Gold, Silber und Bronze für Deutschland:Drei Spritzen und Gold für Harting

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Der Diskuswerfer aus Berlin verteidigt trotz einer Verletzung seinen WM-Titel und widmet seine Medaille einem in Afghanistan gefallenen Freund. Martina Strutz springt mit deutschem Rekord zu Silber im Stabhochsprung und Jennifer Oeser feiert ihre große Aufholjagd im Siebenkampf.

Der Tag im Überblick

Diskuswerfer Robert Harting hat seinen WM-Titel von Berlin verteidigt und die erste deutsche Goldmedaille bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Daegu gewonnen. Der 26-Jährige warf trotz einer Knieverletzung starke 68,97 Meter weit und setzte sich damit vor Olympiasieger Gerd Kanter aus Estland (66,95) sowie dem Iraner Eshan Hadadi (66,08) durch.

Wieder Gold für Deutschland: Robert Harting gewinnt auch in Daegu die Weltmeisterschaft im Diskus. (Foto: dpa)

"Das Gold widme ich meinem Kumpel, der im Mai in Afghanistan gefallen ist. Ich weiß, dass du zuguckst", meinte Harting mit Blick zum Himmel über Daegu im ARD-Fernseh-Interview. Auch in der Stunde des Triumphes sparte der Olympiavierte nicht mit Kritik. Harting erneuerte seine Forderung: "Olympiasieger sollten eine lebenslange Rente erhalten. Das wäre ein Anreiz, alles auf eine Karte zu setzen. Aber so gehen dem Sport viele Talente verloren." Als sein Sieg feststand, ging der 2,01 m lange Hüne in die Knie und liebkoste seinen Ring, dann eilte er in Richtung Tribüne, stellte sich wie vor zwei Jahren in Berlin in Pose und opferte sein Trikot. Augenblicke später umarmte er Trainer Werner Goldmann, der seinem Namen einmal wieder alle Ehre machte, und fiel auf seiner Ehrenrunde Martina Strutz in die Arme, die Minuten nach ihm mit Stab-Silber die vierte deutsche Medaille gewonnen hatte.

"Die Spritzen haben heute sehr weh getan. Aber alle hatten Probleme." Wegen einer entzündeten Patella-Sehne im Knie bangte der Berliner in den vergangenen Tagen mitunter um seinen Einsatz. Auf Hartings 68,49 m zum Auftakt hatte die Konkurrenz vor 40.000 Zuschauern in der südkoreanischen Millionenstadt keine Antwort. Im vierten Durchgang legte er mit 68,97 Meter sogar noch ein paar Zentimeter drauf. Der zweifache Weltmeister und Olympiasieger Virgilijus Alekna aus Litauen belegte mit 64,09 Metern nur Platz sechs, Europameister Piotr Malachowski aus Polen wurde sogar nur Neunter (63,37). Harting holte dagegen bereits das achte WM-Gold für die deutschen Diskuswerfer seit 1987. Für ihn persönlich war es die vierte internationale Medaille seiner Karriere. Neben den beiden Titeln in Daegu und Berlin hat der Berliner auch zweimal Silber bei den Europameisterschaften 2010 in Barcelona und bei der WM 2007 in Osaka geholt.

Stabhochspringerin Martina Strutz hat überraschend die Silbermedaille gewonnen. Die 29-Jährige aus Hagenow bewältigte 4,80 Meter und stellte damit einen neuen deutschen Rekord auf. Die Goldmedaille sicherte sich Fabiana Murer aus Brasilien mit 4,85 Metern. Bronze ging an Ex-Weltmeisterin Swetlana Feofanowa aus Russland mit 4,75 Metern. Weltrekordlerin und Topfavoritin Jelena Isinbajewa schaffte nur 4,65 Meter und wurde Sechste. Silke Spiegelburg aus Leverkusen belegte mit gleicher Sprunghöhe Rang neun, Kristina Gadschiew aus Zweibrücken wurde mit 4,55 Metern Zehnte. Strutz jubelte hinterher: "Das war der schwerste, beste und geilste Wettkampf meines Lebens. Als ich über die Latte geflogen bin, habe ich gedacht: Was ist denn hier los? Das Gefühl ist ungeschreiblich." Spiegelburg hingegen erklärte: "Ich muss jetzt erstmal nach Hause und das sacken lassen. Wirklich enttäuscht bin ich aber nicht."

Jennifer Oeser aus Leverkusen musste sich im Siebenkampf mit 6572 Punkten nur der siegreichen Russin Tatjana Tschernowa (6880) und der entthronten Titelverteidigerin Jennifer Ennis aus Großbritannien (6751) geschlagen geben. Lilli Schwarzkopf (Rhein-Wied) landete mit 6321 Punkten Punkten auf dem sechsten Rang, Julia Mächtig (Neubrandenburg) wurde mit 6095 Punkten 17. Nach den Tränen des ersten Tages über die schwache Vorstellung rollte Jennifer Oeser durch ihre Speerwurf-Bestleistung von 51,30 m das Feld von hinten auf und verteidigte Platz drei in der persönlichen Bestzeit 2:10,39 Minuten über 800 Meter. In den Lauf war sie angeschlagen gegangen. "Seit dem letzten Weitsprung-Versuch tut ihr Oberschenkel weh", meinte ihr Trainer Karl-Heinz Düe. Doch die 27-Jährige biss auf die Zähne. Oeser, die in Berlin 2009 noch Silber gewonnen hatte und nach den ersten vier Disziplinen von einem "rabenschwarzen Tag" gesprochen hatte, deutete beim Weitsprung an, dass sie noch nicht aufgegeben hat. 6,28 m bedeuteten Saisonbestleistung. Am ersten Tag hatte sich Oeser nach ordentlichen 13,33 über die 100 m Hürden im dritten Hochsprung-Versuch über 1,83 m gezittert. Doch mit 13,70 m im Kugelstoßen und schwachen 24,58 Sekunden über 200 m verlor sie zwischenzeitlich viel Boden.

