0:2 gegen Lyon:Leises Raunen in Stuttgart

"Wenn wir gegen Lyon gewinnen, ist wieder alles offen", hatten sich die Stuttgarter vor dem Spiel Mut gemacht. Nach dem Spiel ist klar: Beim VfB passt derzeit nichts.

Thomas Hummel

Wenn nicht einmal die Jungs in der Cannstatter Kurve ihre Lieder singen, muss beim VfB Stuttgart etwas sehr im Argen liegen. Am späten Dienstagabend kam aus dem sonst so lautstarken Fanblock minutenlang nur noch ein leises Raunen. Es waren die letzten Unentwegten, die immerhin noch einen Ton herausbrachten, in den anderen Blöcken setzte in diesen letzten Spielminuten schon eine stille Abwanderung ein.

In diesen letzten Minuten war bereits klar, dass der VfB Stuttgart seine Chance auf das Achtelfinale der Champions League vermutlich schon verspielt hatte. Der schwer angeschlagene Meister, der in der Bundesliga zuletzt dreimal nacheinander verlor und nur noch knapp vor den Abstiegsplätzen rangiert, unterlag auch im dritten Gruppenspiel, diesmal zu Hause gegen Olympique Lyon 0:2.

War vor der Saison in Stuttgart noch die Rede davon, jede Position doppelt besetzen zu wollen, offenbarte vor der Partie ein Blick auf die Ersatzbank die ganze Personalmisere des Meisters. Da saßen eine Sammlung unbekannter Talente (Langer, Beck, Perchtold, Pischorn), ein bekanntes, aber außer Form befindliches Talent (Khedira) sowie ein bekannter Einkauf, der allerdings selbst nach fast drei Monaten in Stuttgart immer noch nicht fit ist (Ewerthon).

Auf das Feld schickte Trainer Armin Veh Silvio Meißner, der ein Jahr zuvor wegen Überforderung nach Kaiserslautern in die zweite Liga verliehen wurde. Alexander Farnerud wechselte seine Position auf die weitest mögliche Art: In Hamburg hatte er noch links hinten verteidigt, gegen Lyon stürmte er rechts vorne.

Doch diese Mannschaft sollte dem Deutschen Meister die letzte Chance erhalten, auch im Frühjahr noch in der Champions League spielen zu dürfen. Oder zumindest die Aussicht zu erhalten, im Frühjahr noch mittels Uefa-Cup an Europas Fußball teilzuhaben. Für Letzteres darf der VfB nicht Letzter werden in der Gruppe E, und nach zwei Niederlagen gegen Glasgow und Barcelona sollte nun wenigstens zu Hause Lyon geschlagen werden. Schließlich hatten auch die Franzosen ihre beiden ersten Partien verloren.

"Wenn wir gegen Lyon gewinnen, ist wieder alles offen", hatten sich so ziemlich alle Stuttgarter zuletzt Mut gemacht. Doch während der französische Serienmeister nach vielen Abgängen und schleppendem Saisonbeginn zuletzt sechs von sieben Spiele gewonnen hatte, befand sich Stuttgart in einer tiefen Krise. Insofern bot der Spielverlauf zunächst einige Überraschungen.

Im atemberaubenden Tempo nach vorne

Statt den verunsicherten Gegner zu attackieren, stellte sich Olympique Lyon tief in die eigene Hälfte und versuchte sein Glück über schnelle Kontergegenstöße. Und so stellten die heimischen Zuschauer in einigen Szenen verblüfft fest, dass ihre Mannschaft durchaus noch schnell durch das Mittelfeld kombinieren kann. Vor allem der gerade genesene Yildiray Bastürk brachte Ballsicherheit in das Stuttgarter Spiel. Für den letzten, entscheidenden Pass allerdings reichte es nicht. Die schönen spielerischen Ansätze mündeten kaum in Torchancen.

Ganz anders Lyon. Die Franzosen hatten zwar selten den Ball, aber wenn, dann ging es in einem atemberaubenden Tempo nach vorne. Anthony Reveillere (13.), Karim Benzema (40.) und Sidney Gouvou (45.) hatten nur noch den VfB-Torwart vor sich, und die Stuttgarter konnten sich in der Halbzeit beglückwünschen, dass der immer noch Raphael Schäfer hieß, obwohl der Zugang aus Nürnberg zuletzt als Sicherheitsrisiko galt. Diesmal reagierte Schäfer dreimal prächtig, allein gegen den Kopfball von Anderson hätte er keine Chance gehabt. Doch der strich einen halben Meter vorbei (19.).

Zehn Minuten nach der Pause nutzte Lyon dann die nächste Chance. Nach einem Eckball nutzte Fabio Santos den zweiten Nachschuss zum 1:0. Die Hoffnung, dass sich die Stuttgarter nun kraftvoll gegen die Niederlage stemmen würden, war nach den letzten Erfahrungen gering. Auch die zunehmende Stille unter den Zuschauern verriet den Zweifel.

Die 19-jährige Stürmerhoffnung Benzema entschied das Spiel.

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