Gladbach schlägt Wolfsburg:Schwungumkehr nach beiden Seiten

Torschütze Breel Embolo (Borussia Mönchengladbach,36) trifft per Fallrückzieher zum 0-1 - 1 Fussball Bundesliga Saison 2

Akrobat schööön: Wolfsburgs Abwehr sieht fasziniert zu, wie Breel Embolo in der dritten Minute per Fallrückzieher das 1:0 für Gladbach erzielt. "Wir sollten langsam damit anfangen, nicht mehr so sorglos zu verteidigen", mahnte Wölfe-Kapitän Maximilian Arnold.

(Foto: Christian Schroedter/imago)

Während bei der Borussia nach zwei Siegen bereits wieder die Europapokal-Träume blühen, wächst in Wolfsburg die Sorge, den guten Saisonstart zu verspielen. Das 1:3 gegen Gladbach ist bereits das fünfte Pflichtspiel nacheinander ohne Sieg für das Team von Mark van Bommel.

Von Ulrich Hartmann, Wolfsburg/München

Wie langsam die Dinge manchmal vorangehen, hat Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl erst am Sonntagvormittag wieder erlebt - in der Drehtür eines Luxushotels am Münchner Flughafen. Durch diese Drehtür betrat er live eine bekannte Talkshow beim TV-Sender Sport1, aber die gläsernen Flügel der trägen Drehtür bremsten seinen schwungvollen Auftritt ganz schön aus.

Gut, dass Eberl aber auch ein flotter Rhetoriker ist. "Sieben Punkte gegen drei Champions-League-Teilnehmer", lautete einer seiner ersten triumphalen Sätze noch in der Eröffnungssequenz der Sendung, womit er auf das 1:1-Unentschieden gegen Bayern München vor einigen Wochen, den vorwöchigen 1:0-Sieg gegen Borussia Dortmund und schließlich den 3:1-Erfolg am Samstag beim VfL Wolfsburg Bezug nahm. Die ganz schön mau in die Saison gestarteten Gladbacher haben sich damit bereits wieder halbwegs rehabilitiert. So träge die Dinge manchmal beginnen mögen, so schnell können sie dann auch wieder in Ordnung kommen. Dafür ist Gladbach gerade ein ganz gutes Beispiel.

Wolfsburg hingegen ist vorübergehend ein Exempel fürs Gegenteil. Mit vier Siegen waren die Niedersachsen unter ihrem neuen Trainer Mark van Bommel in die Bundesliga-Saison gestartet, aber die 1:3-Niederlage gegen Gladbach war nach dem 1:3 in Hoffenheim eine Woche zuvor nun die zweite Liga-Niederlage nacheinander und bereits das fünfte Pflichtspiel in Serie ohne Sieg. Dass Gladbach nach sieben Minuten bereits 2:0 führte, irritierte nicht nur den Mittelfeldspieler Maximilian Arnold. "Da haben wir völlig geschlafen, so kann man das dritte Spiel in einer englischen Woche nicht beginnen", schimpfte er hernach und suchte selbst nach Erklärungen. Für eine insgesamt aber immer noch recht gut in die Saison gestartete Mannschaft klang seine anschließende Warnung besorgniserregend: "Wir sollten langsam damit anfangen, nicht mehr so sorglos zu verteidigen."

Das 3:1 erzielt Joe Scally, 18 Jahre alt. Vor 18 Jahren hatte die Borussia zuletzt in Wolfsburg gewonnen

Dass der Kapitän und Torwart Koen Casteels in der 78. Minute gegen Lars Stindl schon zum zehnten Mal einen Bundesliga-Elfmeter parierte, bedeutete keinen Trost. Zwar erschien in jenem Moment für die finalen zwölf Minuten noch die Gelegenheit gut, das Spiel mit einem Remis zu beenden, doch diese Vision zerstörte in der Nachspielzeit der junge US-Amerikaner Joe Scally, ein Gladbacher Emporkömmling, der just vor 18 Jahren geboren worden ist, als die Gladbacher zuvor letztmals in Wolfsburg gewonnen hatten.

Dass dies nun erstmals seit 2003 wieder gelang, lag natürlich auch daran, dass Breel Embolo in der 5. Minute per Fallrückzieher und Jonas Hofmann in der 7. Minute extrem früh eine 2:0-Führung herausgeschossen hatten, von der sich die Wolfsburger nicht mehr so recht erholten. Dies schien zwar vorübergehend anders zu sein, als der neue Angreifer Luca Waldschmidt in der 25. Minute mit seinem ersten Treffer für Wolfsburg auf 1:2 verkürzte. Doch eine gelb-rote Karte für den Innenverteidiger Maxence Lacroix eine Viertelstunde vor Schluss machte die Angelegenheit im Endspurt nicht gerade leichter. Immerhin eine Rote Karte gegen Jerome Roussillon nach einer vermeintlichen Notbremse in der 82. Minute wurde nach Videostudium wieder zurückgenommen.

Der spontane Eindruck von glücklichen Gladbachern und wütenden Wolfsburgern relativierte sich beim Blick auf die Tabelle. Dort stehen die Wölfe nämlich immer noch vor den Fohlen. "Wir haben auch gar keinen Grund, uns jetzt auszuruhen, weil wir noch lange nicht da sind, wo ich es mir vorstelle", sagte Borussen-Trainer Adi Hütter.

Ausgebremst fühlte sich Eberl von der Drehtür übrigens wohl doch nicht. Als in der Talkrunde alle von den wiedererwachten Gladbacher Europapokal-Ambitionen parlierten, setzte sich der Sportdirektor in guter, alter Tradition verbal zur Wehr. "Dass wir in den vergangenen Jahren so oft in Europa dabei waren, ist der Fluch der guten Tat", sagte er. "Der Europapokal ist für uns kein Automatismus, da bin ich derjenige, der immer bremsen muss."

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