Wer sich mit berühmten Torjublern des FC Bayern beschäftigt, muss bei Gerd Müller beginnen. Müller war ein Fußballer, der ziemlich oft jubelte, er traf 365 Mal in der Bundesliga für den Rekordmeister, das sind exakt 164 Treffer mehr als Robert Lewandowski aktuell auf der Vistenkarte stehen hat. Wenn Müller einen reinmachte, sprang er in die Luft, die Fäuste nach oben, manchmal drehte er auch ein Pirouettchen, das war's. So jubelten damals alle.
Es folgte eine stete Evolution der Euphorie auf dem Rasen. In den Achzigern breitete sich Brachialsymbolik wie die Säge aus, es war die Zeit der Rummenigges, Wohlfarths und Wegmanns - die Säge ist heutzutage aber fast augestorben. Nur Jürgen Klopp sägt noch, und er sägt weiß Gott gerne. Erst in der Neuzeit des Fußballs erlebte auch München jene Choreografen des Jubels, die ihre Art zu Feiern ritualisierten oder individualisierten: der Teppicheinroller Giovane Elber, der Ringküsser Carsten Jancker, der Ohrenschrauber Luca Toni, der Saltomann Miroslav Klose oder der Maschinengewehr-Rambo Medhi Benatia.
Zukunft des Klubfußballs:"Ich liebe die Bundesliga. Aber man muss kompromissbereit sein"
Die Klub-Chefs Rummenigge und Watzke glauben, dass Champions-League-Spiele am Wochenende kaum vermeidbar sind. Der Bayern-Boss äußert sich zudem kritisch in Richtung DFB.
Alles Geschmacksfrage. Neuerdings aber sind sie alle so etwas wie Vorfahren des modernsten aller Eigenvermarkter nach dem Einnetzen: Serge Gnabry, dessen Koch -und Umrührgeste jetzt sogar David Alaba zum Nachsalzen animierte.
Vom Müllergerd zu Gnabry ist es ein weiter Weg, 336 Tore trennen sie - und auch in Sachen Torjubel unterscheidet sie einiges. So wäre Gnabrys Showeinlage Müller natürlich im Leben nicht eingefallen. Die Krux ist: Auch Gnabry ist sie nicht so wirklich selbst eingefallen - sie stammt vielmehr von einem Basketballer. Schon 2015 zelebrierte James Harden, der berühmteste Bartträger der NBA, seine Dreier und Körbe nach Dribbelschrittfolgen mit der "Stirring the pot"-Handbewegung. Er hatte sich den Move aus einem Hip-Hop-Video des Künstlers Chedda Da Connect entlehnt, der sich wiederum von einem anderen Rapper namens Lil B beinflussen ließ. Gerd Müller hingegen war zu seiner aktiven Zeit eher kein Hip-Hopper, er würde das alles vermutlich für einen rechten Käse halten. Einen irischen, womöglich.
Gnabry ist riesiger NBA-Fan - und kocht nun auch im imaginären Topf
Aber zurück zu James Harden. Wie ein Chefkoch stampfte, malmte und rührte "The Beard" in den vergangenen Jahren durch die Verteidigungslinien des Basketballs. Meistens lief der beste Offensivspieler der NBA dabei kochend heiß, weshalb sein Gefuchtel auch als "cooking" bekannt geworden ist. Harden kocht in einem imaginären Topf, in dem sich brutzelnd heißes Essen befindet, quasi seine Gegner ab. Und Gnabry macht es dem Mann von den Houston Rockets nach, er ist schließlich ein riesiger NBA-Fan.
Bleibt die Frage, was Gnabry da so aufkocht, wenn er Harden beziehungsweise Herrn Chedda Da Connect imitiert. Ein Süppchen? Ein raffiniertes Risotto? Oder gar ein paar schwäbische Maultaschen, die er als gebürtiger Stuttgarter wohl eher als "Herrgottsbscheißerle" kennt? So richtig weiß das wohl niemand, zuletzt aber fehlte dem Ganzen - siehe oben - offenbar die Würze. Oder aber Gnabrys Kreation im Dortmund-Spiel schmeckte David Alaba, dem alten Wienerschnitzelspezi, einfach nicht. Gnabry ist nämlich (anders als Steak-Aficionado Franck Ribery): Veganer.