Süddeutsche Zeitung

Borussia Mönchengladbach:Hektisch, spektakulär - aber Spitze verteidigt

Lesezeit: 3 Min.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Wer zum aktuellen Tabellenführer der Bundesliga will, muss von der Helmut-Grashoff-Straße in die Doktor-Adalbert-Jordan-Straße einbiegen und dann die Hennes-Weisweiler-Allee nehmen. Der Pilgerweg zum Stadion von Borussia Mönchengladbach ist mit großen Namen der Klubhistorie gesegnet, anders als auf diesem Pfad der Tugend kommt man nicht hin zu jenem Tempel, in dem die Gladbacher am Sonntagabend mit einem ereignisreichen 4:2 (2:0) gegen Eintracht Frankfurt zum zweiten Mal nacheinander den Spitzenplatz in Deutschlands oberster Liga verteidigt haben. Zur Pause schien die Sache durch Treffer von Marcus Thuram und Oscar Wendt schon geritzt zu sein, doch nach dem Anschlusstreffer von Danny da Costa zum 1:2 wurde es noch einmal eng in der Schlussphase. Borussia-Trainer Marco Rose fand dennoch: "Wir haben verdient gewonnen. Es war eine sehr gute erste Halbzeit." Sein Frankfurter Kollege Adi Hütter sagte: (Trainer Eintracht Frankfurt): "Schade, dass wir hier nichts mitnehmen konnten." Angesichts der Gegentreffer war ihm aber auch klar: "Vier Tore sind einfach zu viel." In Mönchengladbach reichen die historischen Daten für die Superlative der Gegenwart immer weiter zurück: Letztmals Tabellenführer gewesen in einem fortgeschrittenen Saisonstadium waren die Gladbacher am 13. Spieltag 1985, letztmals vier Wochen lang an der Spitze standen sie im Frühjahr 1977, als der Klub unter Trainer Udo Lattek seinen bislang letzten von fünf Meistertiteln gewonnen hat. So weit gehen die Gedanken also schon zurück am Niederrhein, aber wirklich nur bei wagemutigen Fans und mitnichten bei den Spielern, die diesbezüglich Fragen demonstrativ mit einem abschätzigen Grinsen quittieren.

Noch länger liegt der einzige Frankfurter Meistertitel zurück. 1959 gewannen die Hessen das Endspiel in der Verlängerung gegen den Erzrivalen Kickers Offenbach, aber an die Wiederholung solcher Emotionen denken momentan nur noch die unverbesserlichsten Optimisten, zumal beim Gastspiel in Gladbach die Stürmer Bas Dost und André Silva wegen Adduktoren- und Achillessehnen-Problemen ausfielen. Jeder der Beiden hatte zuvor drei Bundesliga-Treffer beigesteuert, das ist in der Summe ungefähr vergleichbar mit den vier Toren und fünf Torvorlagen des wegen muskulärer Probleme ebenfalls fehlenden Gladbachers Alassane Plea.

Die Trainer Marco Rose und Adi Hütter feierten ihr erstmaliges Aufeinandertreffern, seit sie in der Saison 2014/15 beide bei RB Salzburg gearbeitet hatten: Hütter als Chefcoach, Rose als Trainer der U16-Jugend. Sah man die RB-Prägung diesem Bundesliga-Duell an? Absolut: Sehr dicht ging es im Mittelfeld zu, die Spieler beider Teams waren eng vermischt wie bunte Streusel auf einem Kuchen, hohes Pressing, viele Ballverluste, dem Ball konnte ganz schwindelig werden.

Für die Frankfurter war die Partie schon das 19. Pflichtspiel der Saison

Es bedurfte einer Ecke für die erste Chance, die Gladbachs Tony Jantschke per Kopf über das Tor bugsierte. Weil man sich in der neutralen Zone nichts schenkte und weil nach jedem Ball gestochert wurde, gab es hüben wie drüben manche Prellung. Man nennt das: Mentalität, auch wenn diese Vokabel bisweilen auf dem Index steht. Das 1:0 in der 28. Minute erzielten die Gastgeber aus dem Spiel heraus und flach. Breel Embolo setzte sich auf rechts ab und passte scharf in die Mitte, wo Thuram ungestört einschob. Die Hessen wirkten nun vorübergehend von der Rolle. Bezeichnend dafür war in der Nachspielzeit der ersten Hälfte das Gladbacher Tor zum 2:0-Halbzeitstand, das der aufgerückte Linksverteidiger Wendt bloß deshalb im Nachschuss erzielen konnte, weil die Frankfurter den Ball im eigenen Strafraum nicht unter Kontrolle brachten.

Weil derselbe Wendt aber in der 59. Minute eine Flanke von Filip Kostic unterlief und Kamada deshalb Da Costa das 1:2 auflegen konnte, wurde es noch einmal spannend. In der 75. Minute schien Nico Elvedi seine Gladbacher mit dem Kopfballtor zum 3:1 schon zu erlösen, doch brachte Martin Hinteregger die Frankfurter vier Minuten später mit dem 2:3 erneut heran. Am Ende machte Denis Zakaria mit dem 4:2 (85.) alles klar, und die Frankfurter mussten sie sich damit trösten, dem Tabellenführer immerhin bis zum Schluss einen offenen Kampf geliefert zu haben.

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Quelle:
SZ vom 28.10.2019
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