Gedopter Japaner bei Olympia:"Ich habe niemals Doping beabsichtigt"

Gedopter Japaner bei Olympia: Kei Saito (hier vorne im Bild) ist der erste Dopingfall bei Olympia 2018.

Kei Saito (hier vorne im Bild) ist der erste Dopingfall bei Olympia 2018.

(Foto: AP)
  • Im Shorttrack fliegt bei Olympia ein gedopter Japaner auf - er behauptet, dass er seine Unschuld beweisen will. Aber erst nach den Spielen.
  • Unterdessen ist nicht klar, ob das Testsystem gegen Doping wirklich funktioniert.

Von Johannes Aumüller, Pyeongchang

Keine halbe Woche hat es gedauert, da hatten die Spiele von Pyeongchang ihren ersten offiziellen Dopingfall. Ein Japaner namens Ken Saito war es, ein begabter Shorttracker, 21 Jahre alt, der vor ein paar Jahren die Bronzemedaille bei der Junioren-WM gewonnen hat und in Südkorea als Ersatzmann für die 5000-Meter-Staffel vorgesehen war. Doch am Dienstagvormittag endete sein Aufenthalt bei den Spielen rapide, als der Sportgerichtshof Cas über einen positiven Test auf Acetazolamid informierte. Das ist ein Mittel, das unter anderem die Lungenfunktion verbessert - aber es kann auch zur Maskierung anderer verbotener Mittel dienen.

Saito reagierte so, wie schon so viele andere Sportler nach einer Positivprobe reagierten. "Ich bin überrascht und bestürzt. Das ist unerklärlich", teilte er mit: "Ich habe niemals Doping beabsichtigt. Ich habe das japanische Anti-Doping-Seminar besucht und alle Anweisungen befolgt."

Noch bei einer Kontrolle in Japan Ende Januar sei er negativ gewesen, teilte sein nationales Komitee mit. Irgendwie müsse das Mittel unbeabsichtigt in den Körper gelangt sein. Aber gegen die Bestrafung vorgehen wollte Saito auch nicht. Er wolle den Rest des Teams in Ruhe weitermachen lassen. Seine ältere Schwester Hitomi tritt in Pyeongchang auch noch im Shorttrack an, mit der 3000-Meter-Staffel. Aber später werde er versuchen, seine Unschuld zu beweisen, sagte Saito.

Der Acetazolamid-Befund eines Ersatz-Staffelmannes im Shorttrack dürfte nicht das größte Problem in der Integritätsfrage dieser Tage sein. Schon bei den vergangenen Winterspielen waren während der Wettkämpfe nur überschaubare Verstöße zu Tage getreten. In Vancouver 2010 waren zwei Eishockey-Spieler positiv auf Stimulanzien getestet worden; in Sotschi vier Jahre später wiederum war das bei einem halben Dutzend Sportler der Fall, unter anderem bei Evi Sachenbacher-Stehle, der deutschen Biathletin. Dazu kam jeweils ein Befund auf Epo, dem Klassiker des Blutdopings. Die Verantwortlichen werteten solche Bilanzen stets als Erfolg.

Wie groß die Manipulation in Sotschi tatsächlich war, offenbarten erst in den Jahren danach Kronzeugen und Recherchen, bis das staatlich orchestrierte Dopingsystem von Olympia-Veranstalter Russland offengelegt war. Aber auch wenn gerade kein geheimdienstlich unterstütztes Programm (beim Austausch der Urin-Proben durch ein Loch in der Labor-Wand, wie es in Sotschi geschah) zur Verfügung steht, ist es eher unwahrscheinlich, dass clevere Doper direkt bei den Spielen ertappt werden. Mittel wie Epo kursieren in Dutzenden von Variationen und werden zudem in solchen Mini-Dosierungen eingenommen, dass am nächsten Morgen schon nichts mehr nachweisbar ist, wenn der Kontrolleur an der Tür klingelt.

Betrogen wird meist vorher

Zudem findet der Betrug meist nicht unmittelbar beim Wettkampf statt, sondern in der Vorbereitungsphase. Dies erweist sich 2018 als Problem. Denn die Integrität des Testsystems steht in Zweifel. Zwar verweisen das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die für die Kontrollen zuständigen Institutionen stets auf mehr als 16 000 vorolympische Tests sowie 2500 weitere Tests während der Spiele. Aber Experten sind skeptisch, was genau das bedeuten soll.

"Wir hören jetzt sehr viele Zahlen, aber mir fehlt die Transparenz", sagt Andrea Gotzmann, die Chefin der nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) in Deutschland: "Wir haben überhaupt keine Aufteilung nach Trainings- und Wettkampfkontrollen in diesem ganzen System. Das lässt mich die ganze Sache kritisch sehen." Ihr österreichischer Kollege Michael Cepic assistiert: Ihm fehle die Kompetenz bei der sogenannten Pre-Games-Taskforce, die für die Koordination der Tests in der Vorbereitung zuständig war.

Bis zu 20 Prozent der Flaschen offenbaren Mängel bei Labortests, heißt es

Zudem ist die Frage, wie aussagekräftig und sportrechtlich verwertbar die in dieser Zeit genommenen Proben waren. Denn im September 2017 kam ein neues Flaschenmodell für die Aufbewahrung von Dopingproben auf den Markt, Produktname "Geneve". Im Januar stellte sich jedoch heraus, dass dieses Modell Sicherheitsmängel hatte und manipulationsanfällig war: Es ließ sich öffnen und wieder schließen, ohne dass dies Spuren hinterlassen hätte. Zirka 15 bis 20 Prozent der Flaschen, heißt es, würden bei Labortests solche Mängel offenbaren. Anfang Februar empfahl die Wada, sie nicht mehr zu benutzen, sondern auf ein Vorgängermodell zurückzugreifen.

Bei vielen der vorolympischen Proben war die Geneve-Flasche jedoch zum Einsatz gekommen. Bei wie vielen, ist unklar. Etwaige Positivtests, die in einem solchen Behälter aufbewahrt wurden, wären wertlos. Die Wada teilte zum Start der Spiele mit, sie wisse nicht, ob es bei Proben aus Geneve-Flaschen einen Positivbefund gegeben habe.

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