Süddeutsche Zeitung

Fußball-WM:Schweden setzt den WM-Trend fort

  • Schweden gewinnt 1:0 gegen die Schweiz und erreicht das Viertelfinale der WM.
  • Leipzigs Emil Forsberg schießt das Tor des Tages.
  • Bei der Partie bestätigt sich ein Trend der WM: Die Mannschaft mit deutlich mehr Ballbesitz scheidet aus.
  • Hier geht es zum Spielplan der WM.

Von Claudio Catuogno, Sankt Petersburg

Überall in der Stadt hat man sie in ihren Trikots gesehen, sie schlenderten über den Newski Prospekt, saßen in den U-Bahn-Waggons, und sie saßen dann auch auf ihren Plätzen im Stadion von St. Petersburg: die deutschen Fans. Auf einen offiziellen Wegweiser der Fifa hatten sie einen ihrer Sticker geklebt ("Gütersloh on Tour"), hinter dem Tor hatten sie ihre Fahne einfach dazu gehängt, zum Schweizerkreuz und zum Schwedenkreuz: Schwarz-rot-gold.

Natürlich waren sie nicht hier, weil sie immer schon mal miterleben wollten, wie Schweden das Viertelfinale einer WM erreicht. Sie hatten halt auf die deutsche Elf als Gruppensieger gewettet und eine Reise an die Newa gebucht, in die nördlichste Millionenstadt der Welt. Es kam dann bekanntlich anders, anstelle der Deutschen trafen die Schweden auf die Schweiz. Aber Anlass, sich deshalb zu langweilen, hatte eigentlich niemand. Zwar war es ein Achtelfinale, in dem beiden Teams auch vieles nicht gelang - oft etwa der entscheidende letzte Pass. Fast immer blieb schon der vorletzte irgendwo hängen. Doch vieles andere beklatschten auch die Menschen in schwarz und weiß. Sie sind inzwischen auch nicht mehr so verwöhnt.

Und am Ende bestätigte sich dann auch in dieser Partie ein Trend der WM: Die Mannschaft mit deutlich mehr Ballbesitz (64 Prozent) schied aus. Und diejenige, die aus dem Umschaltspiel heraus mit Tempo und auch mehr Platz ihre Konter vortrug, ist weiter: Schweden. Ein 1:0 durch die Leipziger Offensivkraft Emil Forsberg genügte den Schweden, um erstmals seit 24 Jahren wieder unter die letzten Acht einer Weltmeisterschaft zu kommen. Einen Elfmeter, den der slowenische Schiedsrichter Damir Skomina den Schweden in der 94. Minute zugesprochen hatte, nahm er in der 96. Minute zu Recht wieder zurück.

Ein Reflex mit Folgen

Ballbesitz gegen Umschaltspiel: Die Schweizer passten sich den Ball von Fuß zu Fuß, die Schweden verschoben taktisch diszipliniert ihre Abwehrreihen wie ein klebriges gelbes Käsefondue. Es gab kaum ein Durchkommen für die Schweizer. In der ersten Halbzeit eigentlich nur einmal: Da hatte Blerim Dzemaili sich im Zusammenspiel mit dem Hoffenheimer Steven Zuber in eine gute Schussposition gebracht, schloss dann aber überhastet ab. Mit zwanzig Stundenkilometern weniger wäre der Ball womöglich zwei Meter tiefer in den Winkel gerauscht (39.).

Auf mehr als eine zwingende Gelegenheit kamen auch die Schweden in den ersten 45. Minuten nicht. Marcus Berg hatte von halbrechts aus etwa zwölf Metern abgezogen, Yann Sommer machte sich länger, als er eigentlich ist, und lenkte den Ball mit den Fingerspitzen noch um den Pfosten.

In der zweiten Halbzeit versuchten die Schweden weiter, durch Seitenwechsel irgendwo eine Lücke in die Schweizer Deckung zu reißen. Und durch eine solche Lücke erzielte Forsberg schließlich das entscheidende Tor (57.). Der Schweizer Verteidiger Manuel Akanji stellte noch seinen Fuß in den Schuss, ein Reflex, aber einer mit Folgen: Statt in die Arme von Yann Sommer flog der Ball in den Winkel.

Die Schweizer Spieler saßen hinterher wie gelähmt auf dem Rasen und auf der Bank: "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir mit dem Erreichen des Achtelfinals nicht zufrieden wären", hatte Trainer Vladimir Petkovic vor dem Spiel klargemacht. Nicht, dass man seit der 1954er-WM im eigenen Land je in einem Viertelfinale gestanden hätte. Aber den kontinuierlichen Aufwärtstrend der letzten 15 Jahre hätten sie nun gerne einmal in Zählbares umgewandelt. Doch nach dem Gegentor wurden die Aktionen immer hektischer.

Es lief bereits die Nachspielzeit, als stattdessen auf der anderen Seite Martin Olsson frei auf Torwart Yann Sommer zulief, ein Schubser von hinten durch Michael Lang, Olsson fiel. Rot für Lang - und Elfmeter. Die Schweden umarmten sich bereits. Dann doch der Videobeweis: Die Berührung hatte vor dem Strafraum stattgefunden. Also Freistoß, der Ball flog drüber, Skomina pfiff ab. Schweizer und Deutsche gingen in ihre Hotels.

Die Schweden sangen noch eine Dreiviertelstunde weiter.

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Quelle:
SZ vom 04.07.2018/chge
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