Gerald Asamoah:Das Gesicht des FC Schalke - bis heute

Vereinsführung und Fans diskutieren, ob Schalkes Publikumsliebling Gerald Asamoah den gestiegenen Ansprüchen noch genügt.

Philipp Selldorf

Noch ist völlig offen, ob entweder Jaden oder dessen eine Minute jüngere Schwester Jade die hervorragenden Erbanlagen ihres Vaters zur Geltung bringen wird. Für Schalke 04 wäre Jaden der Mann, auf den zu achten ist, denn ein Frauenteam hat der Klub bisher nicht aufgestellt. Andererseits ist Jaden nach Angaben aus der Familie im Gegensatz zur zielstrebigen Jade "der etwas faulere - aber wenn er etwas unbedingt haben will, dann schafft er es auch".

In dieser Vielfalt erkennt man also seinen Vater Gerald Asamoah, 29, durchaus wieder: Ein wenig Faulheit hat sich Schalkes altgedienter Profi früher gern mal geleistet, Legenden bekunden auch seine Freude an den Mahlzeiten. Aber diese Manieren sind überlebt, seitdem Asamoah den unbedingten Willen fasste, in Schalke unentbehrlich zu werden.

Das ist ihm bis heute gelungen, Asamoah prägt, zumal nach dem Abtreten des Managers Rudi Assauer, mit seiner Spielweise und seiner ganzen Art das Gesicht des FC Schalke. Aber die Einschränkung muss lauten: bis heute. Für den Anspruch, ein richtiger Champions-League-Klub zu werden, will man sich auch unangenehmen Beschlüssen stellen, und deswegen wird neuerdings im Verein und - was bisher undenkbar schien - auch in der Anhängerschaft über das Für und Wider von Asamoahs Verbleiben in Schalke debattiert.

Sein Vertrag läuft im Sommer aus, und womöglich wird bald der Umzug der im Februar unter Polizeieinsatz geborenen Zwillinge (Schutzmänner stoppten den Vater auf seiner rasenden Fahrt ins Krankenhaus) gemeldet: von Marl, wo sie derzeit wohnen, nach Hannover, wo sich der neue Arbeitgeber ihres Vaters finden könnte. Schon in der Jugend hat Asamoah bei 96 gespielt, und am Wochenende hat er passenderweise in der Stadt eine Vorstellung gegeben. Dass er nach mäßiger Leistung ausgewechselt wurde, hat 96-Trainer Dieter Hecking nicht daran gehindert, sein Interesse an dem Spieler zu erklären.

Auch gegen den FC Valencia ist mit Asamoah in der ersten Elf zu rechnen

Trainer wissen den Wert des vor allem mit Kraft arbeitenden Angreifers oft höher zu schätzen als Zuschauer. Das war in all den Jahren in Schalke so und ist auch unter der Aufsicht des Modernisierers Mirko Slomka nicht anders. Slomka sagt, er sehe Asamoah "absolut als Stammspieler" und bestätigt dieses Kompliment, indem er den seit 1999 in Schalke beschäftigten Profi ständig in die Startaufstellung nimmt.

Wenn Schalke an diesem Mittwoch in der Champions League beim FC Valencia antritt, dann dürfte trotz der Genesung des anerkannt torgefährlicheren Halil Altintop abermals mit Asamoah in der ersten Elf zu rechnen sein. Slomka weiß, dass auch auf dem Niveau der höchsten Europaliga die Wucht und die Leidenschaft des Stürmers nützliche Mittel sind.

Selbst in Hannover hat Asamoah trotz mieser Tagesform seinen Wert in einer wesentlichen Szene bewiesen - ohne hohe Fußballerqualitäten zu offenbaren: Vor dem 1:1 durch Kuranyi stand er dem 96-Schlussmann Enke entscheidend im Weg. Damit handelte er aber auf Weisung Slomkas, der Asamoah bei Freistößen und Eckbällen als legale Blockade in den Wirkungskreis des Torwarts beordert hatte. "Und dann ist Robert gegen mich gelaufen", berichtete Asamoah später.

Trotzdem fragt man sich in Schalke, ob die Möglichkeiten des mutmaßlich nur noch ehemaligen Nationalspielers den steigenden Ansprüchen genügen. Offenbar gehen die Ansichten von Trainer Slomka und Manager Andreas Müller auseinander. Potentieller Ersatz für Asamoahs rechte Außen- oder Halb-Position ist bereits durch den trickreichen Techniker Albert Streit in Frankfurt beschafft worden.

Das Werben um Streit hat Asamoah genauso registriert wie die Tatsache, dass seine eigenen Verhandlungen um einen neuen Vertrag auffallend aufgeschoben werden. Der am liebsten fröhliche Profi wurde bei diesem Thema zuletzt ziemlich einsilbig. Neulich gab es ein erstes Gespräch mit Schalke, in dem laut Müller "zu verstehen gegeben wurde, dass wir mit seinem Spiel zufrieden sind".

Aber es folgten Hinweise auf härteren Konkurrenzkampf und Beschwichtigungen wegen künftig kürzerer Einsatzzeiten. Ein bisschen Diva ist Asamoah nämlich auch, und ums Geld geht's obendrein, denn bei einer Vertragsverlängerung soll der Spieler offenkundig auf alte Garantien verzichten müssen.

Der Einzug ins Achtelfinale würde Schalke unplanmäßige Reichtümer bringen

Eher stehen also die Zeichen auf Trennung, und eigentlich müssten längst Fandemonstrationen für den Erhalt des Publikumslieblings in Gelsenkirchen aufgezogen sein. Doch in der Anhängerschaft herrscht Unentschlossenheit. In gewisser Weise verkörpert Asamoah eben das alte Schalke, das dem großen Erfolg nur hinterherläuft. In den beiden Spielen gegen Valencia und gegen Trondheim könnte jedoch der Aufbruch eines neuen Schalke erfolgen: Der Einzug ins Achtelfinale würde unplanmäßige Reichtümer bringen, bis zu 13 Millionen Euro Extra-Einnahmen - und damit neue Möglichkeiten auf dem Transfermarkt. Nicht unbedingt das Argument, den Asamoah-Stil unter Schutz zu stellen.

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