Fußball-WM:Überraschender Einsatz des Videobeweises

Denmark v Australia: Group C - 2018 FIFA World Cup Russia

Jetzt schon eine ikonische Geste - das Videobeweiszeichen.

(Foto: Getty Images)
  • Australien und Dänemark trennen sich in ihrem zweiten Vorrundenspiel mit 1:1.
  • Die Dänen gehen schon nach sieben Minuten durch Christian Eriksen in Führung und bleiben in der ersten Hälfte am Drücker.
  • Nach dem Anschlusstreffer durch Handelfmeter per Videoentscheid in der 38. Minute kommen die Australier aber besser ins Spiel und sind auch im zweiten Durchgang die überlegene Mannschaft.

Von Johannes Aumüller, Samara

Auf einmal herrschte Aufregung im Stadion von Samara. Eigentlich war der Ball gerade in einer relativ gefahrlosen Umgebung unterwegs, aber plötzlich pfiff der Schiedsrichter Antonio Mateu Lahoz. Er trabte zur Seitenlinie und schaute sich auf Hinweis seines Video-Assistenten noch einmal eine Szene an, die sich kurz zuvor abgespielt hatte. Dann pfiff er noch einmal und entschied: Strafstoß für Australien. Mile Jedinak lief an und traf, und damit war nach dem frühen Rückstand (Christian Eriksen, 7.) in dieser 38. Minute der Ausgleich hergestellt. Und bei diesem 1:1 (1:1) blieb es dann bis zum Ende des Spiels.

Das Ergebnis war in dieser Form nicht unverdient, Australien war mindestens ebenbürtig. Aber der Videobeweis spielte dabei eine wichtige Rolle, und das war in dieser Form überraschend. Er soll bei der WM nur bei klaren Fehlentscheidungen zum Einsatz kommen, bisher waren die Unparteiischen dieser Linie auch gefolgt. Dann gab es diese Szene zu beurteilen, in der Dänemarks Yussuf Poulsen der Ball im Strafraum an den Arm gegangen war, angeköpfelt vom Gegenspieler, aus kurzer Distanz, aber der Arm über den Kopf gestreckt. Nun hat sich die Auslegung der Handspielregel längst zu einer umstrittenen Spezialwissenschaft entwickelt, und wahrscheinlich hätte bei einer Ur-Abstimmung zum Thema eine Mehrheit für Elfmeter votiert. Aber ein Nicht-Ahnden dieser Szene als "klaren Fehler" zu klassifizieren, schien in jedem Fall schwer; und so war es überraschend, dass Spezialwissenschaftler Mateu Lahoz auf Elfmeter entschied. Entsprechend irritiert zeigten sich die Protagonisten. "Jeder redet über den Video-Assistenten, ich will nicht mehr darüber nachdenken", sagte Australiens Trainer Bert van Marwijk: "Manchmal passiert es, manchmal nicht." Und Dänemarks Angreifer Eriksen gab zu Protokoll: "Seit heute mag ich den Videobeweis nicht mehr."

Die australischen Fans hatten eine spürbare Übermacht in diesem Stadion von Samara, das im April als letzte der elf WM-Arenen fertiggestellt worden war und eine interessante Vorgeschichte hat. Ursprünglich hatte es den Plan gegeben, das neue Stadion direkt an der Wolga zu bauen. Mit dieser Idee war die Stadt ins Bewerbungsverfahren gegangen. Doch irgendwann wurde das gecancelt. Stattdessen liegt das Stadion jetzt ein paar Kilometer nördlich der Stadt, wo es sich wegen einer riesigen Glaskuppel wie ein futuristisches Raumschiff erhebt und den Namen "Kosmos" trägt; beides passend dazu, dass sich Samara schon zu Sowjetzeiten zu einem Standort für Luft- und Raumfahrt entwickelte. Offiziell war der Standortwechsel damit begründet worden, dass es an der Wolga zu teuer sei und nicht zum historischen Zentrum passe. Das dürfte nicht falsch gewesen sein, aber manche nehmen als mindestens ergänzendes Moment die Frage hinzu, wer denn von den Grundstücksdeals rund um den neuen Standort profitiert.

Den Dänen entgleitet die Partie

Auf dem Platz übernahmen zunächst die Dänen. Schon bald gelang das 1:0 durch Eriksen, danach kamen sie zu Chancen durch Pione Sisto und Nicolai Jörgensen. Doch langsam fand Australien besser ins Spiel, und dann kam der Moment, in dem Schiedsrichter Mateu Lahoz Elfmeter gab. Es war das zweite Tor von Australien bei diesem Turnier, das zweite von Jedinak und das zweite, das via Handelfmeter fiel. Den Dänen entglitt danach die Kontrolle, die Australier wirkten bissiger. Dass die Lautstärke im Stadion anhob, sobald sie den Ball eroberten, tat ein Übriges. Doch diverse Distanzschüsse (Aaron Mooy, Tom Rogic) verwandelten sie ebenso wenig wie die letzte Chance durch Daniel Arzani kurz vor Schluss. Für Dänemark hatte Sisto noch eine Gelegenheit. "Meine Spieler waren etwas müde", befand Dänemarks Trainer Are Hareide. Dennoch hat sein Team mit vier Punkten gute Aussichten auf das Achtelfinale. Australien hingegen steht trotz zweier anständiger Leistungen mit nur einem Punkt da. "Bis auf die ersten 15 Minuten haben wir gut gespielt. Wir hätten es verdient gehabt zu gewinnen", fand van Marwijk.

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