Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Gladbachs neue Ziele

  • Borussia Mönchengladbach reformiert seine sportliche Führung. Nach dem Abgang von Dieter Hecking zum Saisonende soll wohl Marco Rose den Trainerposten übernehmen.
  • Auch ein neuer Sportdirektor könnte zur Borussia stoßen. Der jetzige Sportdirektor Max Eberl will aber ebenfalls bleiben.
  • Noch-Trainer Dieter Hecking äußert derweil Zweifel an den neuen Zielen des Klubs.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Der Abwehrspieler Matthias Ginter hat das alles schon mal erlebt: erst eine 1:3-Niederlage und daraufhin die Ankündigung, dass der Trainer am Saisonende aufhört. Im April vor vier Jahren bei Borussia Dortmund hatten sie 1:3 in Mönchengladbach verloren, und in der darauffolgenden Woche verkündete der Trainer Jürgen Klopp seinen selbst gewählten Abschied zum Saisonende. Jetzt sei Klopp eine "Lame Duck", eine lahme Ente, schrieben damals manche Blätter, aber Dortmund gewann von den letzten sechs Saisonspielen vier, verlor nur eines und kletterte vom zehnten Platz noch auf den siebten, der die Qualifikation für die Europa League bedeutete. "Die Situation damals hat uns alle zusammengeschweißt", erzählte der Innenverteidiger Ginter soeben in jener Woche, in der ihm bei Borussia Mönchengladbach fast das Gleiche passiert ist.

Die Mannschaft hat am vorigen Samstag 1:3 bei Fortuna Düsseldorf verloren, und am Dienstag verkündete der Sportdirektor Max Eberl, dass man sich am Saisonende vom Trainer Dieter Hecking trennen werde. Sieben Spiele sind es jetzt noch, das erste davon am Sonntagabend (18 Uhr) gegen Werder Bremen. Man könnte glauben, Hecking sei jetzt nur noch eine lahme Ente, aber Ginter glaubt, man könnte es in Gladbach genauso machen wie damals in Dortmund: zusammenraufen und die Qualifikation für den Europapokal sichern. "Wir wollen uns jetzt noch mal straffen, um die Champions League zu schaffen", sagte Ginter. Torwart Yann Sommer sagt: "Wir haben uns gemeinsam mit dem Trainer darauf eingeschworen, die letzten sieben Spiele voller Power anzugehen."

Die Frage ist natürlich: Wo soll die Power plötzlich herkommen, die man bei der Borussia in den vergangenen Wochen und ganz besonders beim desaströsen 1:3 in Düsseldorf vermisst hat? Gewinnen sie am Sonntag gegen Bremen, wird von einer Befreiungsaktion zu lesen sein; verlieren sie, wird es heißen, mit einem Trainer auf Abruf sei kein Blumentopf zu gewinnen.

Hecking hat auch am Freitag noch einen niedergeschlagenen Eindruck gemacht. "Ich bin nach wie vor enttäuscht", sagte er in der Pressekonferenz vor dem Spiel am Sonntag. Hecking, der zuletzt mehrmals erklärt hatte, sich ein Engagement als Bundestrainer vorstellen zu können, fühlt sich gewiss brüskiert. Er erläuterte noch einmal rechtfertigend, dass er Champions-League-Ansprüche in Gladbach für überambitioniert hält. "Von den finanziellen Möglichkeiten her kann dieser Klub den Europapokal zwar mal schaffen, aber alles darüber hinaus ist außergewöhnlich - und wenn das hier die Erwartungen sind rund um den Verein, dann wünsche ich dem Max Eberl viel Spaß in den nächsten Jahren."

Trainerkandidat Rose will sich äußern, "wenn es Fakten gibt"

Der Sportchef Eberl saß gleich daneben. Er argumentiert zwar genauso wie Hecking und sagt: "Geld ist ein Faktor - und davon haben wir nicht genug, um regelmäßig unter den Top Vier zu stehen." Aber Eberl ist offenbar der Ansicht, dass mit einem anderen Trainer künftig zuverlässigere Ergebnisse zu erzielen sind. "Es gibt eine Tendenz, weitreichende Gespräche und eine mündliche Einigung mit einem Trainer, von dem ich sage, er kann mit uns den nächsten Schritt machen", sagte Eberl der Rheinischen Post. Es gibt in der Branche keine Zweifel, dass es sich dabei um Marco Rose von RB Salzburg handelt. Der sagte: "Wenn es Fakten gibt, werde ich mich dazu äußern."

Obwohl jetzt die heiße Phase der Saison beginnt, steckt Eberl mit seinen Planungen bereits in der nächsten Spielzeit. "Ich verlasse den Klub nicht", sagte er über Spekulationen, die von ihm angekündigten gravierenden Veränderungen in der Sommerpause könnten auch ihn selbst betreffen. Eberl wird den Kader verändern und wohl auch Strukturen in der Lizenzspielerabteilung. "Es kann sein, dass wir uns fürs Team Sport noch jemanden dazu holen", sagte er, der in den vergangenen Jahren viel alleine bewältigte. Im Gespräch ist ein Sportdirektor, der Eberl unterstützt.

Revolutionäre Veränderungen werde es im Borussia-Park aber nicht geben. "Ich habe nicht vor, den Klub auf links zu drehen", sagt Max Eberl. Man müsse aber weiterhin darauf aus sein, die finanziell teils besser aufgestellte Konkurrenz durch "schnellere und schlauere" Entscheidungen auszustechen. Hilfreich wäre dabei kurzfristig auch der letzte Plan des düpierten Trainers. Hecking würde Gladbach gern "als Champions-League-Qualifikant verlassen".

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Quelle:
SZ vom 06.04.2019/schm
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