Gerhard Schröder bei Hannover 96:"Das wird die Agenda 2017"

Neuer 96 Sportdirektor Horst Heldt

Neues Dreigestirn bei 96: Aufsichtsratschef Schröder, Sportdirektor Heldt und Pärsident Kind (v. links).

(Foto: Peter Steffen/dpa)
  • Aufsichtsratchef Gerhard Schröder und Klubpräsident Martin Kind stellen bei Hannover 96 den neuen Manager Horst Heldt vor.
  • Kind spricht von einem "kompletten Neubeginn", will aber vorerst an Trainer Daniel Stendel festhalten.
  • Die unmittelbare Rückkehr in die Bundesliga ist nach dem 0:2 gegen Karlsruhe am Wochenende in Gefahr.

Von Peter Burghardt, Hannover

Es gab eine ferne Zeit, in der rot-grünen Ära zwischen den Epochen Helmut Kohl und Angela Merkel, da empfing Gerhard Schröder Staatschefs und stellte Minister vor. Es gab auch eine Zeit, da schoss der nachmalige Bundeskanzler Tore für den legendären TuS Talle von 1923, der mit Hilfe des offenbar Uwe-Seeler-artigen Mittelstürmers Schröder bis in die Bezirksliga aufstieg. Man nannte ihn "Acker", die Familie wohnte damals beim Fußballplatz. Da bot es sich an, dass Gerhard Schröder nun beide Talente zusammenführt. Seit Dezember vergangenen Jahres leitet der Jurist den Aufsichtsrat seines Lieblinksklubs Hannover 96. Am Montagnachmittag präsentierte er neben seinem Klubpräsidenten und Tennispartner Martin Kind den neuen Manager: Horst Heldt.

Man möge frühzeitig eintreffen, hatte die Presseabteilung empfohlen, "da wir den Altkanzler da haben, es wird Personenkontrollen geben". Tatsächlich wurden Berichterstatter am Eingang zur 96-Arena freundlich abgetastet, und es gab beachtliches Interesse, wenn man bedenkt, dass Hannover in der zweiten Liga spielt. Alle Plätze im Medienraum unter der Tribüne waren belegt, unter anderem liefen elf Fernsehkameras, einheimische Chronisten staunten über allerlei Fremde.

"Wer hat schon mal die Gelegenheit, mit einem Altkanzler zusammenzuarbeiten", sprach dann Horst Heldt, 47, auf dem Podium neben Kind und Schröder. "Davon träumen viele, ich hab' jetzt die Gelegenheit."

Als Sportdirektor war der frühere Nationalspieler Heldt mit dem VfB Stuttgart 2007 Meister geworden und mit Schalke Pokalsieger. Das VfB-Engagement endete 2010, das in Gelsenkirchen im Mai 2016. Zwischenzeitlich war Heldt beim Hamburger SV im Gespräch gewesen, bevor beide Seiten von der Idee wieder Abstand nahmen. Der Hannoversche Sportverein von 1896 zählte bis vor kurzem wohl kaum zu Heldts Traumadressen, denn in der Saison 2015/16 war die Mannschaft mit acht Punkten Rückstand auf den Vorletzten abgestiegen. Jetzt soll Heldt also dabei helfen, Hannover 96 noch in dieser Saison in die erste Bundesliga zurückzuführen.

Derzeit ist diese unmittelbare Rückkehr in Gefahr, der VfB Stuttgart und Union Berlin sind in der Tabelle vorbeigezogen, auch der niedersächsische Rivale Eintracht Braunschweig ist ein hartnäckiger Widersacher. Die 0:2-Niederlage am Samstag beim Karlsruher SC war für den Präsidenten Kind "der Tiefpunkt". Daher sei man gemeinsam zu der Auffassung gekommen, "dass das kritisch einzuordnen ist", und man habe beschlossen, "einen Neubeginn insgesamt einzuleiten". So wurden Sport-Geschäftsführer Martin Bader und der Sportliche Leiter Christian Möckel beurlaubt, in der offiziellen Funktion als Manager übernimmt nun Heldt (Vertrag bis Juni 2020). Noch am Sonntag traf sich der Nothelfer mit dem Patron Kind und dem Aufseher Schröder, beide gut 72 Jahre alt, beide geboren im April 1944.

"Am Samstag sitzt der Trainer auf der Bank", sagt Heldt

Bei einem "Neubeginn insgesamt" denkt man natürlich auch an den Trainer, Daniel Stendel. "Der sitzt am Samstag auf der Bank", antwortete Heldt auf die Frage, noch ehe sie gestellt war. Am Samstag ist 1860 München zu Gast. Was geschieht danach? Man werde "keinen aus der Verantwortung nehmen", damit die Spieler "ihre Leistung abrufen", versprach Heldt, was Stendel kaum beruhigen dürfte. In Schalke hatte Heldt zuvor allerlei Trainer ausgetauscht, was Stendel ebenfalls misstrauisch machen könnte.

Der Hörgeräte-Unternehmer Kind erinnert sich immer noch am liebsten an das Gespann Schmadtke/Slomka, mit dem Hannover einst in die Europa League einzog. Mit Heldt und welchem Trainer auch immer soll es jetzt wieder in diese Richtung gehen. Neun Monate hatte Heldt Pause gemacht, er habe "genügend Kraft", beteuerte er. So ein Traditionsverein sei dann doch sehr interessant. "Er bringt einen Haufen Erfahrung mit", lobte Klubpatron Kind, das gefiel auch Schröder alias Acker. Er sei "sowohl von Heldts sportlichen als auch von seinen menschlichen Qualitäten überzeugt".

Der Fachmann Schröder ahnt, weshalb die Profis von Hannover 96 zuletzt außer Form gerieten: "Das hat mit dem Selbstbewusstsein zu tun. Das ist meine bescheidene Analyse." Und wie kam er auf den Motivator Heldt? "Ich? Diese strategische Begabung hatte ich in der Politik", konterte der Regierungschef a.D. Der Stratege und Entscheider bei 96 sei Kind, aber er setze sich gerne für den Klub seiner Heimatstadt ein, so Schröder. Seine Leidenschaft gelte schon lange dem Fußball - "mein einziges Manko war, dass ich es nur in die Bezirksliga geschafft habe. Da blieb mir nichts anderes übrig, als Bundeskanzler zu werden."

Was er denn von der SPD-Debatte über die Agenda 2010 halte, wollte noch jemand vom Fernsehen wissen. "Ich brauch' noch ein bisschen Zeit, darüber nachzudenken", erwiderte Gerhard Schröder. Er sei hier, damit Hannover 96 aufsteige - "das wird die Agenda 2017."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: