Süddeutsche Zeitung

Fußball: WM-Vergabe:"Russland ist vertrauenswürdig"

Die Vergabe der Fußball-WM nach Russland und Katar löst bei den Beteiligten unterschiedlichste Reaktionen aus. Während die Gewinnerländer jubilieren, herrscht in Deutschland eher Skepsis.

im Überblick

Die Vergabe der Fußball-WM nach Russland und Katar löst bei den Beteiligten unterschiedlichste Reaktionen aus. Während die Gewinnerländer jubilieren, herrscht in Deutschland eher Skepsis. Die Reaktionen im Überblick. Fifa-Chef Joseph Blatter: "Wir betreten Neuland, denn die WM war noch nie in Osteuropa und dem Mittleren Osten. Deswegen bin ich ein glücklicher Präsident, wenn wir über den Fortschritt im Fußball reden. Dies ist ein großartiger Tag für den Fußball. Im Fußball kann man nicht nur siegen. Man lernt auch das Verlieren. Das ist eine Lebensschule."

Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin: "Die Entscheidung zeigt, dass Russland vertrauenswürdig ist und sagt viel aus über unsere wirtschaftliche Möglichkeiten und unsere politische Stabilität."

Russlands Finanzminister Alexej Kudrin: "Wir haben einen klaren Plan, es muss an keinem Ende gespart werden."

Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes: "Ich bin sicher, dass Russland eine hervorragende Weltmeisterschaft ausrichten wird. Daran kann kein Zweifel bestehen. Russland hat viel Tradition auch im Fußball. Auch im Vereinsfußball beginnt es wieder anzuknüpfen an Erfolge. Russland hat viele Fußballfans, da sind alle Voraussetzungen da. Die Wahl von Katar ist offensichtlich eine Grundsatzentscheidung. Man hat sich auf der einen Seite mit Russland für ein eher traditonelles Fußball-Land entschieden und auf der anderen Seite den Versuch gemacht, den Fußball in eine Region zu tragen, wo er noch nicht die Präsenz hat, die er in anderen Teilen der Welt hat."

Kevin Kuranyi, ehemaliger Nationalstürmer, jetzt Dynamo Moskau: "Der Fußball selbst ist schon auf einem sehr guten Weg. Die Qualität in der Liga ist gut, und die Spitzenteams schlagen sich auch europaweit bemerkenswert. Was noch ein wenig fehlt, ist ein breiterer Zuspruch in der Bevölkerung und modernere Stadien. Die Weltmeisterschaft wird aber jetzt dafür sorgen, dass tolle neue Arenen entstehen oder die jetzigen Spielstätten restauriert werden. Und es wird in der Bevölkerung große Euphorie auslösen."

Katars Staatsoberhaupt Scheich Mohammed bin Chalifa Al Thani: "Die erste WM auf arabischem Boden wird etwas ganz Besonderes. Der Fußball wird die Kulturen weiter verbinden. Dass wir so eine Veranstaltung organisieren können, haben wir bei den Asien-Spielen 2006 bewiesen. Heute wird gefeiert, ab morgen wird hart gearbeitet. Danke, dass Sie an den Wandel glauben. Das ist ein Meilenstein für den Nahen Osten."

DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Die Entscheidung, die WM 2022 nach Katar zu vergeben, hat mich trotz der Diskussionen und Meldungen der vergangenen Wochen ein wenig überrascht. Ich bin mir sicher, dass die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees alle Bedenken, die es gegen diese Wahl geben kann, bei ihrer Entscheidungsfindung bedacht haben. Ich bin der Meinung, dass ein friedliches Fußballfest einen Beitrag zur politischen Stabilisierung in dieser Region leisten kann. Russland möchte natürlich sehr gerne an die großen fußballerischen Zeiten der Sowjetunion in den 60er- und 70er-Jahren anknüpfen, in der es auch tolle Spiele gegen die deutsche Nationalmannschaft gegeben hat. Für diesen Weg zurück zu alten Erfolgen sind moderne Stadien eine wesentliche Grundlage. Diese werden nunmehr für die WM in acht Jahren gebaut, und deshalb bin ich überzeugt, dass das Turnier dem Fußball in Russland einen großen Schub geben wird."

DFB-Teammanager Oliver Bierhoff: "Grundsätzlich, ob ein Fan nun nach Amerika, Australien oder nach Katar fliegt, da ist es für den europäischen Fan Katar wahrscheinlich noch besser als Australien. Aber ich finde natürlich generell die Stimmung im Land, wo die WM stattfindet, auch sehr wichtig. Insofern betrachte ich Katar nicht als optimale Lösung."

Englands WM-Botschafter David Beckham: "Wir sind enttäuscht, aber wir wünschen Russland und Katar alles Gute. Das sind zwei großartige Länder, die die Fifa stolz machen werden. Es ist natürlich hart, ohne die WM nach Hause zu kommen. Unser Bewerbungsteam hat alles unternommen, was möglich war. Wir hätten keine bessere Bewerbung abgeben können." Prinz William, Präsident des englischen Fußballverbandes FA: "Das ist sehr traurig, ich bin enttäuscht. Mit tut es für die Fans daheim leid. Wir haben alles gemacht, was wir konnten. Wir hatten eine starke Bewerbung, leider hat es nicht geklappt. Die Jungs haben einen fantastischen Job gemacht, ich bin sehr stolz auf sie. Glückwunsch an Russland."

Großbritanniens Premierminister David Cameron: "Das ist sehr enttäuschend. Wir hatten von kommerziellen Aspekten her die beste Bewerbung, unser Land ist eine leidenschaftliche Fußball-Nation. Leider hat das nicht gereicht."

US-Präsident Barack Obama: "Ich denke, dies war die falsche Entscheidung."

Alexi Lalas, einst langbärtiger Verteidiger im US-Nationalteam: "Das ist eine politische Verrücktheit. Wenn Katar es nicht kann, kommt die WM doch noch zu Recht in die USA. Sepp Blatter ist einfach kein Fan der USA."

Spaniens Nationaltrainer Vicente del Bosque: "Vielleicht wollten die Mitglieder des Exekutivkomitees dem Fußball neue Welten erschließen und ihn in neue Länder bringen - wirtschaftsstarke Länder, die Geld haben."

Belgiens WM-Botschafter Jean-Marie Pfaff: "Wir haben alles gegeben, im Rahmen unserer Möglichkeiten. Bei vier Bewerbungen war es klar, dass es drei Verlierer geben wird. Wir können stolz sein auf das, was wir geleistet haben."

Australiens Premierministerin Julie Gillard: "Australien hat die bestmögliche Bewerbung abgegeben. Jeder Beteiligte darf sehr stolz auf seine Leistung sein. Auch wenn das Land jetzt enttäuscht ist, wird es doch ein begeisterter und aktiver Unterstützer der Fußball-Welmeisterschaften bleiben."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1031432
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/sid/dpa/jbe
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.