Fußball-WM:Türkei gewinnt "Kleines Finale"

Kein Spiel um die "Goldene Ananas", sondern ein "Spiel der Ehre" gab es in der Partie um Platz drei: Am Ende unterlag Südkorea in einer spannenden Begegnung 2:3 im Stadion von Daegu.

Am Anfang stand ein Rekord, am Ende flossen die Tränen in Strömen. Eingeleitet durch den schnellsten Treffer in der 72-jährigen Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft sicherte sich die Türkei durch ein 3:2 (3:1) über Südkorea den prestigeträchtigen dritten Platz bei der WM 2002. Hakan Sükür, genannt der "Bulle vom Bosporus", traf dabei bereits nach 10 Sekunden zum 1:0 und unterbot den 40 Jahre alten Rekord von Vaclav Masek, der bei der WM in Chile den späteren Vizeweltmeister Tschechoslowakei gegen Mexiko (3:1) in Führung geschossen hatte, um fünf Sekunden.

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Südkoreas Coach mit Dank und Abschiedsgedanken

Südkoreas Trainer Guus Hiddink hatte nach dem Schlusspfiff feuchte Augen. Weniger wegen der Niederlage, eher schon wegen des überwältigenden Abschieds, den ihm das Publikum bereitete. Auf den Tribünen hatten die Menschen Tränen in den Augen, als sich der Niederländer vor ihnen verbeugte.

"Ich bin natürlich sehr enttäuscht, dass wir den dritten Platz nicht erreicht haben", sagte der 55-Jährige und dankte allen Südkoreanern "für die unglaubliche Unterstützung meiner Arbeit". Zugleich stellte er klar, dass eine Zukunft als Nationaltrainer führ ihn "nicht wahrscheinlich" sei.

In einer freundschaftlichen Atmosphäre nutzen die Türken, die bei dieser Endrunde nur Rekord-Weltmeister Brasilien in der Vorrunde und im Halbfinale unterlagen, ungewohnte Unsicherheiten in Südkoreas Abwehr gnadenlos aus. Abwehrchef Hong Myung-Bo, der bis dahin eine tadellose WM gespielt hatte, vertändelte nur Sekunden nach dem Anpfiff den Ball, Hakan Sükür ging dazwischen und überwand Torhüter Lee Woon-Jae mit einem Schuss von der Strafraumgrenze. Die weiteren Treffer erzielte der gebürtige Kemptener Ilhan Mansiz im Zusammenspiel mit seinem Mannschaftskapitän (12. und 32.).

"Ein Treffen der Liebenden geben"

Trainer Senol Günes machte noch einmal deutlich, dass der Erfolg seiner Türken "kein Zufall", sondern das Ergebnis gezielter Arbeit gewesen sei - die aber nicht zum Ziel geführt habe. "Wir sind schon sehr glücklich über den dritten Platz, aber wir haben darauf hingearbeitet, Weltmeister zu werden."

Trotz allem erwartet er für sich und seine Mannschaft einen stürmischen Empfang bei der Rückkehr nach Istanbul: "Die Türken lieben diese Mannschaft, und die Spieler lieben diese Anhänger. Bei unserem Empfang zuhause wird es also ein Treffen der Liebenden geben."

Türkischer Keeper mit überzeugender Leistung

Die Südkoreaner, im Halbfinale Deutschland unterlegen (0:1), scheiterten in einer spannenden Partie einmal mehr an ihrer Schwäche im Abschluss. Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch einen eleganten Freistoß von Lee Eul-Yong (9.) vergaben sie viele ihrer zahlreichen glänzenden Möglichkeiten durch mangelnde Zielgenauigkeit, oder aber sie verzweifelten am erneut überragenden Rüstü.

Vor allem beim südkoreanischen Angriffswirbel in der zweiten Halbzeit bestätigte der türkische Torhüter seine bereits gezeigten glänzenden WM-Leistungen. Nur beim späten 2:3 durch Song Chong-Gug (90.) war er machtlos - der Ball war abgefälscht.

Hand in Hand auf die Ehrenrunde

Mit Ausnahme der Gratulationen für WM-Rekordler Hakan Sükür geriet das Spiel selbst schnell in den Hintergrund. Die Spieler der beiden Mannschaften gingen Hand in Hand auf eine Ehrenrunde. Schon vor der Partie hatten die südkoreanischen Zuschauer im ausverkauften Stadion von Daegu (63.483 Zuschauer) die Gäste gefeiert. Unter den Klängen der türkischen Nationalhymne wurde auf den vollbesetzten Rängen auch eine riesige Fahne der Türkei entrollt.

Hintergrund der freundschaftlichen Geste: Die Türkei hatte mit 15.000 Soldaten in den Korea-Krieg eingegriffen. Vor dem Anpfiff hatte es außerdem eine Schweigeminute im Stadion gegeben. Bei einem Schusswechsel zwischen mehreren Schiffen der südkoreanischen sowie der nordkoreanischen Marine am Vormittag waren vier südkoreanische Soldaten getötet worden. Die Streitkräfte waren daraufhin in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Der südkoreanische Staatspräsident Kim Dae-Jung berief den Nationalen Sicherheitsrat ein.

(sueddeutsche.de/sid)

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