Krise in der Bundesliga:Gladbach muss dringend renoviert werden

Krise in der Bundesliga: Breel Embolo, Joe Scally Gladbach, Christoph Kramer und Marcus Thuram (von links) während der Niederlage in Dortmund.

Breel Embolo, Joe Scally Gladbach, Christoph Kramer und Marcus Thuram (von links) während der Niederlage in Dortmund.

(Foto: Ulrich Hufnagel/imago)

Die Borussia ist am vorläufigen Tiefpunkt einer Abwärtsspirale angelangt. Die Branche schaut gebannt zu, wie der neue Sportchef für Stabilität sorgen will - ohne dabei den Trainer in Frage zu stellen.

Kommentar von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

In Mönchengladbach sei die Zeit des Haderns nun vorbei, hat am Wochenende ein Borussia-Kenner verraten. Doch das entpuppte sich als falsche Entwarnung. Diese vermeintlich beruhigenden Worte, ein rhetorischer Akt der Höflichkeit, hatte Gladbachs ehemaliger Trainer Marco Rose formuliert, bevor seine Dortmunder Borussia die ohnehin schon leidgeprüften Gladbacher mit 6:0 demütigten.

Rose, der das Gladbacher Hadern durch die Ankündigung seines Fortgangs vor genau einem Jahr überhaupt ausgelöst hatte, wünscht sich gewiss, dass sein früherer Klub aus der schweren Melancholie erlöst wird. Allerdings konnten seine Dortmunder Spieler zwecks eigener Rehabilitation darauf keine Rücksicht nehmen. Und so riss ausgerechnet Rose die durch ihn damals mitverursachten Gladbacher Wunden wieder mit auf. Die Borussia vom Niederrhein ist deprimierter, als mancher denkt. Die Zeit des Haderns ist noch lange nicht vorbei.

Ein Rückblick: Im Sommer 2019 schmiedeten der Gladbach-Chef Max Eberl und sein neuer Trainer Rose visionäre Pläne. Am Niederrhein flirrte die Luft. Wenn's nicht nur um Fußball gegangen wäre, hätte man Romantik gespürt. Nach jahrelangem Aufschwung sollte Rose der talentierten Mannschaft zum finalen Entwicklungsschritt verhelfen. Als er sie Ende 2020 ins Achtelfinale der Champions League führte, erreichten die Ambitionen ihren Höhepunkt. Was dann folgte, ist bekannt. Das Kartenhaus stürzte ein.

Vier Punkte trennen Mönchengladbach noch vom Relegationsplatz

Rose kündigte seinen Abschied nach Dortmund an. Die enttäuschte Mannschaft schied aus der Champions League aus und verspielte in der Bundesliga jegliche Europapokal-Teilnahme. Einige der besten Spieler wollten weg, mussten aber bleiben. Der neue Trainer Adi Hütter konnte keine neuen Impulse setzen. Mancher Spieler wusste offenbar nicht mehr, was er in diesem Klub noch soll. Die Mannschaft rutschte Richtung Abstiegszone. Eberls Lebenswerk drohte zu zerbrechen. Er trat erschöpft und desillusioniert zurück.

Die Suche nach einem routinierten Nachfolger wurde dadurch erschwert, dass dem Klub durch Corona-bedingte Umsatz-Einbußen in Höhe von 100 Millionen Euro die Hände gebunden sind. Zunächst hatte Eberl noch laut überlegt, ob der Klub nicht zumindest in Erwägung ziehen sollte, vielleicht ja doch mal einen Investor hinzuzuziehen. Doch da sind die Borussen eigen.

Zwei Sportchef-Kandidaten aus dem deutschen Fußball, denen Gladbach nach Eberls Rücktritt ein Angebot unterbreitete, sagten ab. Das verrät etwas über schwindende Attraktivität am Niederrhein. Man beförderte den eigenen Nachwuchs-Koordinator Roland Virkus zum Sportdirektor. In seinem ersten Spiel auf der Bank sah er Gladbach am Sonntagabend in Dortmund abstürzen. Es ist der vorläufige Tiefpunkt einer Abwärtsspirale. Vier Punkte nur noch bis zum Relegationsplatz.

Die Mannschaft wurschtelt sich wohl durch zum Klassenerhalt, muss im Sommer aber dringend renoviert werden. Der Trainer steht nicht zur Debatte, weil er vor acht Monaten 7,5 Millionen Euro Ablöse gekostet hat und in einem bröckelnden Umfeld kurioserweise nun sogar der letzte Fels in der Brandung ist. Und der neue Sportchef muss in einer ganz schwierigen Situation für Stabilität sorgen und zugleich den Kader für die Zukunft planen. Gladbachs Fans kauen entnervt Fingernägel. Der Rest der Branche schaut gebannt zu.

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