Gladbach - Schalke (17.30 Uhr) :Der Kumpeltyp

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Mann des Gesprächs: Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Lucien Favre scheint Gladbachs Interimstrainer Andre Schubert (Mitte) jederzeit zum Dialog bereit. (Foto: Alessandro Di Marco/dpa)

Zwei Mal gegen Schalke, erst in der Liga, dann im Pokal: In diesem besonderen Duell kann sich die Position von Gladbachs Interimstrainer André Schubert weiter verbessern.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Als die Fußballer von Borussia Mönchengladbach soeben mit einem Null-zu-null beim vorigen Champions-League-Finalisten Juventus Turin ihre Wettbewerbsfähigkeit auch mit internationalen Spitzenteams untermauerten, saß der verletzte Mannschaftskapitän Martin Stranzl im Studio des übertragenden TV-Senders "Sky" und erklärte in einem bemerkenswerten Vortrag, warum der neue Trainer André Schubert den Gladbachern so gut tut, und warum es zuletzt ein bisschen schwierig geworden war mit dessen Vorgänger Trainer Lucien Favre. Über dieses Thema hatte seit Favres Flucht vor fünf Wochen ja immer noch niemand aus dem Verein ernsthaft reden wollen.

"Manchmal schwierig, einen gemeinsamen Weg zu finden"

Stranzl also sagte in einem langen und zerfaserten, aber höchst aufschlussreichen Satz: "Lucien Favre war immer fokussiert - Spiel vorbei, sofort DVD raus, Spielanalyse, nächster Gegner -, es war manchmal schwierig, dann einen gemeinsamen Weg zu finden; und wenn es mal Themen gab in der Mannschaft, dann ist man da rein, und weil er seine Gedankenwege hat, und wenn dann etwas anderes hinzukommt, ist das im ersten Moment eine Erschütterung gewesen - abgeblockt, Diskussion, Streit will ich das gar nicht nennen, aber doch ein Stück weit eine Auseinandersetzung - und dann hat es ein paar Stunden gedauert oder vielleicht auch mal einen Tag, dann ist man wieder zusammengekommen und hat doch noch eine Lösung gefunden."

Wenn das auch nur ungefähr so stimmt, wie Stranzl es zu erklären versucht hat, dann war oft nicht leicht auszukommen mit dem ganz auf den Fußball fokussierten und gegen jede Ablenkung allergischen Favre, der sich mitunter nur schwer auf Diskussionen mit den Spielern einlassen konnte. Über Schubert sprach Stranzl anschließend recht knapp. "Und der andere", sagte er, "der ist halt genau umgekehrt."

Gladbach spielt unter Schubert wieder Favre-Fußball

André Schubert hat Germanistik studiert und redet gern. Er ist ein kumpelhafter Typ, lässt die Spieler ganze Trainingssequenzen selbst gestalten und ist explizit und offenbar jederzeit auch kurzfristig bereit, sich mit ihnen auch rhetorisch auseinanderzusetzen. Es scheint, als hätten die Gladbacher Fußballer genau solch einen Trainer gebraucht nach dem unerwarteten Abgang des strengen Favre an jenem Sonntagabend Mitte September. Seither haben sie vier Bundesligaspiele gewonnen, ein Champions-League-Heimspiel gegen Manchester City recht unglücklich mit 1:2 verloren und bei Juventus Turin zuletzt ein als kleinen Triumph empfundenes torloses Unentschieden ergattert. Die einhellige Meinung vieler Beobachter über Borussia Mönchengladbach ist derzeit: Gladbach spielt unter Schubert wieder den erfolgreichen Favre-Fußball. Und Schubert will sich auch gar nicht mit fremden Federn schmücken. "Eine Handschrift von mir ist da doch gar nicht zu erkennen", sagte er in Turin beinahe ein bisschen entrüstet, als es mal wieder um die derzeit meistgestellte Frage ging, ob er sich eine sofortige Beförderung vom Interims- zum Dauertrainer durch die jüngsten Erfolge nicht endgültig verdient habe.

Nach jedem Spiel muss der Manager Max Eberl derzeit Wasserstände melden, wie hoch der Pegel der Wahrscheinlichkeit nun steht, dass Schubert die Sache längerfristig machen darf, oder ob Eberl derzeit mit einem heißen auswärtigen Kandidaten in Verbindung steht. Letzteres verneinte Eberl zuletzt, ersteres räumt er zunehmend häufiger ein, bleibt aber vorsichtig, weil er weiß, dass er die langfristige Planung nicht von ein paar momentanen Ergebnissen abhängig machen darf.

Auf Schalke geht es auch um Manager Horst Heldt

Als nächstes spielt Gladbach zwei Mal gegen Schalke. An diesem Sonntag das Hinspiel in der Bundesliga in Mönchengladbach und am Mittwoch das Rückspiel im DFB-Pokal in Gelsenkirchen. Beide Spiele mit beiden Ergebnissen werden in beiden Vereinen auf jeweils eine bestimmte Person projiziert: in Mönchengladbach auf den Trainer Schubert, in Gelsenkirchen auf den Manager Horst Heldt.

Letzterer, betonte er jüngst, werde zumindest am Sonntag auf jeden Fall noch im Stadion und also im Amt sein. Heldt nannte die jüngste Unterredung mit dem Schalke-Boss Clemens Tönnies sogar "konstruktiv", aber diese Bewertung kann natürlich in jede Richtung gehen. So konstruktiv wie die Zusammenarbeit zwischen den Gladbachern und ihrem immer dauerhafteren Interimstrainer Schubert wirkt die Situation auf Schalke nach wie vor nicht.

© SZ vom 25.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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