Süddeutsche Zeitung

Borussia Mönchengladbach:Plötzlich Pressingmaschinen

  • Der neue Trainer Marco Rose führt bei Borussia Mönchengladbach ein neues taktisches System ein.
  • Die Außenstürmer fallen weg, ihre Position übernehmen im Angriffsmodus die Außenverteidiger.
  • Im den ersten Testspielen geht es eigentlich nur darum, das neue taktische Verhalten einzuüben.

Von Ulrich Hartmann

Normalerweise sind es die Zugänge, die sich akklimatisieren müssen. Bei Borussia Mönchengladbach ist das anders in diesem Sommer, hier hat der neue Spieler Stefan Lainer einen Vorsprung. Akklimatisieren müssen sich alle anderen - zumindest taktisch. Der 26-jährige Österreicher ist von RB Salzburg nach Mönchengladbach gewechselt und jetzt der Einzige, der schon unter dem neuen Trainer Marco Rose gespielt hat. Zwei Jahre lang hat Lainer unter Rose in Salzburg den Rechtsverteidiger gegeben in einem 4-4-2-System mit Mittelfeld-Raute und Doppel-Spitze - ein System, das Lainer also längst verinnerlicht hat, während alle anderen im Gladbacher Kader das Stellungs- und Laufspiel dieser Variante neu erlernen müssen.

Die Borussia vom Niederrhein ist gegenwärtig in der Bundesliga jene Mannschaft, die binnen drei Jahren die größte taktische Metamorphose durchlebt. In der vorvergangenen Saison spielte man unter dem Trainer Dieter Hecking eine flache 4-4-2, also mit Viererkette, Doppel-Sechs, zwei Außenstürmern und zwei flexiblen Stürmern. Zur vergangenen Saison stellte Hecking dann kategorisch um auf ein 4-3-3 mit Viererkette, Solo-Sechs, zwei offensiven Mittelfeldspielern, zwei Außenstürmern und einem zentralen Stürmer.

Die Außenstürmer fallen weg

Nun, unter Rose, wird die Formation schon wieder verändert: einzige Konstante ist die Viererabwehrkette, davor eine Solo-Sechs, davor auf den Halbpositionen zwei Mittelfeldspieler, davor ein zentral-offensiver Mittelfeldspieler und davor zwei Stürmer. Die Außenstürmer fallen weg, ihre Position übernehmen im Angriffsmodus die Außenverteidiger, einer von ihnen wird Lainer sein.

Es ist aber nicht einmal diese neue Formation, die den Gladbacher Fußball der Zukunft markant macht, sondern es sind das laufintensive Pressing und der schnelle Tor-Abschluss nach Balleroberung. "Unsere Spielweise wird offensiv ausgerichtet sein, wir wollen uns nicht verstecken, sondern aktiv Fußball spielen", sagt Lainer. Wer wissen will, wie Gladbach künftig spielt, muss sich nur Salzburger Spiele der jüngeren Vergangenheit anschauen. Rose wird diesen Fußball nahezu Eins zu Eins auf Gladbach zu übertragen versuchen. Unter Hecking wirkte der Borussen-Stil zuletzt bisweilen etwas schwerfällig. "Vielleicht stellt sich aber der eine oder andere Spieler ja als Pressingmaschine heraus", sagte Rose in seiner ersten Pressekonferenz als Gladbach-Trainer. Es klang ein ganz kleines bisschen spöttisch.

Es kommt wahrscheinlich sogar noch ein fünfter Stürmer

Weil es im neuen Gladbacher System keinen klassischen Außenstürmer mehr gibt, muss der an Borussia Dortmund verkaufte Thorgan Hazard nicht ersetzt werden. Patrick Herrmann und Ibrahima Traoré hingegen müssen sich fortan mit Alassane Pléa und dem von Schalke 04 gekommenen Breel Embolo um die beiden zentralen Positionen in der Spitze streiten. Mit Marcus Thuram vom französischen Zweitligisten Guingamp kommt wahrscheinlich sogar noch ein fünfter Stürmer hinzu.

Im ersten Testspiel, bei einem 8:0-Sieg gegen den 1. FC Mönchengladbach, ging es eigentlich nur darum, das neue taktische Verhalten einzuüben. "Die Jungs haben die Sachen, die wir besprochen hatten, gut umgesetzt", sagte Rose hinterher, "wir hatten viele gute Ballgewinne, ein sehr ordentliches Gegenpressing und haben ein paar schöne Tore geschossen." Diese drei Dinge mögen gegen einen Landesligisten nicht schwer gefallen sein, weisen aber darauf hin, was dem Trainer Rose wichtig ist. Besonders präzise soll die Vorstellungen des Trainers ein Zugang erfüllt haben: Stefan Lainer.

Als die Borussia am Samstag zwei 45 Minuten lange Testspiele bei einem Turnier in Heimstetten gegen den TSV 1860 München (1:0) und den FC Augsburg (0:1) bestritt, musste Rose schon etwas öfter und lauter korrigieren. Lainer spielte diesmal nicht mit.

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SZ vom 14.07.2019/sonn
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