7:0 gegen Donezk:Pep-Fußball gegen eine Horde Halbwüchsiger

FC Bayern Muenchen v FC Shakhtar Donetsk - UEFA Champions League Round of 16

Obenauf: Bayerns Rafinha springt höher als Donzeks Douglas Costa

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern nutzt das Spiel gegen ein chancenloses Team aus Donezk als Trainingseinheit in Sachen Guardiola-Fußball.
  • Der Trainer muss sich dennoch verteidigen.
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Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Natürlich war die Frage provokant, also spitzte der Trainer des FC Bayern die Ohren und schaute missmutig in die Runde. Herr Guardiola, glauben Sie immer noch, dass Schachtjor Donezk in der Bundesliga um die Meisterschaft mitspielen könnte, wollte ein Reporter wissen. Pressekonferenzen nach Fußballspielen sind aus Sicht von Pep Guardiola extrem lästige Angelegenheiten, was vor allem an solchen Fragen liegt. Immer will irgendjemand irgendwelche Antworten. Aber was sollte er machen?

Er musste sich verteidigen, schließlich hatte er vor dem 7:0 (2:0) im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals genau das behauptet: Der ukrainische Meister wäre in Deutschland ein Titelkandidat. "Ich kenne Schachtjor tausendmillionen Mal besser als Sie", entgegnete Guardiola energisch, "und ich sage Ihnen auch heute: Sie würden in der Bundesliga um den Titel kämpfen." Der Gegner sei zuletzt in der dreimonatigen Winterpause der ukrainischen Liga etwas eingerostet und überhaupt: "Ich habe mehr Informationen als Journalisten."

Da wird dem Katalanen kaum jemand widersprechen - und trotzdem waberte die Debatte durch den Raum, wie gut eigentlich eine Mannschaft sei, die in München so chancenlos war wie eine Horde Halbwüchsiger oder der HSV. Um eine sachliche Antwort zu geben: Schachtjor Donezk gelang an diesem Abend, an dem erstmals im Europapokal 70 000 Zuschauer ins Münchner Stadion pilgerten, überhaupt nichts. Und dem FC Bayern gelang nahezu alles. Dass Guardiola sich das triumphale Erreichen des Viertelfinals nicht schlecht reden lassen wollte, dafür war Verständnis angebracht.

Er selbst hatte "ein sehr gutes Spiel gesehen", das seine Mannschaft "voll dominiert" habe. Auch da würden ihm vermutlich 69 998 Stadionbesucher Recht geben. Erstmals seit langer Zeit zelebrierten die Bayern wieder richtigen Pep-Fußball: Den Gegner einschnüren, flinkes Rochieren, Pässe, die Welten öffnen. Schon die Aufstellung unterstrich dieses Vorhaben. Kaum Absicherung, dafür ein Maximum an Angriffswirbel - mit Mario Götze, Franck Ribéry, Thomas Müller, Robert Lewandowski und Arjen Robben als Sturmfraktion und Bastian Schweinsteiger als alleinigem Triebwerk. Deutliche Ansage: Guardiola pfiff aufs Verteidigen. Und Schiedsrichter William Collum pfiff nach gerade mal drei Minuten einen Elfmeter, der die Partie nachhaltig beeinflussen sollte.

Ein Spektakel, das man auf diesem Niveau selten erlebt hat

Götze war nach einer feinen Tiki-Taka-Folge über Robben im Sechzehner über das Bein des Donezkers Oleksandr Kucher gefallen, der Ukrainer flog mit Rot vom Platz. Eine strittige Entscheidung, schließlich war der Strafraum durchaus noch von weiteren Beteiligten bevölkert. Müller nutzte das frühe Geschenk zum 1:0 (4. Minute) - und damit war die Partie im Grunde gelaufen. Holger Badstuber analysierte treffend: "Das Foul, das Tor und der Platzverweis haben uns natürlich voll in die Karten gespielt. Dann haben wir das eiskalt ausgenutzt." Es störte auch nicht, dass Robben nach nur 19 Minuten mit einem eingeklemmten Nerv in die Kabine musste (wohl nichts Schlimmes).

Es folgte eine Demonstration, ein Spektakel, ein Rausch jener Sorte, wie man ihn auf diesem Niveau bisher nur einmal erlebt hatte: Beim 7:0 der Münchner gegen den FC Basel im Achtelfinale des Jahres 2012. Diesmal lief es, um es kurz zu machen, so: 2:0, Abstauber Jerome Boateng (34.), der zuvor gefühlte fünf Minuten im gegnerischen Strafraum herumtollen durfte. 3:0 Ribery (49.) nach einer Bazi-Kombination mit David Alaba. 4:0, Müller-Rebound nach einem Abpraller (52.). 5:0 Badstuber nach Zuckerlflanke von Rafinha (63.). Wo waren wir? Ach ja: 6:0, Lewandowski auf Präzisionspass von Schweinsteiger. 7:0, Götze nach Wackelnummer gegen die arme Donezker Defensive - es hätte auch 12:0 ausgehen können. Ohne Schmarrn. Und ohne Ribery, der nach eine Stunde mit Problemen am Sprunggelenk raus musste (wohl auch nichts Schlimmes).

Der frühe Platzverweis hatte den Mauer -und Konterplan der Ukrainer derart torpediert, dass von einem ernsthaften Fußballspiel kaum noch die Rede sein konnte. Aber sieben Treffer und eine solch erdrückende Dominanz muss man trotzdem erst mal hinbekommen. "Durch das frühe Tor war die Sache schnell klar", resümierte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, "die Mannschaft hat das sehr seriös gemacht." So nutzten die Münchner diesen vergnüglichen Abend, um mit einer "superrunden Mannschaftsleistung" (Müller) eine deftige Ansage nach Europa zu schicken: Von allen möglichen Viertelfinalisten der Champions League sind die Bayern derzeit der wuchtigste.

Und von allen Achtelfinalisten war Donezk wohl der schwächste.

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