Gewichtheber-Chef:Ajan dankt nach 20 Jahren ab

Tamas Ajan, Präsident des Gewichtheber-Weltverbandes IWF, muss seinen Thron räumen. Offiziell ist der 81- jährige Ungar am Mittwoch nach 20 Jahren zurückgetreten. Doch "es war im Grunde ein Rauswurf", sagt Christian Baumgartner, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber. Es habe "während der Untersuchungen gegen ihn nicht einen Schritt gegeben, den er freiwillig gegangen ist". Baumgartner ergänzte: "Heute ist ein schöner Tag." Ajans Sturz ist mit der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping - der Herr der Heber" vom 5. Januar eingeleitet worden. Darin wurden Korruption, Dopingverstöße, Manipulationen, schwarze Kassen, verschwundene Millioneneinnahmen und Sportbetrug unter seiner Ägide aufgelistet. Es gab Geständnisse vor der Kamera und Fakten aus internen Papieren. Der Ungar bestritt jedwede Verfehlung und sah den TV-Bericht als Verschwörung gegen sich an.

Die Chefin der US-Gewichtheber, Ursula Papandrea, war im Januar als Interims-Präsidentin der IWF bestimmt worden. Sie suspendierte Ajan für zunächst drei Monate, leitete umgehend Untersuchungen gegen ihn ein und beauftragte Doping-Aufklärer Richard McLaren mit den Ermittlungen. Die Ergebnisse sind offiziell nicht bekannt, müssen wohl aber verheerend ausgefallen sein. Ajan hatte während der Suspendierung die Anordnung des Weltverbandes missachtet, gerierte sich unverändert als Herrscher der Gewichtheber und drohte Papandrea, sie verhaften zu lassen, wenn sie mit McLarens Ermittlern in der Budapester Geschäftsstelle auftauchen sollte. Papandrea, die die Amtsgeschäfte ursprünglich nur bis Mitte April führen wollte, bleibt aufgrund der Corona-Pandemie und des ausgefallenen IWF-Kongresses zunächst bis Mitte Juni Interimschefin. Viele aber wollen die Amerikanerin als Dauerlösung. Angesichts von 61 positiven Fällen in der Nachanalyse der Olympischen Spiele von Peking und London "hoffe ich, dass der Schaden für unseren Sport reparierbar ist", sagte sie zuletzt.

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