Glosse:Gigis Gruß aus der Küche

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Was machen die Azzurri, während die WM ohne sie stattfindet? Manche kochen, andere entspannen am Strand. Auch das kann anstrengend sein.

Von Birgit Schönau

So langsam wird es Sommer, und die Strandbäder öffnen ihre Pforten. Wir vom Lido Azzurro haben uns vorsorglich mit Eimer und Förmchen eingedeckt, weil das Public Viewing am Strand ja leider ausfällt. Aber bitte, das fördert die Kreativität. Wie sagt unser Capitano Gigi Buffon: "In diesem Sommer habe ich mal so richtig Zeit, die kann ich dann in der Küche verbringen." Haha, Küche! In Wirklichkeit dreht unser Riesen-Gigi da nur einen Werbespot, bisschen Geldverdienen muss ja auch mal sein. Auf Instagram kann man sehen, wie er, angetan mit einer Bäckermütze, Eier ins Mehl wirft, als seien es Fußbälle. Immer im Dienst, der Gigi, trainiert wohl schon für Paris Saint-Germain, wo er am Anfang auch viel Zeit in der Küche verbringen wird - bei drei Spielen Sperre, die ihm in der Champions League noch bei Juventus Turin aufgebrummt wurden.

Apropos: Was machen eigentlich unsere Azzurri, während wir hier Sandburgen bauen und Schweden an Italiens Stelle gegen Südkorea bolzt? Nun, das Gleiche wie wir, nur an anderen Stränden. Ciro Immobile, der Supersuperstürmer von Lazio, grüßt vom Diamonds Athuruga Beach auf den Malediven: "Wo das Leben anfängt und die Liebe nie aufhört." Reine Poesie! In den Kommentaren darunter keilt ein Petrozz98 knallhart zurück: "Gegen Schweden hast du nicht einen Ball gekriegt." Das sind kleinliche Vorhaltungen, denn seine 180 torlosen Minuten mit den Schweden möchte unser Ciro ja gerade am anderen Ende der Welt vergessen. Wir sind sicher, dass er am Diamonds Beach längst Torschützenkönig ist. Und zwar mit Abstand.

Stephan El Shaarawy postet aus Ibiza, Antonio Candreva freut sich auf den Seychellen, was einem gewissen Mariopagano2910 gar nicht gut bekommt: "Mir wird schlecht, wenn ich dich sehe. Und dann haben sie dir auch noch bei Inter den Vertrag verlängert." Irgendwie hat man das Gefühl, dass die Nationalspieler in diesem Sommer viel besser gelaunt sind als ihre Fans. Nehmen wir zum Beispiel Daniele Rugani, der mit seiner Freundin ins Disneyland gefahren ist und das ebenso freundlich wie charmant der ganzen Internet-Welt mitteilt. Gleich schnaubt dem armen Rugani ein Salgua76 entgegen: "Es gibt Leute, die fahren nach Disneyland, und andere, die fahren nach Russland." Der pure Sarkasmus. Und so überflüssig. Na klar gibt es Leute, die fahren nach Disneyland, und andere fahren nach Russland. Hallo? Man muss auch gönnen können.

Giampiero Ventura etwa, der schlechteste Nationaltrainer seit 60 Jahren (Achtung: satirische Untertreibung), hat sich auf Arbeitssuche an einen Strand in der Karibik begeben. Weißer Sand, blaues Meer, gelbe Badehose. Und schwarzes Smartphone. Selbst das Paradies kann zur Hölle werden, wenn man ständig mit den Jobcentern zu Hause telefonieren muss. Da hat es Roberto Mancini besser. Der hat Venturas Job übernommen und musste trotzdem nicht nach Russland fahren, sondern kann zu Hause in Senigallia entspannen. Am Wochenende wurde Mancini auf dem Weg zu seinem Lido Azzurro fast von einer 94 Jahre alten Radlerin überfahren. Die alte Dame stürzte. Mancini leistete umgehend Erste Hilfe, holte den Notarzt und wartete geduldig, bis die Ambulanz eintraf. Anschließend weigerte sich Italiens neuer Nationaltrainer störrisch, die gute Tat auf Instagram zu posten. Keine Zeit für so was. Die Sandburg wartet.

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