Glasgow Rangers - VfB Stuttgart:Verlieren verboten

Dem Stuttgarter Trainer Markus Babbel droht bei einer Niederlage in Glasgow der Jobverlust - obwohl der VfB seit immerhin vier Spielen ungeschlagen ist.

Christof Kneer

Am Montagmorgen sind die Stuttgarter mal wieder in einen Flieger geklettert, der sie in eine fremde Großstadt brachte. Fremde Großstädte sind im Fußball normalerweise immer gut; wer in fremden Großstädten spielen darf und nicht immer nur in Bochum oder Mainz, der hat etwas erreicht. "Schon gemein, dass wir das wieder nicht richtig genießen können", sagt Horst Heldt, der Sportchef jenes VfB Stuttgart, der am Montagmittag in Glasgow landete. "Wir spielen zum zweiten Mal in drei Jahren in der Champions League, aber viele Freudentage waren leider nicht dabei."

Glasgow Rangers - VfB Stuttgart: Seit vier Spielen ungeschlagen - aber auch ohne Dreier. Markus Babbel muss erneut um seinen Trainerjob bangen.

Seit vier Spielen ungeschlagen - aber auch ohne Dreier. Markus Babbel muss erneut um seinen Trainerjob bangen.

(Foto: Foto: Getty)

Immer hat der arme VfB seine Ligakrisen oder zumindest wahnsinnig komplizierte Debatten in die Champions League mitgeschleppt, und vor dem vorletzten Gruppenspiel bei den Glasgow Rangers hat er nun gleich beides an Bord: eine Ligakrise, die im Relegations-Platz 16 alarmierenden Ausdruck findet -und eine verzwickte Trainerdebatte, die sich auf alle möglichen Arten betrachten lässt.

Babbels Job erneut akut in Gefahr

Man kann ja guten Gewissens behaupten, dass Markus Babbel die jüngsten vier Partien gegen den FC Bayern (0:0), in Sevilla (1:1), in Mönchengladbach (0:0) sowie gegen Hertha BSC (1:1) unbesiegt überstanden hat. Mit gleichem Recht könnte man aber auch in Anrechnung bringen, dass der VfB in dieser Zeit von Platz 14 auf Platz 16 gepurzelt ist. Aus Sicht eines Verantwortungsträgers klingt dieses Dilemma so: "Es gibt genügend Argumente, mit dem Trainer in die Winterpause zu gehen", sagt Manager Heldt. "Es gibt aber auch genügend Argumente, jedes Spiel einzeln zu bewerten."

Noch am Samstagabend, nach dem ernüchternden 1:1 gegen Hertha, haben sich die Klublenker aus aktuellem Anlass in kleiner Runde zusammengesetzt und damit begonnen, Pros und Contras zu wälzen, zu prüfen und abzuwägen. Nach SZ-Informationen ist am Ende allen Wälzens, Prüfens und Wägens ein Ergebnis herausgekommen, das Markus Babbel nicht gefallen kann: Er wird nicht verlieren dürfen in Glasgow, sonst dürfte er seinen Job los sein - ein Szenario, das vor der Pokalniederlage in Fürth bereits im Raum stand.

Damals hat Babbel seinen Job nochmal retten können, aus vielerlei Gründen. Er hat seine Vorgesetzten im anberaumten Krisengespräch von seiner Tatkraft überzeugt, und natürlich kam (und kommt) ihm zugute, dass der Trainermarkt zwar gut gefüllt ist, aber vor allem mit Trainern, die im Klub nicht auf heiße Gegenliebe stoßen.

VfB mit Fürsorgepflicht

Und ein bisschen reklamieren sie beim VfB auch eine branchenuntypische Fürsorgepflicht für sich. Sie haben Babbel vor einem Jahr, nach der Trennung von Armin Veh, ohne Vorwarnung den Cheftrainerposten aufgehalst, sie haben ihm die Doppelbelastung Trainerlehrgang/Cheftrainer eingebrockt - da wollen sie den Mann, für den und mit dem sie so hart gekämpft haben, am liebsten nicht gleich fallen lassen.

Seit Wochen sind die VfB-Verantwortlichen ja hin- und hergerissen: Sie schätzen Markus Babbel als Fachmann ebenso wie seine professionelle und faire Art, die auch bei seinen Spielern gut ankommt. Aber ihnen sind auch die vielen Details nicht entgangen, die auf Dauer den Teamgeist zersetzen können: Profis, die zu spät zum Treffpunkt kommen, im falschen Hemd trainieren, im Bus trotz Verbot das Handtelefon bedienen oder lustlos zum Auslaufen traben.

Ausgeschlossen ist es aber keinesfalls, dass sich der Entfesselungskünstler Babbel mittels eines guten Ergebnisses in Glasgow auch aus dieser Situation befreit. Mit einem Sieg in Schottland hätte der VfB den dritten Gruppenplatz, der zum Weiterspielen in der Europa League berechtigt, bereits sicher - und mit einem weiteren Sieg gegen Urziceni wäre der VfB im Achtelfinale. Und könnte die Champions League vielleicht ausnahmsweise mal genießen.

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