Gareth Bale und Real Madrid:Das Golfbag immer in Griffweite

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Und wenn's mit dem Fußball nicht mehr klappt, kann Gareth Bale immer noch Golfprofi werden: Der Waliser dreht eine Runde.

(Foto: Jeff Thomas/Zuma/Imago)

Auf der Prioritätenliste von Gareth Bale scheint Fußball nicht mehr ganz oben zu stehen. Dennoch gilt es als ausgeschlossen, dass der teuerste Spieler in Madrids Geschichte den Verein vorzeitig verlässt.

Von Javier Cáceres, Madrid/Berlin

Am Mittwochvormittag genoss Zinédine Zidane einen Urlaubstag am Ufer des Mittelmeers. In einem Low-Budget-Café am Yachthafen Ibizas, um genau zu sein, im Kreise enger Vertrauter, die Augen unter einer Baseballkappe und einer Sonnenbrille versteckt. Wer den Trainer von Real Madrid erkannte, hatte keinen Anlass, zu vermuten, dass seine Gedanken um die vergangene Saison kreisten - nicht um den 34. spanischen Meistertitel der Vereinsgeschichte, und erst recht nicht um seine Sorgenkinder: James Rodríguez, der vor gar nicht so langer Zeit als Leihspieler beim FC Bayern beschäftigt war, oder Gareth Bale, den bestbezahlten Spieler seiner Kabine. Wo James und Bale ihren freien Tag genossen, war nicht bekannt.

Bei Gareth Bale aber konnte man begründet vermuten, dass er seine Golfausrüstung in Griffweite hatte. In einem Podcast hatte er im Mai erklärt, dass seine idealen Ferien so aussähen: "Eine Golfreise mit Freunden, die ich bezahle, und danach ein paar Tage Urlaub mit der Familie."

In dieser Saison kam Bale auf 20 Spiele, drei Tore, zwei Vorlagen

Wer weiß, ob man sagen kann, dass das tief blicken lässt. Aber dass Fußball schon lange nicht mehr auf der Prioritätenliste des Walisers steht, darf man als gegeben voraussetzen - und auch als einen der Gründe ansehen, dass die Produktivität von Reals 100-Millionen-Euro-Einkauf des Jahres 2013 ungeahnte Tiefen erreichte. Im bisherigen Saisonverlauf kam Bale auf 20 Spiele, drei Tore und zwei Vorlagen. Keine Woche ist es her, da wurde Zidane auf einer Pressekonferenz mit einer naheliegenden Erkundigung behelligt: Ob es für das Binnenleben des spanischen Rekordmeisters nicht besser wäre, wenn Bale das Weite suche. "Bei meiner Mutter, Macho, was für eine Frage...", stieß Zidane hervor und beteuerte sinngemäß, niemand würde es schaffen, einen Keil zwischen ihn und seine Spieler zu treiben. Das klang bestimmt, fast schon harsch - und war wohl doch nur gut geschauspielert. Zidane und Bale, das ist ein Kapitel, das schon vor langer Zeit geschlossen wurde.

Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass Zidane sagte, Bale sollte Real "besser heute als morgen" verlassen. Der chinesische Erstligist Jiangsu Suning bot dem Briten damals angeblich ein Wochengehalt von rund einer Million Euro. Doch nachdem Real Madrid ein Testspiel gegen den Lokalrivalen Atlético 3:7 verlor, platzte der Deal. Reals Klubchef Florentino Pérez befand, die Schmach sei kein Kontext, um Bale gratis ziehen zu lassen (und James obendrein für kleines Geld zu Atlético).

Schon damals war es kaum möglich, zu verorten, was das Verhältnis zwischen Bale und Zidane zerstört hatte. Dass Bale 2017 beim 4:1-Sieg im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin in Cardiff, der Hauptstadt seiner walisischen Heimat, nur in den Schlussminuten eingewechselt wurde, schmerzte ihn. Aber seine Reservistenrolle war erklärbar, Bale hatte eine Verletzungspause hinter sich. Anders war die Lage im Jahr danach: Bereits im Frühjahr hatte Bale in kleiner Runde geklagt, nicht zu wissen, warum Zidane ihn nicht berücksichtige - und nicht mal mit ihm rede. Das änderte sich auch nicht, nachdem er im Königsklassenfinale von Kiew beim Stand von 1:1 gegen den von Jürgen Klopp trainierten FC Liverpool eingewechselt wurde - und mit zwei Toren das 3:1 herstellte.

Der Traum des Real-Chefs? Kylian Mbappé zu verpflichten

In diesem Jahr wurde der Riss tiefer: Nach der Corona-Pause konnte Bale die besten Fitnesswerte des Kaders vorweisen. Doch beim Neustart gegen Eibar schaffte Bale es nicht in die Startelf, seine Indifferenz stellte er zuletzt unverhohlen zur Schau: In einem Spiel tat er, als würde er ein Nickerchen halten, in einem anderen tat er, als betrachte er das Spiel durch ein Fernglas. Bale wirke "verspielt", urteilte Real Madrids früherer Sportdirektor Jorge Valdano und ließ keinen Zweifel daran, dass er das für unangebracht hielt: "Real Madrid ist eine ernste Angelegenheit." Bei Real zucken sie hilflos mit den Achseln: Sie wissen, es wäre einfacher, einen gestohlenen Picasso auf dem Schwarzmarkt zu verhökern als Bale loszuwerden. Denn Bale verdient auf einem Spitzenniveau.

Seit er 2013 für rund 100 Millionen Euro nach Madrid kam, soll sich Bales Nettojahresgehalt sukzessive auf zuletzt angeblich 17 Millionen Euro erhöht haben - unter anderem, weil sich die Titelprämien konsolidieren, das heißt: am Ende einer Saison auf sein vorheriges Gehalt immer draufgeschlagen werden. Er hat insgesamt vier Champions-League-Titel geholt - der zweite spanische Meistertitel seiner Karriere bringt ihm angeblich einen weiteren, siebenstelligen Gehaltszuwachs ein. Da versteht man auch etwas besser, dass Bales Berater Jonathan Barnett der BBC berichtete, man müsse sich um seinen Klienten keine Sorgen machen. "Gareth geht es gut, er hat noch zwei Jahre Vertrag. Er lebt gerne in Madrid und wird nirgendwo hingehen", sagte er. Die mögliche Sorge Bales, im kommenden Jahr bei der pandemiebedingt verschobenen Europameisterschaft für Wales ohne Spielpraxis antreten zu müssen, soll sich in engen Grenzen halten.

Für Real Madrid wiederum ist die Lage misslich. Einerseits gilt der Transfer von Bale als abgeschrieben, er reißt also (wie James) keine bilanziellen Löcher. Das Geld, das er verdient, fehlt dennoch an anderer Stelle. Dass Reals Präsident Pérez vor wenigen Tagen sagte, es werde "in diesem Sommer keine großen Transfers" geben, hat seinen Grund auch in den laufenden Kosten. Der jüngste, große Traum von Pérez ist es, Frankreichs Wunderstürmer Kylian Mbappé von Paris St.-Germain zu verpflichten, "das kann warten", sagte der Real-Chef. Mbappé selbst meldete sich am Dienstag zu Wort, er werde "in der nächsten Saison" bei PSG bleiben. Mittelfristig bleibt Real also eine Option - womöglich sogar an der Seite von Bale. Wenn der Waliser denn wirklich Fußballer bleiben möchte. In Madrid hört man schon länger Zweifel: Sein wahres Ziel soll sein, Golf zu spielen - auf Profiniveau.

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