Gladbachs Erfolgstrainer André Schubert:Entenmanns Erbe siegt weiter

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Aushilfstrainer im Glückspulli: André Schubert.

(Foto: imago)
  • André Schubert holt den sechsten Sieg in Serie mit Borussia Mönchengladbach. Die Spieler hoffen, dass aus dem Interimstrainer nun auch ihr Cheftrainer wird.
  • Nur Stuttgarts Willi Entenmann war in der Bundesliga-Historie aus Aushilfscoach genauso erfolgreich.
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Von Javier Cáceres, Berlin

Der Dresscode spielt in Berlin immer eine große Rolle; unvergessen die Hauptstadt-Debatten um die Ballonseiden-Anzüge, die der heutige Hoffenheim-Trainer Huub Stevens zu Beginn des Jahrhunderts als Hertha-Coach zu tragen wagte. Als wäre ein simpler Trainingsanzug zu prollig für einen Arbeitsplatz am Spielfeldrand. Auch in dieser Woche war wieder viel von der richtigen Etikette die Rede: "Eigentlich müsste ich gegen Borussia Mönchengladbach einen Anzug tragen", erklärte Herthas heutiger Trainer Paul Dardai - und meinte damit, dass die Partie vom Samstag gegen die Elf vom Niederrhein in die Kategorie "Festtag" gehöre.

Nach Ende der Partie dürfte Dardai erst recht froh gewesen sein, zum blauen Kapuzenpulli und dem Trainingsanzug gegriffen zu haben. Denn einen Festtag erlebten nur die Gäste: Gladbach siegte vollauf verdient mit 4:1 (2:0) - und bescherte seinem Interimstrainer André Schubert einen Platz in den Geschichtsbüchern.

Mit dem Sieg im Olympiastadion schraubte Schubert nämlich seine sagenhafte Aushilfstrainer-Startbilanz auf sechs Siege in Serie. Einzig der im Januar 2012 verstorbene Willi Entenmann konnte in der seit 1963 bestehenden Geschichte der Fußball-Bundesliga auf eine derart umfangreiche Siegesserie verweisen, nachdem er im März 1986 beim VfB Stuttgart für Otto Baric einspringen musste. Entenmann musste am Saisonende übrigens für Egon Coordes Platz machen - was insofern kurios ist, als Schuberts berufliche Zukunft zumindest offiziell nicht völlig gesichert ist. Mönchengladbachs Manager Max Eberl sagte zwar, dass man nicht so blind sei, um zu übersehen, dass da "eine sehr gute Option aus dem eigenen Hause" entstanden ist.

Die Gladbacher Spieler möchten, dass Schubert bleibt

Doch auch in Berlin umschiffte er die Ankündigung, Schubert mit dem allmählich fälligen Cheftrainer-Vertrag auszustatten. Schubert selbst, der seit 40 Tagen Erstliga-Luft konsumiert und die fünf Niederlagen in Serie seines Vorgängers Lucien Favre vergessen gemacht hat, scheint völlig unbekümmert zu sein. Ob er sich noch immer als Interimstrainer definiere, wurde er nach der Partie gefragt, und er sagte: "Wir sind alle Interimstrainer, ich habe nur keinen Vertrag." Gleichzeitig werden aus der Mannschaft die Stimmen immer lauter, die darauf drängen, die Arbeitsbeziehung zwischen Schubert und der Borussia auf die nächste Stufe zu heben. Wenn es in der Mannschaft einen Spieler gäbe, der bezweifelt, "dass es passt, der hat keine Ahnung vom Fußball", sagte Kapitän Granit Xhaka.

In der Tat. Die Borussia führte der Hertha fast schon brutal vor Augen, dass die zuletzt durch die Hauptstadt wabernde Hoffnung, möglicherweise schon zum Spitzenfeld der Liga gehören zu können, bloß ein Trugschluss war. Die Hertha hat in den vergangenen Wochen und Monaten zwar Fortschritte gemacht. Doch um einen "Großen" zu schlagen, ist es offenkundig noch zu früh, die Borussia qualitativ noch zu weit entfernt. Hertha wirkte gegen Gladbach in der Anfangsphase gehemmt und konfus, beging immer wieder Fehler im Aufbauspiel, ließ die Borussia fast schon gewähren. Die Gäste wiederum wirkten nahezu überrascht von dem Respekt, der ihnen entgegengebracht wurde, spielten anfangs zu behäbig und horizontal. Doch als sie die Zaghaftigkeit der Platzherren erkannten, galoppierten die Fohlen auf und davon.

Ein Torgeschenk für einen früheren Hertha-Profi

Nach knapp einer halben Stunde entdeckte Xhaka zentral eine Gasse, in die Offensivkraft Fabian Johnson sprintete. Nachdem Johnson den Ball an Torwart Rune Jarstein vorbeigelegt hatte, kam er ins Straucheln, doch Oscar Wendt stand parat, um den Ball mit einem spektakulären Schuss an den entfernten Innenpfosten ins Netz zu schießen (26. Minute).

Drei Minuten später war es ausgerechnet ein früherer Berliner, der brasilianische Feinmotoriker Raffael, der auf 2:0 für die Borussia erhöhte; er wurde von dürren Berliner Abwehrkräften nur zaghaft angegriffen, hatte überdies Glück, dass der Ball zu ihm zurückkam, nachdem er den Berliner Vladimir Darida angeschossen hatte, und hatte Glück, dass der nicht besonders satte Schuss abgefälscht wurde. Danach war das Spiel eigentlich gelaufen.

Dass die Borussia noch erhöhte, war angesichts des spielerischen Übergewichts logisch, ob der inzwischen berüchtigten Fallsucht von Ibrahima Traoré auch schmeichelhaft: Eine Liebkosung auf der rechten Schulter durch Hertha-Verteidiger Sebastian Langkamp nahm Traoré zum Anlass, im Strafraum zu Boden zu gehen. Schiedsrichter Peter Sippel entscheid auf Strafstoß, es verwandelte Xhaka (54.). Alexander Baumjohann verkürzte für die Hertha zwischenzeitlich, ebenfalls per Foulelfmeter (82.). Doch mit dem Schlusspfiff sorgte Harvard Nordtveit für das gerechte 4:1.

"Ich freue mich, dass wir ein wirklich gutes Spiel gemacht und verdient gewonnen haben", sagte Schubert, voller Zufriedenheit darüber, dass er sich nun in Ruhe der Vorbereitung des kommenden Champions-League-Spiels widmen konnte. Am Dienstag gastiert Juventus Turin in Mönchengladbach. "Unser Ziel bleibt weiterhin, die Gruppenphase auf Platz drei abzuschließen, um auch im kommenden Jahr international vertreten zu sein", sagte Kapitän Xhaka. In dieser Form aber ist Mönchengladbach auch international noch Kandidat für mehr.

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