Süddeutsche Zeitung

Gabriela Sabatini:Inneres Strahlen

Die frühere Grand-Slam-Siegerin wird bei den French Open geehrt - einer ihrer seltenen öffentlichen Auftritte.

Von Gerald Kleffmann

Es war nicht ganz leicht für sie, über die Treppen hinunter in den Presseraum zu gelangen, ein Gruß links, ein Gruß rechts, es war schon eine Weile her, dass Gabriela Sabatini vorbeigeschaut hatte in Paris. Blaues Jackett, Jeans, Bluse, schwarze Mähne, sie sah bis auf sanfte Fältchen aus wie in den Achtziger- und Neunzigerjahren des vergangenen Jahrtausends, als die Argentinierin eine der großen Spielerinnen war. Später sollte natürlich die Sprache auf Stefanie Graf kommen, ihre Rivalin, Kollegin, gute Freundin seitdem. 1988, in Grafs unvergleichlichem Jahr, als sie alle vier Grand Slams gewann plus Olympiagold, war es Sabatini, mit der die Deutsche auch im Doppel in Wimbledon siegte. "Sie ist eine tolle Person", sagte Sabatini, "sie muss mir sagen, wie es sich anfühlt, 50 zu werden." Sie lächelte, wie jemand, der von innen strahlt. Am 14. Juni feiert Graf, gegen die sie 40 Mal spielte (und elfmal gewann), ihren runden Geburtstag. Sabatini ist im Mai 2020 dran.

Wie Graf hat sie sich für ein weniger öffentliches Leben entschieden, im Gegensatz zu vielen ehemaligen Champions, die auf der Anlage von Roland Garros um jede Ecke biegen, weil alle Jobs haben, beim Fernsehen, als Trainer, als Teilnehmer am Legenden-Turnier der French Open. Sabatini lebt in der Schweiz, sie hatte es daher nicht weit, um den Philippe-Chatrier-Award am Dienstagabend entgegenzunehmen, der vom Tennisweltverband ITF für besondere Verdienste vergeben wird. Sabatini gab ihrem Sport übrigens nicht nur eine spektakuläre einhändige Rückhand, sondern auch den wohl feurigsten Blick (ja, hat sie noch!). Ihren wichtigsten Erfolg feierte sie 1990, als sie Graf im Finale der US Open bezwang. In Paris erinnerte sie sich auch an ein verpasstes Ziel: 1992 hätte sie bei den French Open mit dem Titelgewinn die Nummer eins der Welt werden können. Sie unterlag Monica Seles. 1996 trat sie zurück, mit 27 Titeln, "ich war sehr müde". Sie war als 14-Jährige auf die Tour gekommen, mit 15 verlor sie im Halbfinale von Paris gegen Chris Evert.

Sabatini hat sich dann aus ihrer Branche zurückgezogen, sich schließlich im Pfäffikon einen Wohnort gesucht, an dem sie "sehr frei leben" kann (wobei sie ab und zu auch in Miami und Buenos Aires ist). Sie tat immer Gutes, sprach aber kaum darüber. Sie spendete, um argentinische Talente zu unterstützen, unterstützte Wohltätigkeitsveranstaltungen. "All diese kleinen Dinge habe ich privat gemacht", erklärte sie, "einfach, weil ich es machen wollte." Um im Tennis eine Aufgabe zu übernehmen, etwa als Coach, habe ihr die Bereitschaft gefehlt, sich jeden Tag einzubringen. Sie genieße es, Hobbys zu pflegen, Rad zu fahren, zu reisen. Sie konnte endlich, nach der Karriere, "entdecken, was ich nie konnte, wenn ich Tennis spielte". Das einzige Geschäft, bei dem sie in Erscheinung tritt, ist ihre Parfümlinie, die sie seit 30 Jahren betreibt. Aber dieses Thema erwähnte sie nur nebenbei.

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SZ vom 05.06.2019
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