Gerald Hönig:Risse spalten das deutsche Biathlon-Team

IBU Biathlon World Cup - Women's Individual

Franziska Hildebrand: Konnte Hönigs Staffel-Aufstellung in Südkorea nicht nachvollziehen

(Foto: Getty Images)
  • Gerald Hönig wäre gerne noch länger Bundestrainer der deutschen Biathletinnen geblieben - nun deutet sich nach einem Zeitungsbericht die Trennung an.
  • Zuletzt hatte es Misstöne innerhalb der Mannschaft gegeben, Hönig soll nun zu wenig Rückhalt vom Team gespürt haben.
  • Zwei weitere Assistenztrainer haben ihre Posten im Biathlon-Team schon aufgegeben.

Von Saskia Aleythe

Gerald Hönig war plötzlich ein befreiter Mann. Es glitzerte früh in seinen Augen bei den Olympischen Spielen im Februar in Pyeongchang, schon nach dem ersten Rennen der deutschen Biathletinnen. "Da kam Sotschi noch mal ein bisschen hoch, ich glaube man hat es mir auch angemerkt", sagte der Bundestrainer wenig später, es war der Sprint, aus dem nicht nur Laura Dahlmeier erstmals als Olympiasiegerin hervorging, sondern auch Hönig als glücklicher Trainer. Nach den für die Frauen medaillenlosen Spielen von Sotschi 2014 hatte sein Job zur Debatte gestanden. Seit 2010 ist er im Amt, er durfte weitermachen und war nun in Südkorea umso gelöster. "Es tut richtig gut und ich genieße diese Spiele jetzt auch", sagte Hönig schließlich im deutschen Haus in Pyeongchang. Und lächelte wie jemand, der an dieser Aufgabe noch etwas länger Gefallen finden könnte.

"Ich würde gerne weitermachen. Jetzt wird es Gespräche mit dem Verband geben, dann schauen wir. Alles ist offen", hatte Hönig noch Ende März beim Weltcup-Finale im russischen Tjumen dem ZDF gesagt. Eine Weiterbeschäftigung für zwei Jahre hätte er sich vorstellen können, vier lieber nicht - er ist ja auch schon 59. Dass mittlerweile nicht mehr alles offen ist, berichtet nun die Tageszeitung Freies Wort: Es deute sich eine Trennung zwischen Hönig und dem Deutschen Skiverband (DSV) an, die eher nicht die Züge eines rühmlichen Endes trägt. Nachdem sich beide Seiten schon auf eine Verlängerung der Zusammenarbeit geeinigt hätten, soll es nun bei einer Aussprache zwischen Hönig und den sechs Olympia-Athletinnen nicht ganz so optimal verlaufen sein. Gelinde gesagt.

Franziska Hildebrand preschte vor mit Kritik an Hönig

Dass er noch viel Freude an seinem Job hat, merkte man Hönig in Südkorea schon an: Nachdem die Einzelwettbewerbe in Pyeongchang beendet waren, Laura Dahlmeier mit zwei Gold- und einer Bronzemedaille geglänzt hatte und vier weitere Top-Ten-Platzierungen weiterer Athletinnen für eine erstaunliche Zwischenbilanz gesorgt hatten, war der Bundestrainer noch lange nicht satt. Von einer "Geilheit auf den Sieg" sprach er, mit Blick auf die noch anstehenden Staffelwettbewerbe - bevor die Frauenstaffel krachend scheiterte.

In der ganzen Debatte um Hönig kommt einem das nun freilich wieder in den Sinn, wie nach einer langen Siegesserie dann nur ein achter Platz für das Team mit Dahlmeier, Franziska Preuß, Denise Herrmann und Franziska Hildebrand herauskam. Letztere hatte später in einem Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung Hönig deutlich kritisiert. "Ich hätte die Staffel anders aufgestellt und das Goldquartett von 2017 laufen lassen", meinte Hildebrand, die damit die Berufung von Preuß und Herrmann monierte.

Beide hatten sich in Pyeongchang in der Staffel schwerwiegende Patzer geleistet - zuvor aber ihre Stärke in den Einzelrennen demonstriert. Dass Hildebrand mit der schlechtesten deutschen Trefferleistung (eine Strafrunde und vier Nachlader) im besagten Rennen in Erscheinung trat, schmälert ihre Argumentationslinie freilich. Später ruderte sie zurück und entschuldigte sich; sie denkt mit nunmehr 30 Jahren auch über ihr eigenes Karriereende nach.

"Ich bin gespannt, was passieren wird"

Ein Einblick ins Teamgefüge der deutschen Frauen bot ihre Äußerung dennoch. Laura Dahlmeier, die immer mal mehr, mal weniger offen lässt, wie lange sie noch aktiv sein will, formulierte bei ihrer letzten Pressekonferenz im deutschen Haus dann auch einen Satz, der aus heutiger Sicht aufhorchen lässt. "Nach Olympia ist erfahrungsgemäß ein bisschen ein Wechsel in der Mannschaft, was Betreuer betrifft", sagte die 24-Jährige, "ich bin gespannt, was passieren wird." Die zwei Assistenztrainer Tobias Reiter und Andreas Stitzl haben sich schon vom Team verabschiedet, nun steht wohl auch der Weggang von Hönig bevor, ab Sonntag trifft sich die (Noch-)Trainergemeinde zur Tagung mit dem DSV.

Nur für den Männer-Bundestrainer Mark Kirchner scheint es noch weiterzugehen. Der Umbruch im Biathlon ist nah - ausgerechnet nach den erfolgreichen Spielen von Pyeongchang.

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