Die Samstagabend-Unterhaltung ist ein relevanter Bestandteil der deutschen Kulturgeschichte. In diesem Zusammenhang spielen Namen von Showmastern wie Hans-Joachim Kulenkampff, Peter Frankenfeld und Thomas Gottschalk eine Rolle, weniger die von Fußballern wie Rocco Reitz, Robin Hack und Tim Kleindienst. Gladbach-Fans könnten das aber auch anders sehen.
Borussia Mönchengladbach spielt in diesen Wochen in der Samstagabend-Unterhaltung der Bundesliga eine Hauptrolle, allerdings hatte der Verein diese Rolle vor dem vergangenen Samstag nicht so gut gespielt. Fünf Mal in dieser Saison – und seit einem Samstagabend-3:0 gegen RB Leipzig am 17. September 2022 insgesamt 14 Mal – hatte Gladbach dieses offizielle „Topspiel“ bestreiten dürfen, ohne auch nur ein einziges davon gewinnen zu können. Erst jetzt gegen den VfL Bochum, im sechsten Versuch dieser Saison und im 15. Versuch nacheinander, ist den Borussen zur Primetime mal wieder ein Sieg gelungen.
Allerdings war dieses 3:0 durch Treffer von Reitz, Hack und Kleindienst weder eine Überraschung noch eine Offenbarung. Bochum nämlich ist schon im vierten Bundesligajahr nacheinander eine äußerst schlechte Auswärtsmannschaft. Seit seinem Aufstieg im Jahr 2021 hat der Revierklub von 61 Bundesliga-Auswärtsspielen bloß acht gewonnen – den Sieg in Düsseldorf in der Relegation nicht mitgerechnet. In dieser Saison haben die Bochumer von bislang zehn Auswärtsspielen noch gar keines gewonnen – der am grünen Tisch mögliche 2:0-Sieg bei Union Berlin (Spielausgang 1:1) ist bisher nicht rechtskräftig.
Den Gladbachern ist das einerlei. Nach zuvor drei Niederlagen in Serie haben sie ihren Fans jetzt mal wieder einen Sieg geliefert und damit: schöne Samstagabend-Unterhaltung.

Drei Samstagabendspiele der Bundesliga haben die Gladbacher nun kurz hintereinander bestritten, und übernächsten Samstag gegen Frankfurt sind sie, wenn’s draußen dunkel ist, schon wieder Bestandteil des „Topspiels“. Das ist gemessen an ihren gegenwärtigen Leistungen eigentlich zu viel der Ehre. Seit etwa vier Jahren ist Gladbachs unverändert guter Ruf ehrlicherweise besser als sein Fußball. Der Sportvorstand Roland Virkus sagt über die derzeit ausgeprägte Samstagabend-Präsenz seines Klubs: „Gladbach hat immer noch einen Namen.“
Nach dem Sieg gegen Bochum waren die Borussen erleichtert darüber, dass sie die tabellarische Talfahrt nach drei Niederlagen aufhalten konnten. „Wichtig, so ein Sieg, wenn du vorher dreimal auf den Sack bekommen hast“, sagte unverblümt der Torschütze Hack, und der Torschütze Reitz gestand: „Tut gut, samstagabends vor heimischer Kulisse mal zu gewinnen.“ Ob so viele Abendspiele nicht anstrengend seien, wurde Reitz gefragt. „Ich bin doch noch jung“, antwortete der 22-Jährige da lächelnd.
VfL Trainer Hecking weiß auch nicht, warum seine Mannschaft fast ausschließlich zu Hause punktet
Viel anstrengender ist es, zu verlieren. Der Trainer Dieter Hecking ist 60 Jahre alt und kann nicht so richtig nachvollziehen, warum sein VfL Bochum auswärts eine ganz andere Mannschaft ist, eine so viel schlechtere als daheim. In diesem Zusammenhang sei noch einmal daran erinnert, dass der aktuelle Meister Bayer Leverkusen seine bis heute letzte Bundesliga-Auswärtsniederlage am 27. Mai 2023 im Bochumer Ruhrstadion erlitten hat (0:3). „Ich bin ernüchtert“, sagte nun jedenfalls der VfL-Trainer Hecking nach dem schwachen Bochumer Spiel im Borussia-Park und nannte die Leistung seiner Mannschaft „nicht bundesligareif“. In fünf Heimspielen unter Hecking hat Bochum acht Punkte geholt, in fünf Auswärtsspielen hingegen nur einen.
Für den Trainer misslang damit die Rückkehr in den Borussia-Park. Im Sommer 2019 hatte man ihm in Gladbach die Zusammenarbeit unvermittelt aufgekündigt, um aus Salzburg den aufstrebenden Marco Rose verpflichten zu können. Auf diesen Rose war Hecking mit Bochum eine Woche zuvor getroffen, als man Leipzig einen Punkt stibitzte. In Mönchengladbach erhielt Heckings Reise in die Vergangenheit nun einen Dämpfer. Auch er stellt sich gute Samstagabend-Unterhaltung anders vor.