Gerhard Schröder bei Hannover 96:"Es gibt schönere Bilder von mir - aus dem Archiv"

Hannover 96 Aufsichtsrat Schröder

Gut bekannt mit Martin Kind und Wladimir Putin: Gerhard Schröder, Alt-Kanzler und 96-Fan.

(Foto: dpa)
  • Gerhard Schröder wird als Aufsichtsrat bei Hannover 96 vorgestellt.
  • Der Alt-Kanzler ist gut aufgelegt, beim Thema Russland wird er allerdings ernst.
  • Die Diskussion um die WM 2018 in Russland findet er "unsinnig".

Von Jörg Marwedel, Hannover

"Es gibt schönere Bilder von mir - aus dem Archiv", sagt Gerhard Schröder scherzend zu den Fotografen, "da bin ich noch jünger." 72 Jahre alt ist der Alt-Bundeskanzler, und nach seiner politischen Karriere und noch immer diversen Aufsichtsrats-Jobs hat er nun ein Ziel erreicht, das ihm, dem früheren Mittelstürmer des TuS Talle, genannt "Acker", noch gefehlt hat: Nun ist er auch im Fußball eine Nummer (abgesehen davon, dass er als Kanzler zum WM-Sommermärchen seinen nicht ganz unumstrittenen Beitrag geleistet hat und Ehrenmitglied von Borussia Dortmund ist). Seit Dezember ist er der erste Aufseher im Klub seiner Stadt, Hannover 96.

Der prominente Fan Schröder, der mit Freunden eine Loge in der HDW-Arena besitzt, ist im dunklen Cord-Jackett und ohne Krawatte zu seiner öffentlichen Vorstellung erschienen - und er hat prächtige Laune. Er habe dieses "Ehrenamt", wie er sagt, gerne angenommen. Vor allem, weil er zum Präsidenten, Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter Martin Kind eine "freundschaftliche Beziehung" unterhalte. Dieser habe trotz des Abstiegs aus der Bundesliga dafür gesorgt, dass 96 ein "urgesunder Klub" ist. Zudem spielen die beiden Tennis, und "da bin ich besser, keine Frage". So ist das wohl in Wirtschaft und Fußball: Freunde kontrollieren Freunde.

Schröder soll laut Kind "für den Aufsichtsrat sprechen". Der neue Ober-Prüfer selbst erklärt, er allein schaue die Zahlen an. Kind ist glücklich, den "Mut" gehabt zu haben, seinen Tennispartner anzusprechen, denn dessen Einstieg stärkt wohl auch ihn, den Klubchef. Schröders Engagement werde sowohl intern als auch extern Wirkung haben, glaubt der 96-Patron Kind, der ja schon manches Sträußchen mit den Fans ausgetragen hat und Hilfe gut gebrauchen kann. Schröder soll mit seiner Aura die Rückkehr in die erste Liga begleiten.

Die Debatte um die WM in Russland nennt er "unsinnig"

Ideen, wonach er auch mal seine Kontakte spielen lassen könnte, um 96 einen Sponsor wie den russischen Gasriesen Gazprom zu vermitteln, hält der Ex-Kanzler aber für "Fantastereien". Dass er einst dafür gesorgt habe, dass Schalke den Gazprom-Deal hinbekommen habe, verweist Gazprom-Mitarbeiter Schröder ("Putin ist immer noch mein Freund, damit muss Herr Kind leben") ins Reich der "Legende". Das sei allein Schalke-Boss Clemens Tönnies gewesen.

Und auch sein erster Aufruf an die hannoversche Wirtschaft, 96 noch mehr zu unterstützen, habe bislang noch keine Resonanz gehabt, gibt er zu. Gern redet Präsident Kind über das "Konzept der Zukunft", in dem Schröder mit seinen Kontakten eine Rolle spielen soll. Zudem hat Kind den früheren Bundesliga-Trainer Martin Andermatt im Aufsichtsrat als Chef des Sportausschusses installiert. Der soll dem von Kind kritisch beäugten Manager Martin Bader auf die Finger sehen. Schröder findet das "sehr gut". Hätte Kind Andermatt als Sportdirektor eingestellt, wäre Andermatt Bader gegenüber nicht weisungsbefugt gewesen, jetzt ist er quasi Baders Chef.

Der Gute-Laune-Onkel Schröder, der es genießt, mal wieder in größerer Journalisten-Runde zu verweilen, redet gern über Fußball, Politik und alte Weggefährten. Den früheren Bundespräsidenten Johannes Rau zitiert er in Bezug auf sein neues Amt so: "Öffentliche Ratschläge zu geben, das sind mehr Schläge als Rat." Schröder will sich künftig zurückhalten. Sportliche Äußerungen wie an seinem 70. Geburtstag, als er der 96-Mannschaft empfahl, sich "den Hintern aufzureißen", werde es künftig nicht mehr geben. Schlauer in Bezug auf die Politik von Hannover 96 ist man nach dieser Plauder-Runde nicht geworden.

Nur eines durfte man mitnehmen: "Das Sommermärchen bleibt ein Sommermärchen", sagt Schröder - egal, auf welche Weise Deutschland den Zuschlag für die WM 2006 bekommen habe. Und die Diskussion um die WM in Russland sei "eine unsinnige Debatte". Er werde jedenfalls hinfahren.

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