Jennifer Oeser holt Bronze
:"Danke für den Arschtritt"

Jennifer Oeser erlebt im Siebenkampf einen verrückten Wettkampf: Am ersten Tag lief alles schief, dann holt die Deutsche doch noch Bronze - und hat dafür anschließend eine einfache Erklärung. Eine heftige Enttäuschung erlebt hingegen ein britisches "Poster Girl".

Der Siebenkampf in Bildern

Die Russin Julia Zaripowa ist Weltmeisterin über 3000-Meter-Hindernis. In der neuen Weltjahresbestzeit von 9:07,03 Minuten setzte sie sich gegen Habibe Ghribi aus Tunesien durch, die in 9:11,97 Minuten ins Ziel kam. Dritte wurde Milcah Cheywa (Kenia) in 9:17,16 Minuten. Die erst 19-jährige Frankfurterin Gesa Felicitas Krause landete mit persönlicher Bestzeit nach 9:32,74 Minuten auf dem neunten Platz und sagte: "Das ist unglaublich. Ich habe probiert, so locker wie möglich zu bleiben. Ich bin sehr, sehr stolz auf mich."

Jennifer Oeser holt Bronze
:"Danke für den Arschtritt"

Jennifer Oeser erlebt im Siebenkampf einen verrückten Wettkampf: Am ersten Tag lief alles schief, dann holt die Deutsche doch noch Bronze - und hat dafür anschließend eine einfache Erklärung. Eine heftige Enttäuschung erlebt hingegen ein britisches "Poster Girl".

Der Siebenkampf in Bildern

Der erst 18 Jahre alte Kirani James von der Karibikinsel Grenada hat den Titel über 400 Meter gewonnen. James holte auf den letzten Metern noch den Favoriten LaShawn Merritt ein und siegte in 44,60 Sekunden vor dem Titelverteidiger und Olympiasieger aus den USA (44,63). Bronze ging an Europameister Kévin Borlée aus Belgien (44,90). Der 25 Jahre alte Merritt hatte erst im Juli eine 21-monatige Dopingsperre abgesessen. Er war im Oktober 2009 dreimal positiv auf das Steroid DHEA getestet worden und hatte stets erklärt, ein Mittel zur Penis-Vergrößerung eingenommen zu haben.

Weltrekordler David Rudisha aus Kenia hat seinen ersten großen Titel über 800 Meter gewonnen. Der 22-Jährige siegte in 1:43,91 Minuten vor Hallen-Weltmeister Abubaker Kaki aus dem Sudan (1:44,41) und dem Russen Juri Borsakowski (1:44,49). Rudisha hatte vor einem Jahr zwei Weltrekorde in acht Tagen aufgestellt und danach betont: "Nur wenn man einen Titel gewinnt, erinnern sich die Leute später an einen. Ohne einen Titel ist eine Karriere nicht komplett."

Für Georg Fleischhauer war im Halbfinale über 400 Meter Hürden Endstation. Der Dresdner wurde in seinem Lauf Fünfter und verpasste trotz der zweitbesten Zeit seiner Karriere mit 49,36 Sekunden deutlich den Einzug ins Finale. "Ich bin nicht wirklich enttäuscht. Ich bin bei der WM persönliche Bestzeit gelaufen, darauf bin ich wahnsinnig stolz. Aber ich hatte das Rennen noch in den Beinen", sagte Fleischhauer. Der 22-Jährige hatte im Vorlauf seine Bestzeit um knapp acht Zehntelsekunden gesteigert und mit 48,72 Sekunden die beste Zeit eines deutschen Hürdenläufers seit mehr als einem Jahrzehnt auf die Bahn gelegt. Schnellster in den drei Halbfinalläufen war Javier Culson aus Puerto Rico in 48,52 Sekunden vor dem Briten David Greene (48,62) und Bershawn Jackson aus den USA (48,80).

Raul Spank zitterte sich ins Finale, Eike Onnen flog raus. Nur mit viel Dusel hat Hochspringer Spank den Endkampf um die Medaillen erreicht. Der 23 Jahre alte Dresdner scheiterte zwar dreimal an der Qualifikationshöhe von 2,31 Meter, nach bangen Minuten konnte der deutsche Meister aber aufatmen: Weil er bei 2,21, 2,25 und 2,28 Meter keinen Fehlversuch hatte, steht der WM-Dritte von 2009 am Donnerstag (12.10 Uhr MESZ) zum zweiten Mal in einem Weltmeisterschafts-Finale. Teamkollege Onnen (Hannover) schied mit 2,28 Metern dagegen aus. "Ich habe gezittert. Das war wirklich eng. Ein Fehlversuch mehr - und das wär's gewesen. So einen Moment möchte ich nie wieder erleben", meinte Spank.

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