Basketballer Manu Ginobili:Der mit dem orangen Ball tanzte

Lesezeit: 3 min

  • Der Basketballer Manu Ginobili hört mit 41 Jahren auf.
  • Er sorgte in der nordamerikanischen Profiliga NBA für eine Welle der Internationalisierung, die auch den Würzburger Dirk Nowitzki in die USA spülte.
  • Liga-Boss Adam Silver sagt zum Abschied: "Er ist einer der wichtigsten Botschafter unseres Sports weltweit."

Von Jonas Beckenkamp

Die kurioseste Szene des Basketballers Emanuel David Ginobili spielte sich 2009 auf dem Parkett ab - und doch ging es nicht unbedingt um Basketball. Es war eine NBA-Partie gegen Sacramento, in der Ginobili das Körbewerfen einmal kurz ruhen ließ und kurzerhand, beziehungsweise langen Armes, eine Fledermaus aus der Luft holte. Sein Hieb mit der linken Klebe saß, das Tier war ausgeknockt, er trug den benommenen Flitzer unter dem Jubel der Fans zu einem Ordner und weiter ging's.

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Dabei ist Ginobili sicher kein Grobian. Wer ihm beim Basketball zuschaute, erlebte ein Naturschauspiel, ein Bewegungswunder, einen Zauberer mit der orangen Kugel. Und weil es von diesen Typen nicht viele auf dieser Welt gibt, ist jetzt Schlucken angesagt, denn: Ginobili, der große Argentinier mit dem Herzen eines Pampa-Stiers, hat sein Karriereende verkündet. Mit 41 Jahren sei es genug, schrieb er in einer Nachricht auf Twitter. "Heute möchte ich mit einer ganzen Palette an verschiedensten Gefühlen allen mitteilen, dass ich aufhöre." Er verspüre riesige Dankbarkeit, dass er es 23 Jahre als Profi ausgehalten habe. "Es war eine fabelhafte Reise, viel weiter, als ich es mir je erträumt hätte."

Fast so populär wie Messi und Maradona

Um die Relevanz dieses Parkettwirblers einzufangen, hier ein paar Vergleiche: Ginobili ist nach Diego Maradona und Lionel Messi wohl Argentiniens drittpopulärster Sportler der Geschichte. Der einstmals bleiche Junge aus Bahia Blanca in der Provinz Buenos Aires hat es in seiner Sportart zu Weltruhm gebracht, er hat den Amerikanern gezeigt, dass auch aus Südamerika NBA-Champions kommen können. Und er war bis zuletzt der beste in die Jahre gekommene Körbewerfer des Planeten. Dirk Nowitzki, 40, ebenso ein recht fähiger alter Mann des Basketballs, schrieb im Netz: "Glückwunsch zu einer unfassbaren Karriere. Toller Spieler, wahnsinniger Kämpfer, Siegertyp und jetzt: Hall of Fame."

Vier Mal gewann er mit den San Antonio Spurs die Meisterschaft (2003, 2005, 2007 und 2014), wer sich damals die Nächte um die Ohren schlug, erlebte einen Grenzgänger. Ginobili spielte so furchtlos Basketball, dass er zwangsläufig Schrammen abbekam, seine Dribblings wirkten wie Slalomläufe im Dickicht der Großen. Hinter dem Rücken, durch die Beine des Gegners, um die langen Eichen unter den Körben herum - und fast immer Richtung Ziel: den Korb. Wenn dieser wilde Mann loslegte, krachte es mitunter am Ende, wenn er den Ball durch den Ring stopfte. Einzigartig seine Energie, Körperkontrolle und Eleganz - aber das bemerkenswerteste an Ginobili war sein Wille.

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"Er ist ein ganz spezieller Mensch", sagte sein langjähriger Coach Gregg Popovich erst kürzlich, "er wird ganz automatisch Herz und Seele eines jeden Teams, weil er sich so zerreißt. Ihn zeichnet dieselbe Unbändigkeit aus wie Kobe Bryant oder Michael Jordan." Ein Ereignis war dieser 1,98-Meter-Mann nämlich, wenn es darum ging, enge Spiele zu entscheiden. Wenn die Uhr herunter tickte und noch ein letzter Treffer gefragt war, musste der Ball in die Hände von "Manu". Schon in seiner Zeit in Europa tanzte er beim Klub Kinder Bologna zwischen den Lulatschen der Euroleague umher, er gewann die Euroleague und wurde zum besten Spieler der Finalserie gewählt.

In die NBA kam er schließlich mit 25 als Spätberufener, weil Profis aus Europa zu dieser Zeit noch etwas kritisch beäugt wurden in den USA: zu dünn, zu langhaarig, zu unkonventionell. Doch mit Ginobili setzte jene Welle der Internationalisierung ein, mit der auch Nowitzki, Pau Gasol (Spanien), Peja Stojakovic (Serbien) oder Tony Parker (Frankreich) nach Amerika schwappten.

Mit Parker bildete Ginobili gleich nach seiner Ankunft ein Duo aus Aufbau und Flügel, das mit seiner Geschwindigkeit und Korbgefahr fast jede Kettenhund-Defensive auseinander nahm. Dass San Antonio zusätzlich noch jahrelang den stärksten NBA-Center Tim Duncan im Kader hatte, machte aus dem Klub einen Seriensieger mit stets europäischem Anstrich.

"Ginobili ist ein Pionier, dessen Leistungen und Auftreten die NBA globaler werden ließen", sagte jetzt Liga-Boss Adam Silver zum Abschied, "er ist einer der wichtigsten Botschafter unseres Sports weltweit." Eine "Legende" sei der Argentinier, dessen Karriere Millionen kleiner Nachwuchsdribbler inspiriert habe. 16 Spielzeiten verbrachte Ginobili in Texas bei den Spurs (ihm gelangen im Schnitt 13 Punkte, knapp vier Rebounds und vier Assists), er führte Argentinien zu Olympiagold in Athen 2004, als er den verdutzten Amerikanern im Halbfinale 29 Punkte einschenkte - und er dunkte auch in hohem Basketballer-Alter noch manchen Block-Spezialisten mit aufs Poster.

Da wundert es fast, dass er lediglich zweimal am Allstar-Game der NBA teilnahm. Aber die Show stand bei ihm ohnehin nie im Vordergrund. Ähnlich wie Zinédine Zidane im Fußball nutzte Ginobili die Kunst als Mittel, um sich dort hindurch zu schrauben, wo eigentlich kein Weg durchführte. Seine Art des Basketballs bot Spektakel - aber nie um des Spektakels willen. Und so bleibt eigentlich nur eins zum Schluss: Die Fledermaus von damals sollte froh sein, ihn einmal aus der Nähe spielen gesehen zu haben.

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