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Fußballpolitik:Russlands Wut

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Nach dem Ausschluss aus dem Council des Weltverbandes Fifa gibt sich Funktionär Witali Mutko betont gelassen. Der frühere Fifa-Vizepräsident Wjatscheslaw Koloskow allerdings kritisiert die Entscheidung deutlich.

Es gibt vermutlich wenige Figuren im Weltfußball, auf die die Beschreibung des Strippenziehers so gut passt wie auf Witali Mutko. Dort, wo der russische Vize-Ministerpräsident wirkt, geht es um große Entscheidungen, stets mit dem Segen von Staatspräsident Wladimir Putin. Dass dem 58-Jährigen statt chronischer Doping-Anschuldigungen nun seine Machtfülle zum Verhängnis wird, entbehrt also nicht einer gewissen Ironie.

Mutko darf nicht erneut ins mächtige Council des Weltverbandes Fifa gewählt werden, weil "jegliche Form von politischer Einflussnahme" verhindert werden müsse, teilte die zuständige Prüfungskommission mit. Als russisches Regierungsmitglied könnte Mutko in Interessenkonflikte geraten. Gut ein Jahr vor der WM 2018 verliert der Ausrichter deshalb seinen Sitz im wichtigsten Gremium des Weltfußballs.

"Das ist Unsinn!", sagte der frühere Fifa-Vizepräsident Wjatscheslaw Koloskow der Zeitung Sport-Express: "Am Vorabend der Weltmeisterschaft im eigenen Land haben wir keinen Repräsentanten mehr in der Fifa." Mutko wollte sich eigentlich beim Kongress der Europäischen Fußball-Union Uefa am 5. April in Helsinki im Amt bestätigen lassen. Er war einer von fünf Kandidaten für vier Plätze im Fifa-Rat; 2009 war er erstmals ins damalige Exekutivkomitee gerückt. Mutkos großer Einfluss, vor allem auf die osteuropäischen Uefa-Staaten, hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Sieg geführt. Russland dürfte auch einen großen Anteil daran gehabt haben, dass der bis dato unbekannte Slowene Aleksander Ceferin im vergangenen September zum Präsidenten des Europa-Verbandes gewählt wurde. Und jetzt?

"Sie wollen, dass die Organisation politisch neutral bleibt. Das ist ihr gutes Recht", sagte Mutko der Agentur Tas s, äußerlich gelassen. Seine Ämter als Vorsitzender des russischen Fußballverbandes RFU und des WM-Organisationskomitees behält der 58-Jährige. Zwar hat Mutkos Ausschluss nichts mit den schweren Doping-Anschuldigungen zu tun. Doch die Ethiker der Fifa sind ihm auch hier noch immer auf der Spur. Mutkos Name taucht prominent im McLaren-Report auf, das dem russischen Sport bei Olympia 2014 in Sotschi und darüber hinaus ein institutionell gelenktes Dopingsystem vorwirft; dabei wird auch der Fußball belastet. Mutko streitet alles ab.

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SZ vom 13.03.2017 / sid, SZ
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