FC Bayern:Gnabry beruhigt die aufgeregten Bayern

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Matchwinner: Serge Gnabry macht gegen seinen Ex-Klub eine gute Figur. (Foto: Laci Perenyi/imago)

Der Flügelspieler schießt in Bremen zwei Tore. Nach dem Sieg bekommt der junge Angreifer fast überschwängliches Lob - Trainer Niko Kovac erkennt im Angriffsspiel gar "eine andere Dimension".

Von Frank Hellmann, Bremen

In dem Moment, als der Vierte Offizielle die Tafel mit der Leuchtziffer 22 in die Höhe reckte, wusste Serge Gnabry, dass sein Arbeitstag enden sollte. Den Doppeltorschützen des FC Bayern beim 2:1-Sieg im Bremer Weserstadion nach 80 Minuten auszuwechseln, schien nur allzu logisch. Es war die Phase, in der die Gäste aus München für jede Beruhigung dankbar zu sein schienen - und so hatte es selbst ihr eigentlich rasend schneller Angreifer nicht sonderlich eilig. Zuerst noch im Zuckeltrab, dann nur noch im Tempo eines Spaziergängers bewegte er sich vom Mittelkreis Richtung Außenlinie. Die Pfiffe der Fans des SV Werder waren ihm gewiss.

Das hanseatische Publikum kümmerte es in diesem Moment wenig, dass genau derselbe Spieler vor zwei Jahren noch ihr Liebling war, der mit seiner irrsinnigen Beschleunigung zu einer grün-weißen Lebensversicherung im Abstiegskampf geworden war. Diesmal merkte sogar Werder-Trainer Florian Kohfeldt noch spitz an: "So wie Bayern München ab der 55. Minute auf Zeit gespielt hat, waren die nicht sicher, dass die hier gewinnen." Sollte aus Bremer Perspektive wohl heißen: Wenn ein Starensemble solche Mätzchen nötig hat, haben wir nicht so viel falsch gemacht.

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Fakt aber war: Die Bayern haben immer noch genügend individuelle Qualität in der Hinterhand, um auf einen kurzfristigen Ausfall ihrer heiligen Flügelspieler Arjen Robben, 34, und Franck Ribery, 35, angemessen reagieren zu können. Trainer Niko Kovac bestätigte hinterher, dass eigentlich Robben hätte beginnen und Gnabry anfänglich auf der Bank sitzen sollen, doch beim Warmlaufen habe der niederländische Altstar Probleme verspürt. Der Robben-Vertreter erwischte den perfekten Tag: Erst hob Gnabry die Kugel gekonnt im zweiten Versuch zum 1:0 ins Tor (20.), dann schaltete der 23-Jährige nach einer Vorarbeit von Thomas Müller beim 2:1 am schnellsten (50.). Dass seine Mitspieler deutlich ausgelassener jubelten als er selbst, begründete Gnabry am Sky-Mikrofon mit seiner Bremer Vergangenheit: "Ich bin natürlich überglücklich über die zwei Tore und dass ich der Mannschaft helfen konnte. Ich habe aber wenig gejubelt aus Respekt, ich hatte eine super Zeit hier in Bremen."

"Das gibt uns nach vorne eine andere Dimension", sagt Kovac

Gnabry wirkte dennoch ziemlich happy, dass ihm seine Bundesliga-Tore zwei und drei für die Bayern gelungen waren. "Die Siege sorgen für gute Stimmung. Es gibt uns Selbstbewusstsein, dass wir die Siege einfahren." Der gebürtige Stuttgarter scheint nun auch im Verein mit Verzögerung jenes Standing zu erreichen, das ihm Joachim Löw in der Nationalmannschaft schon zubilligt. In den letzten Länderspielen gegen Russland (3:0) und die Niederlande (2:2) zählte Gnabry im Sprintersturm mit Leroy Sané und Timo Werner zu den Besten, doch das in der DFB-Auswahl erlangte Selbstbewusstsein zeigte er nicht immer im Verein, weil ihn beispielsweise zuletzt beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf (3:3) Adduktorenprobleme ausbremsten.

Und so käme er gar nicht auf die Idee, dieser Tage einen Stammplatzanspruch zu formulieren. Gnabry sagte: "Der Trainer stellt auf, ich versuche mich in jedem Training zu beweisen. Die anderen haben am Dienstag ein super Spiel gemacht." Solch eine artige Attitüde kam bei seinen Vorgesetzten gut an. Sportchef Hasan Salihamidzic lobte den Zugang, auf den sich die Bayern schon 2016 bei der Verpflichtung des SV Werder vom FC Arsenal ein Zugriffsrecht gesichert haben sollen, im Nachgang fast schon überschwänglich: "Der Junge hat einen super Charakter. Er ist hungrig. Mit ihm haben wir eine Waffe in unserem Spiel. Er hat Geschwindigkeit und weiß auch, wie man Tore macht. Er zeigt das immer mehr und mehr. Er ist für uns ganz wichtig." Klar, dass auch Kovac in diesen Zuspruch einstimmte: "Serge hat das gut gemacht. Man hat gesehen, dass das Vertrauen wieder da war. Er hat auch in der Defensive gut gearbeitet."

Der bereits für seine Vorhersehbarkeit bei Aufstellung und Ausrichtung kritisierte Coach wurde in Bremen förmlich zu seinem Glück gezwungen, den beiden Hoffnungsträgern auf außen mal gemeinsam länger zu vertrauen: Denn Ribery, der zweite Oldie, humpelte nach einer überschaubaren Darbietung vor der Pause nach einem Schlag auf den Oberschenkel vom Feld und machte Platz für den genesenen Kingsley Coman. Dass dem 22-jährigen Franzosen noch nicht jedes Dribbling gelang, war nach der wochenlangen Zwangspause nach einem Syndesmosebandriss verständlich, aber einige Aktionen sahen vielversprechend aus. Kovac sagte in Bezug auf Gnabry und Coman: "Das gibt uns nach vorne eine andere Dimension." Vielleicht demnächst auch mal von Anfang an.

© SZ vom 02.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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