German Open:Die Besten vom Rest

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Stehen in Hamburg im Finale: Martin Klizan (l.), die Nummer 48 der Welt, und Pablo Cuevas aus Uruguay, die Nummer 24.

(Foto: ap, dpa)

Noch nie war das Teilnehmerfeld in Hamburg so schwach wie in diesem Jahr. Es fehlen Publikums-Lockvögel, ein Hauptsponsor und eine Einigung über den geplanten Umbau. Die Zukunft am Rothenbaum ist ungewiss.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Michael Stich wartet. Seit 2009 ist der frühere Wimbledon-Sieger, 47, Turnierdirektor am Hamburger Rothenbaum, noch nie durfte er einen deutschen Sieger ehren, noch nie endeten die German Open unter seiner Regie in euphorischem Jubel. Und Hamburg wartet sogar noch viel länger auf einen deutschen Sieger beim traditionsreichen Turnier, seit 1993. Damals gewann Michael Stich.

Selten war es leichter als bei der 110. Auflage in diesem Jahr, seinen Nachfolger zu küren. Doch Philipp Kohlschreiber, 32, immerhin weltweit derzeit als Nummer 22 geführt und diesmal auf Rang eins in Hamburg gesetzt, verlor im Viertelfinale gegen Renzo Olivo, den 153. der Rangliste, mit 6:1, 0:6 und 5:7. Und während der in Kitzbühel lebende Augsburger noch damit haderte, dass er an "sich selbst gescheitert" sei und in Hamburg "nie die Leichtigkeit" gefunden habe, hatte sich der andere deutsche Geheimfavorit Alexander Zvrerev sogar in Runde eins verabschiedet.

Im Finale spielt die Nummer 24 der Welt gegen die Nummer 48

So spielten am Samstag vier Kandidaten um den Einzug ins 500er ATP-Finale, die allesamt nur zur erweiterten Tennis-Spitze gehören: Pablo Cuevas (Uruguay, Nummer 24), Olivo, der noch nie einen Titel gewonnen hat, sowie Martin Klizan (Slowakei, Nummer 48) und der schon 36 Jahre alte Franzose Stéphane Robert, der erst einmal bei einem ATP-Turnier siegte und dessen höchste Platzierung die 61 war, derzeit ist er 79. Das Finale am Sonntag (15 Uhr) bestreiten Cuevas und Klizan.

Cuevas wurde beim 7:5, 6:3 seiner Favoritenrolle gerecht. Olivo, der sich am Freitag beim Publikum noch entschuldigt hatte, "dass ich euren Liebling rausgeworfen habe", also den Deutschen Kohlschreiber, war diesmal auch auf dem Feld so brav wie verbal nach seinem Überraschungssieg. Und Klizan war bei seinem 6:3, 6:4-Sieg gegen Robert der deutlich kraftvollere Aufschläger. Immerhin kämpfen jetzt im Finale die beiden besten Profis vom Rest dieses Turniers um den Siegerscheck von 316 000 Euro. Und doch sind es zwei eher Namenlose, die sich am Sonntag gegenüberstehen - und das passt zum Bild, das das Turnier in diesem Jahr abgibt.

Was fehlt: Sponsoren, Lockvögel, Planungssicherheit

Man muss sich am Rothenbaum Sorgen um die Zukunft machen. Da sind zum einen die Meinungsverschiedenheiten mit dem Besitzer der Anlage, dem Club an der Alster, der das Gelände bis 2020 umbauen will. Und da ist zum anderen die sportliche Qualität, die nachgelassen hat. Das einstige Masters-Turnier hatte in dieser Woche das schlechteste Teilnehmerfeld seiner Geschichte beisammen. Das lag einerseits am Termin, der zwischen Wimbledon und Olympia liegt und bei dem 14 Spieler absagten, weil sie entweder krank waren (der Österreicher Dominik Thiem, derzeit Achter der Welt, schickte ein Attest), oder für ihr Land das Viertelfinale im Davis-Cup spielen mussten. Zum anderen gab es in diesem Jahr keinen Hauptsponsor und Stichs Firma, die "Hamburg Sports & Entertainment GmbH", ist nur in wenigen Fällen bereit, für einen Publikums-Lockvogel eine Antrittsgage zu spendieren. Das gab es erst zweimal: Für Roger Federer und Rafael Nadal, wo mit Hilfe von privaten Spendern angeblich zwischen 300 000 und 400 000 Euro ausgelobt wurden. Ein Klacks im Vergleich mit anderen 500er Turnieren wie in Peking oder Dubai. Selbst in Stuttgart, München und Halle/Westfalen gibt es andere finanzielle Möglichkeiten.

Jetzt wird über einen neuen Termin nachgedacht und sogar über einen anderen Bodenbelag. Statt Sand könne man einen Hartplatz anlegen, der der Vereinigung ATP vielleicht mehr entgegen kommt. Die ATP hatte den Rothenbaum 2008 in die dritte Kategorie abgestuft. Jetzt hoffen die Optimisten beim Deutschen Tennis Bund, dass es mit dem Umbau des Rothenbaum bis 2022 vielleicht sogar wieder eine Chance gebe, wieder in die Masters-Kategorie aufzusteigen. Da sind die 30 besten der Welt startverpflichtet, was auch die Sponsorensuche deutlich leichter machen würde.

Ob Stich dann noch dabei ist? 2018 läuft sein Vertrag mit dem Deutschen Tennis Bund für die German Open aus, und noch hat er sich nicht konkret zu der Zeit danach geäußert - er wartet noch.

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