Gastspiel der Dallas Mavericks in Berlin:Kurz vor Augenhöhe

Die NBA verliert an Überlegenheit: Das Testspiel der Dallas Mavericks beim BBL-Klub Alba Berlin hat gezeigt, dass sich die amerikanischen Profis mittlerweile mehr mühen müssen gegen die europäische Konkurrenz - und auch die Ikonen ihrer Sportart nicht unfehlbar sind.

Joachim Mölter

Die 14 500 Zuschauer in der Arena am Berliner Ostbahnhof raunten ehrfurchtsvoll "ooooohhh" und "aaaaahhh", jedes Mal, wenn ein Basketballer der Dallas Mavericks auf den Korb zugeflogen kam und den Ball mit Wucht durch den Ring stopfte. Mit jedem dieser sogenannten Dunkings wurden die Zuschauer lauter, sie kamen gar nicht mehr aus den "ooooohhhs" und "aaaaahhhs" heraus, dabei hatte die Partie zwischen dem NBA-Champion von 2011 und dem achtmaligen deutschen Meister Alba Berlin noch gar nicht begonnen an diesem Samstagabend - die Mavericks wärmten sich gerade erst auf, kein Berliner störte ihre Show.

Alba Berlin v Dallas Mavericks - NBA Europe Tour

Das Durchkommen wird schwerer: Dirk Nowitzki (rechts) wird von Berlins Deon Thompson attackiert. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kurz vor der Halbzeit hatte dann Dirk Nowitzki, der Würzburger in Diensten von Dallas, bei einem Konter die Gelegenheit, mit einem Dunk zu punkten - aber da knallte er den Ball nur an den Ring, von wo aus er im hohen Bogen zurück ins Feld flog. Nun staunten die 14 500 Zuschauer erst recht: "Oh!"

Die NBA hat ja immer noch den Ruf der besten Basketball-Liga der Welt, doch am Wochenende war zu sehen, dass ihre Profis auch nicht unfehlbar und nicht unbesiegbar sind. Die Liga hat zu Werbezwecken zwei Teams während der Saisonvorbereitung nach Europa geschickt, außer den Mavericks noch die Boston Celtics. Und die, immerhin Rekordmeister der NBA, verloren am Freitagabend 91:97 bei Fenerbahce Istanbul. Tags darauf schrammten die Mavericks knapp an einer Niederlage vorbei, sie sicherten ihren 89:84 (43:39)-Sieg in letzter Minute. Center Chris Kaman, Regisseur Darren Collison und Routinier Vince Clarke steuerten je 14 Punkte dazu bei.

Die Zeiten sind vorbei, in denen NBA-Teams bei Testspielen die europäischen Vereine vorführen wie die Showtruppe der Harlem Globetrotters ihre bemitleidenswerten Sparringspartner von den Washington Generals. Nun sollte man aber auch nicht glauben, die hiesigen Spitzenklubs seien bereits auf Augenhöhe mit ihren amerikanischen Kollegen - dazu ist das Ausgangsniveau bei solchen Vergleichen zu unterschiedlich.

In der NBA wird ja nach etwas anderen Regeln gespielt als im Rest der Welt, und für die Treffen der Klubs einigt man sich auf einen Kompromiss, der für gewöhnlich nicht zum Nachteil der NBA-Profis ausfällt: Die Partien dauern so lange wie in Nordamerika - 48 Minuten und damit acht länger als in Europa; die Drei-Punkte-Linie wird von der NBA gezogen und ist einen halben Meter weiter vom Korb entfernt, 7,24 Meter anstelle von 6,75; und gespielt wird mit den Bällen, welche in der NBA verwendet werden. "Da hatte man einen ganz anderen Grip", fand Berlins Spielmacher Heiko Schaffartzik.

"Eine peinliche Aktion"

Auch solche Kleinigkeiten mögen verhindert haben, dass Alba das erste Duell eines deutschen Teams mit einem aus der NBA gewann. Die Gastgeber gestalteten die Partie nämlich so ausgeglichen, dass Mavericks-Coach Rick Carlisle lobte: "Sie waren sehr gut eingestellt." Nur bei den Würfen aus der ungewohnten Distanz, bei denen zudem viel Fingerspitzengefühl gefragt ist, gelang den Berlinern wenig - da trafen sie bloß bei vier von 23 Versuchen. Ihr Coach Sasa Obradovic relativierte das Lob seines Kollegen jedenfalls umgehend: "Man sollte diese Partie nicht überbewerten. Wir sind schon in unserem Spielrhythmus, und sie haben gerade mit der Saisonvorbereitung angefangen."

Alba Berlin - Dallas Mavericks

Die beiden Deutschen unter sich: Dirk Nowitzki und Chris Kaman von den Dallas Mavericks beim Gastspiel in Berlin.  

(Foto: dapd)

Die Mavericks trainieren erst seit ein paar Tagen zusammen, und sie müssen acht Neue integrieren im Vergleich zur Vorsaison, eine halbe Mannschaft. Dass das Zusammenspiel haperte, die Abstimmung fehlte, war nicht zu übersehen. Insgesamt verloren die Mavericks den Ball 26 Mal an den Gegner, "eine unannehmbare Zahl", kritisierte Carlisle. Selbst bei simplen Aktionen wie beim Einwurf spielten seine Profis den Berlinern den Ball in die Hände. Dass es den Kollegen aus Boston am Abend vorher ähnlich ergangen war (25 Ballverluste), war kein Trost. Nowitzki bilanzierte: "Wir haben noch viel Arbeit vor uns", bis zum Saisonauftakt in drei Wochen beim Titelfavoriten Los Angeles Lakers.

Dirk Nowitzki nahm sich dabei nicht aus. Ihm gelangen nur acht Punkte, immerhin konnte er über sein Malheur beim Dunk später schmunzeln. "Das war übel", sagte er, "eine peinliche Aktion." Der 34-Jährige führte sie zurück auf "schwere Beine", deretwegen er nicht richtig habe abspringen können, und folgerte: "Ich bin wohl zu alt zum Dunken." Shawn Marion, sein letzter verbliebener Mitstreiter aus dem Meisterteam von 2011, glaubte, Nowitzki habe sich nicht entscheiden können zwischen einem schlichten Korbleger und einem spektakulären Dunk.

Der Würzburger hatte dem Publikum ja etwas bieten wollen beim ersten Gastspiel mit seinen Mavericks in der Heimat. Vor der Partie hatte er sich bei den Zuschauern artig für deren Kommen bedankt und versichert: "Die letzten drei Tage waren für mich unvergesslich." Trotz seines strapaziösen Zeitplans mit PR-Terminen, mit Rummel hier und Trubel da, hatte ihm der Aufenthalt gefallen. Er wäre sogar gern länger geblieben, aber bereits am Sonntag flog das Team weiter zum nächsten Gastspiel, beim FC Barcelona am Dienstag. "Wir hätten schon am vorigen Samstag kommen sollen", resümierte er am Ende des Berlin-Trips: "Dann hätten wir eine ganze Woche trainieren können." Dem Spiel seiner Mannschaft hätte es sicher gut getan.

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