Spuck-Attacke von Thuram:"Heute sind ihm offensichtlich die Sicherungen durchgebrannt"

Borussia Mönchengladbach - 1899 Hoffenheim

Momente vor der Spuck-Attacke: Gladbachs Marcus Thuram (l.) und sein Gegenspieler Stefan Posch.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Gladbachs Niederlage gegen Hoffenheim rückt in den Hintergrund, weil Marcus Thuram Stefan Posch ins Gesicht spuckt. Erst entschuldigt sich Trainer Rose für die Aktion - dann auch der Stürmer selbst.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Getroffen hat Borussia Mönchengladbachs Marcus Thuram in seiner Funktion als Stürmer am Samstag im Spiel gegen die TSG Hoffenheim eher nicht so viel - zumindest mit dem Ball. Treffsicher zeigte er sich stattdessen abseits seiner eigentlichen Aufgaben in der 77. Minute: als er seinem Hoffenheimer Gegenspieler Stefan Posch während eines verbalen Disputs aus rund zehn Zentimetern frontal ins Gesicht spuckte. Thuram erhielt in der 78. Minute folgerichtig die rote Karte, musste vom Feld und dürfte für mindestens vier Partien gesperrt werden.

Die Schlussphase gegen Hoffenheim geriet darüber hinaus zu einem Gladbacher Albtraum, denn drei Minuten vor der Hinausstellung hatte Andrej Kramaric für Hoffenheim zum 1:1 ausgeglichen (75.) und acht Minuten nach der roten Karte erzielte Ryan Sessegnon sogar noch den 2:1 (0:1)-Siegtreffer (86.). "Eine ganz bittere Niederlage und eine Spuck-Aktion, die man nur sehr schwer erklären kann", sagte Gladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer, der sich beim vorangegangenen 3:3 in Frankfurt selbst vom unberechtigten Vorwurf einer Spuck-Attacke erfolgreich hatte freisprechen können. "Man sollte sich dieses Spucken auf dem Platz aber sowieso grundsätzlich mal abgewöhnen", sagte Kramer nun.

Bei Thurams Aktion gab es allerdings keinerlei Zweifel, dass es sich um ein Versehen oder ein Missverständnis gehandelt haben könnte. Es war eine widerliche Aktion und eine dumme zudem in Zeiten des Videobeweises. Der Schiedsrichter Frank Willenborg musste sich die Szene auf dem Monitor anschauen, aber dort war alles sehr gut zu erkennen. Thurams Verhalten und die erste Heimniederlage in dieser Bundesliga-Saison ärgerten den Gladbacher Trainer Marco Rose. "Mit der Führung haben wir zu sehr verwaltet und sind nicht konsequent genug auf das zweite Tor gegangen." Die Aktion von Thuram, sagte er, "ging weit über die Grenze". Rose entschuldigte sich bei den Hoffenheimern dafür "im Namen des Vereins" und rätselte, was seinen Spieler geritten hatte: "Marcus Thuram ist grundsätzlich ein wohlerzogener, auch ein schlauer und reflektierter Mensch - aber heute sind ihm offensichtlich die Sicherungen durchgebrannt."

Thuram meldete sich am späten Abend über Twitter zu Wort. "Heute hat etwas stattgefunden, das nicht in meinem Charakter liegt und nie wieder vorkommen darf", schrieb der Franzose: "Ich habe mich gegenüber einem Gegner falsch verhalten. Es war ein Versehen und nicht beabsichtigt. Ich entschuldige mich bei allen. Bei Stefan Posch, meinen Gegnern, meinen Teamkollegen, meiner Familie und allen, die meine Reaktion gesehen haben. Natürlich akzeptiere ich alle Konsequenzen meines Handelns."

Hoffenheims Geiger foult Thuram - Stindl trifft

Dass sie vom jüngsten Mammutprogramm ein bisschen ausgelaugt waren, merkte man beiden Teams an. Offensiv ging zunächst wenig. Und was hatten die Gladbacher in dieser Saison schon für Traumtore geschossen: da war der sogenannte Scorpion-Kick von Valentino Lazaro (zum 3:4-Endstand in Leverkusen) oder auch der Fallrückzieher von Breel Embolo (zum 3:0-Zwischenstand gegen Donezk). Mit bodenständigen Treffern im Sinne eines ergiebigen Flachspiels taten sie sich gegen Hoffenheim schwer. Embolo vergab in der 21. und 32. Minute zwei gute Chancen, bei letzterer lief er über 40 Meter allein auf Hoffenheims Torwart Oliver Baumann zu, um den Ball am Ende relativ weit am Tor vorbeizuschieben.

Die erste Halbzeit wäre torlos ausgegangen, hätte Hoffenheims Dennis Geiger in der 33. Minute nicht eine Dummheit begangen. Er trat dem strafraumauswärts laufenden Thuram im Eck des eigenen 16-Meter-Raums auf den Fuß und verursachte damit einen Elfmeter, den Lars Stindl in der 34. Minute zum 1:0-Halbzeitstand einschoss. Ein 20-Meter-Fernschuss des Hoffenheimers Kramaric krachte in der 36. Minute ganz oben nahe des Lattenkreuzes an den Innenpfosten. Es wäre ein Traumtor gewesen.

Auch die Hoffenheimer haben, genauso wie die Gladbacher, nun neun Partien seit dem 21. November in den Beinen, sie spielen ja in der Europa League. Zum zehnten Spiel empfangen sie am Dienstag im DFB-Pokal den Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth. Gladbach gastiert am selben Abend beim Viertligisten SV Elversberg. "Das wird noch mal ein ganz, ganz wichtiges Spiel", sagte Kramer, "danach freuen wir uns über ein paar besinnliche Tage."

Hoeneß nimmt Roses Entschuldigung an

Zunächst ein bisschen schwerfällig bemühten sich die Hoffenheimer in der zweiten Halbzeit um den Ausgleich, doch mit zunehmender Spielzeit und frischem Personal erhöhten sie den Druck. Der eingewechselte Munas Dabbur schickte in der 75. Minute den eingewechselten Ihlas Bebou auf die Reise in die Gladbacher Hälfte. Bebou flankte von rechts in den Strafraum und erreichte mit dem Ball dort den völlig freistehenden Kramaric, der zum 1:1 einschoss.

Nachdem Thuram in der 78. Minute mit Rot des Feldes verwiesen worden war, spielten die Gladbacher in Unterzahl, und als in der 86. Minute die Hoffenheimer ihren Angriff zum zweiten Treffer einleiteten, lag außerdem noch Gladbachs Hannes Wolf im Mittelfeld verletzt am Boden. Es fehlten ihnen in dieser Szene also schon zwei Spieler zur Verteidigung, was ein bisschen erklärt, warum nach der Flanke des eingewechselten Kevin Akpoguma am zweiten Pfosten diesmal Ryan Sessegnon freistand und zum 2:1 einschießen konnte. TSG-Trainer Sebastian Hoeneß freute sich "über eine zweite Halbzeit, in der wir griffiger und mutiger gespielt haben, wir haben das Spiel nach und nach auf unsere Seite gezogen, und der Sieg fühlt sich für mich auch verdient an". Roses offensive Entschuldigung nahm Hoeneß gerne an und nannte diese "aller Ehren wert".

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