum erfolgreichsten Torschützen des Turniers (in der Bildmitte Diego Forlán mit der Auszeichnung für den besten Spieler, rechts Iker Casillas mit der Trophäe für den besten Torwart). Doch für mehr als den goldenen Schuh reichte es nicht. Deutschland scheiterte erneut an Spanien (diesmal im Halbfinale).
Noch weitere Spieler gehören seit der WM 2010 zum Stamm der DFB-Elf. Mesut Özil erzielte im letzten Gruppenspiel gegen Ghana das wichtige Siegtor zum 1:0.
Torwart Manuel Neuer schloss souverän die Lücke, die durch den Rücktritt von Jens Lehmann und die Verletzung von René Adler aufgebrochen war. Jérôme Boateng verdrängte im Tunierverlauf Holger Badstuber in der Außenverteidigung und auch Toni Kroos kam zu seinen ersten Einsätzen bei einem großen Turnier.
2012 folgte bei der EM in Polen und der Ukraine der nächste Kollaps im entscheidenden Moment - und schon wieder spielte Italien den deutschen Spielverderber. Nach ansehnlichen Auftritten zu Turnierbeginn hatten sich Löws Männer ins Halfbinale gekämpft, wo erneut Schluss war. Mit einer zögerlichen und ungewohnt defensiven Spielweise flog die DFB-Elf raus (im Bild jubelt Mario Balotelli über sein erstes von zwei Toren). Joachim Löw übte nach dem erneuten Scheitern Selbstkritik und kündigte an, sich künftig nicht mehr der Spielweise des Gegners anpassen zu wollen. Mats Hummels schaffte es bei diesem Turnier als vorerst letzter junger Spieler, sich in die Stammelf für die darauffolgende WM 2014 in Brasilien zu spielen.
Die deutsche Elf hatte sich den Ruf einer technisch begabten Einheit erspielt, der in wichtigen Spielen die Knie schlottern. Als in der WM-Qualifikation gegen Schweden ein 4:0-Vorsprung verspielt wurde (die Partie endete 4:4), übte die Öffentlichkeit heftige Kritik an Bundestrainer Löw. Doch er zog die richtigen Schlüsse. Er hielt an seinen lange erprobten Kräften Schweinsteiger und Lahm fest und ergänzte die Mannschaft um weitere Feinfüßler wie Marco Reus oder Mario Götze. Nach Brasilien nahm Löw insgesamt 17 Spieler aus dem Kader der vorangegangen EM mit. Es sollte sich auszahlen. Die Goldene Generation krönte sich in einem heldenhaften Kampf gegen Argentinien zum Weltmeister.