Futsal-Spieler Timo Heinze:Auf Umwegen zum Futsal-Pionier

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Futsal spielen andere Länder schon lange auf höchstem Level - der DFB beginnt jetzt damit. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • An diesem Sonntag tritt erstmals eine deutsche Nationalmannschaft in der Fußballvariante "Futsal" an.
  • Ihr oberster Botschafter ist Timo Heinze, der früher für den FC Bayern spielte.

Von Benedikt Warmbrunn

Manche Leidenschaften entdeckt der Zufall, so war das auch bei Timo Heinze. Er studierte im Herbst 2010 im ersten Semester an der Sporthochschule Köln, als ihn Kommilitonen fragten, ob er nicht Zeit und Lust habe, am Wochenende zu einem Futsal-Turnier mitzufahren. Heinze hatte nichts anderes vor, er sagte zu, und so saß er wenige Tage später im Bus, dort las er sich die Regeln der Sportart durch. Heinze wusste, dass Futsal eine Variante des Hallenfußballs ist. Aber was den Spielern erlaubt ist und was nicht (etwa keine Grätschen im Zweikampf), das wusste er nicht.

Was seine Mitspieler nicht wussten: Dass sie gerade mit einem Zugang unterwegs waren, der sich als grandiose Verstärkung herausstellen sollte.

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Beim 3:1 in Augsburg beschleunigen die Bayern in den entscheidenden Momenten ihr Spiel - am Ende gibt es aber erneut ein paar Unachtsamkeiten.

Von Matthias Schmid, Augsburg

Heinze spielte in seiner Kindheit Vereinsfußball, erst für den SV Westerndorf, später für den TSV 1860 Rosenheim. Dort spielte er so gut, dass er als Zwölfjähriger zum FC Bayern wechselte. Am Ende seiner elf Jahre im Verein war er Kapitän der zweiten Mannschaft. Aber all das wussten Heinzes Mitfahrer im Herbst 2010 eben nicht.

An diesem Sonntag (15 Uhr) tritt in Hamburg erstmals eine deutsche Futsal-Nationalmannschaft zu einem Testspiel an, gegen England, und aus Heinze, 30, der 2010 noch ein stiller Mitfahrer war, ist inzwischen das Gesicht einer Sportart geworden, die sich selbst in Deutschland noch einen Wiedererkennungswert erspielt.

Hallenfußball ist in Deutschland vor allem als jener Sport bekannt, zu dem sich ehemalige Profifußballer meist kurz nach Neujahr treffen. Üblicherweise präsentiert das im Fernsehen irgendein Biersponsor, und ganz erschließt sich auch nicht, ob es nun wirklich um Fußball geht oder doch um Bier. Futsal dagegen ist eine eigene Variante des Fußballs, sehr populär in Südamerika und in Spanien, und sie ist zumindest ein bisschen populärer geworden in Deutschland. "Es herrscht gerade Pionierstimmung bei uns", sagt Heinze, "dieses Länderspiel ist ein Riesensignal für die ganze deutsche Szene, nachdem sie sehr, sehr lange unter dem Radar lief."

Heinze, der bei einem Trainingsspiel im April gegen Georgien die Nationalmannschaft als Kapitän in die Halle führte, ist in diesen Tagen auch der oberste deutsche Futsal-Botschafter. Er schwärmt, dass beim Futsal Allrounder gefragt seien, "es bringt nichts, wenn du nur eine Stärke hast". Er schwärmt, dass jeder viele Ballkontakte habe, "du bist permanent in Alarmbereitschaft". Und er schwärmt, dass er im Futsal seine eigenen Fähigkeiten neu kennengelernt habe.

So sei er überrascht, sagt Heinze, dass er beim Futsal "ziemlich torgefährlich" geworden sei; in der vergangenen Saison erzielte er die meisten Tore für seinen Verein, die Panthers Köln. Er gibt aber auch zu, dass er "ein bisschen" an seine Grenzen stoße. Seine Stärke in den Zweikämpfen und im Stellungsspiel geben ihm Sicherheit, er sei aber "weiterhin kein Dribbler". Doch, und das ist vielleicht die größte Freude für Heinze am Futsal: Es stört ihn nicht.

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Der Nationalspieler trifft doppelt für ManCity - und erspart seinem Trainer damit weitere Debatten. Ronaldo schafft in Spanien Erstaunliches. Bayern-Gegner Eindhoven ist gut drauf.

2012 veröffentlichte Heinze das Buch "Nachspielzeit - Eine unvollendete Fußballkarriere", in dem er darüber nachdenkt, warum er nicht Profifußballer wurde. Es geht darin um ein mitunter gnadenloses Geschäft und darum, wie er, Heinze, darin vergeblich seinen Platz sucht. Dass er erst beim Futsal die Freude am Spiel gefunden hat, dem widerspricht Heinze allerdings entschieden: "Auch früher ging es um Emotionen." Seine Karriere im Futsal geht er aber genau so nicht an: als Karriere. "War ich früher gut, habe ich von den Profis geträumt. War ich nicht so gut, hat sich das gleich ganz schlimm angefühlt."

Nun ist ihm wichtig, dass er eine Leidenschaft gefunden hat, die er gut mit seinem Psychologie-Studium kombinieren kann. Es freut ihn, dass er der Futsal-Nationalmannschaft auf den ersten Schritten helfen kann, die großen Träume hat er nicht. Sollte das Team bei der EM-Qualifikation im nächsten Jahr die erste Runde überstehen, sagt Heinze, "wäre das schon ein Riesenerfolg", auch für ihn. Dennoch ist sein Glück nicht davon abhängig. Heinze ist einfach bloß froh, dass er an jenem Wochenende im Herbst 2010 nichts anderes vorgehabt hatte.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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