Fußball-Zweitligist 1860 München:Klub der Notlösungen

Wegen der wirtschaftlichen Situation müssen die Sechziger Spieler verkaufen, die den Verein eigentlich weiterbringen würden, und stattdessen Lückenfüller unter Vertrag nehmen.

Gerald Kleffmann

Am vergangenen Freitag und Samstag hat 1860 München zwei Testspiele bestritten, beim Kaiserstuhl-Cup in Bahlingen, 20 Kilometer nordwestlich von Freiburg gelegen, handelte sich der Fußball-Zweitligist zwei unerfreulich anmutende Resultate ein. Dem 0:2 gegen den Erstligisten SC Freiburg folgte 20 Stunden später ein 3:1 gegen den Gastgeber, den Bahlinger SC, der in der fünften Liga beheimatet ist. Keine Mut machenden Leistungen waren das, die Reiner Maurer zu sehen bekam, anders als etwa sein Trainerkollege Michael Wiesinger, der sich über den Turniersieg des von ihm betreuten FC Ingolstadt freuen konnte (5:3 im Elfmeterschießen gegen Freiburg; zuvor war kein Tor gefallen).

1860 Muenchen v Borussia Dortmund - Pre-Season Friendly

Eke Uzoma wäre wohl die erste Wahl als Ersatzmann für den Serben Aleksandar Ignjovski, falls dieser 1860 München verlassen sollte.

(Foto: getty)

Maurer gibt das auch unumwunden zu, aber deshalb wird der Trainer der Löwen nicht gleich fahnenflüchtig werden und den in München gerade zurückeroberten Posten hinwerfen. Geduld ist jetzt gefragt, die hat der gebürtige Mindelheimer allemal. Er könnte zwei Stunden am Irschenberg, eingeklemmt zwischen Bayern-Fans, im Stau stecken und würde nicht ausflippen. Das ist schon mal gut zu wissen.

"Breiter Kader mit Optionen"

Denn wie es aussieht, wird es noch eine Weile dauern, bis klar ist, welche Formation die beste für diese Saison sein wird. Die nach Erfolgen dürstenden Löwen-Anhänger dürfte diese Aussicht wurmen, doch so ist die Lage eben. Maurer sagt, dass nach wie vor "einige Positionen offen" seien und dass sich sein Team "Stück für Stück weiterentwickeln" müsse, er will nichts beschönigen. Auch wenn er weiß, dass die Freiburger in Bestbesetzung gegen seine müden Männer angetreten waren, die am Sonntag erst ihren dritten freien Tag innerhalb von sechs Wochen hatten, sieht er mögliche Bruchstellen im Team. "Die Abstimmung zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen hat nicht so funktioniert", erklärt Maurer, der sich zum jetzigen Zeitpunkt immerhin über zwei positive Aspekte freut. "Die Jungs haben einen absoluten Willen, die Bereitschaft zum Kämpfen ist da", sagt er, und: "Wir haben einen breiten Kader mit Optionen."

In der Tat decken mindestens zwei Spieler jede einzelne Position ab, was allerdings auch daran liegt, dass fünf Talente aus dem eigenen Nachwuchs den Kader bisher aufgefüllt haben. Klar ist aber, dass Moritz Leitner, Kevin Volland, Daniel Hofstetter, Christopher Schindler und Markus Ziereis nicht allesamt zu den Profis aufrücken, sondern je nach Bedarf und Form herangezogen werden.

Maurer will sich in den nächsten Tagen mit seinem Assistenten Alexander Schmidt, dem U23-Trainer Bernhard Winkler und dessen Assistenten Klaus Koschlick beraten, welcher der Jungspunde am ehesten schon geeignet ist. Deren Chancen auf baldiges Profitum wiederum hängen nicht nur von der eigenen Leistungsfähigkeit ab, sondern natürlich auch davon, inwieweit sich der Kader durch Weg- und Zugänge verändert.

Nutznießer Aygün

Nach wie vor präsentiert 1860 den Rechtsverteidiger Antonio Rukavina und die Mittelfeldmaus Aleksandar Ignjovski als Verkaufsobjekte, was insofern eigenartig wirkt, weil der Verein mit beiden zufrieden ist und die beiden ihrerseits gerne bleiben würden. "Ich weiß, wie sie denken, aber wir müssen die wirtschaftliche Situation berücksichtigen", sagt Maurer nun. Es ist längst kein Geheimnis: Die Sechziger müssen Spieler verkaufen, sie benötigen Transfererlöse zur Bewältigung ihrer Finanzkrise. Wie leer das Konto ist, wird ersichtlich, wenn man jene zwei Zugänge betrachtet, die laut Maurer so gut wie sicher seien.

Necat Aygün wird wohl einen Einjahresvertrag erhalten, der Abwehrspieler, einst bei 1860 ausgebildet und über Umwege wieder zurückgekehrt, hatte die vergangenen Wochen vertragslos und zur Probe mitgewirkt. Mangels Alternativen darf er bleiben. Wie sehr es sich um eine Notlösung handelt, verdeutlicht auch die Tatsache, dass sich Maurer weiterhin einen kopfballstarken Innenverteidiger wünscht. Djordje Rakic ist ein ähnlich gelagerter Fall, der 24-jährige Stürmer aus Serbien hatte in der vergangenen Saison, als er von RB Salzburg an 1860 ausgeliehen war, in einigen Partien immerhin gute Ansätze gezeigt. Nun kommt er schon in dieser Woche zurück, er dürfte nicht teuer sein. In Salzburg plante man ohne ihn. Mit Rakic eröffnet sich Maurer eine weitere Option, er kann in der Spitze zwischen dem eher lauernd agierenden Benjamin Lauth und dem serbischen Stoßstürmer wählen.

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