Fußball: WM-Qualifikation:Fünf Sterne für Klose

Eine Halbzeit lang spielt die deutsche Nationalelf erschreckend schwach - danach kommt sie dank zweier Tore von Miroslav Klose zu einem 4:0 gegen Aserbaidschan.

Am Mittwochvormittag gab der Deutsche Fußball-Bund bekannt, dass er zur WM 2010 nach Südafrika will. Der Verband verkündete, dass er bereits ein WM-Quartier optioniert hat, einen Fünf-Sterne-Palast, 50 Kilometer von Johannesburg entfernt. Am Abend desselben Tages gab dann die höchste Mannschaft des Verbandes bekannt, dass sie ebenfalls nach Südafrika möchte. Mit einem 4:0 (1:0) im Qualifikations-Heimspiel gegen Aserbaidschan unterstrich die DFB-Elf ihre WM-Ambitionen, und es musste niemanden überraschen, dass sie dazu kein Fünf-Sterne-Spiel brauchte.

Fußball: WM-Qualifikation

Joachim Löw war zunächst nicht zufrieden mit dem Auftritt der deutschen Nationalelf.

(Foto: Foto: dpa)

Zu harmlos präsentierte sich in Hannover die Mannschaft von Trainer Berti Vogts, wobei sich die deutsche Elf über weite Strecken der ersten Hälfte Mühe gab, in puncto Harmlosigkeit mitzuhalten. Nach einer munteren zweiten Hälfte wurde es dank zweier Tore des eingewechselten Miroslav Klose doch noch standesgemäß, was die DFB-Elf dem Fünf-Sterne-Palast einen kleinen Schritt näherbrachte. Sie reist nun als Tabellenführer nach Russland, machte allerdings durch Russlands 3:1-Sieg in Wales keinen weiteren Boden gut.

"Wir werden gut vorbereitet nach Russland reisen", versprach Bundestrainer Joachim Löw nach dem Sieg gegen Aserbaidschan. Da war es raus, das Wort "Russland", das von Löw zuletzt auf den Index befördert worden war. Dennoch war das große Gruppenfinale am 10. Oktober auch in Hannover stets präsent, zumal Löw eine Aufstellung wählte, die den Blick nach vorne lenkte. Erneut entschied er sich für das gegen Südafrika erprobte Spielsystem, das den Vorteil hat, für alle Lesarten offen zu sein.

Wer wollte, konnte die am Flügel postierten Bastian Schweinsteiger (rechts) und Lukas Podolski (links) der Stürmerrubrik zuschlagen und somit auf drei Angreifer kommen; mit gleichem Recht ließen sich die Flügelspieler aber auch ins Mittelfeld hineininterpretieren, womit Mario Gomez als einziger Stürmer übrig blieb.

Letztere Lesart ist die, die Richtung Moskau weist: Dort, bei den flinken Russen, wird Löw ein dichtbevölkertes Mittelfeld gut gebrauchen können, weshalb er dieses System schon jetzt unter Wettbewerbsbedingungen üben lässt. Für Tasci, Friedrich, Rolfes und Marin schickte Löw diesmal Mertesacker, Westermann, Hitzlsperger und Podolski ins Rennen, wobei sich Westermanns Nominierung einer Adduktorenzerrung verdankte, die sich Friedrich bei der morgendlichen Trainingseinheit zugezogen hatte.

Das Tor bewachte erneut René Adler, und offen ist, wann das Hannoveraner Publikum den Publikumsliebling Robert Enke wieder zu Gesicht bekommt. Vor dem Spiel kam die Nachricht, dass der Torwart seiner Vereinself auch am Sonntag in Bremen fehlen wird. "Wir wissen noch nicht, was es ist", sagte 96-Manager Jörg Schmadtke über Enkes rätselhafte Erkrankung; mit einer Diagnose sei erst kommende Woche zu rechnen.

Zunächst unterhielt sich das Publikum aber auch ohne den Lokalmatadoren recht gut. Drei gute Chancen häuften die Deutschen in den ersten zehn Minuten an; erst ließ Torwart Agajew einen Linksschuss von Podolski ins Aus rutschen (6.), anschließend tanzte Mesut Özil vier Gegenspieler aus, brachte das Tänzchen aber nicht zu Ende (7.). Und schließlich zischte ein Schweinsteiger-Schuss knapp übers Tor (10.).

Zu diesem Zeitpunkt gab man den überfordert wirkenden Gästen maximal noch fünf Minuten bis zum ersten Gegentor, es dauerte dann nur vier: Nach Doppelpass mit Gomez drang Podolski in den Strafraum ein, wo ihn Abbasow am Fortkommen hinderte. Den fälligen Elfmeter zum 1:0 spendierte sich Michael Ballack aus aktuellem Anlass selbst. Er bestritt sein 95.Länderspiel an jenem Abend und zog mit den DFB-Legenden Sepp Maier und Karl-Heinz Rummenigge gleich.

Nach diesem frühen und doch schon überfälligen Führungstreffer gab man der Vogts-Elf nun vielleicht weitere fünf Minuten bis zum nächsten Gegentor, aber diesmal sollte man sich schwer täuschen. Zwei Minuten später setzte Gomez nochmal einen Flugkopfball an, den Aserbaidschans Keeper Agajew im Fluge über die Latte boxte - zur Freude des aserbaidschanischen Torwarttrainers Uli Stein, der seinem jungen Keeper internationales Format attestiert. Im weiteren Verlauf kam Agajew aber erst mal nicht mehr dazu, Stein Freude zu machen - dafür gelang es den Deutschen, Löw eine Menge Verdruss zu bereiten. Ohne ersichtlichen Grund beendete die DFB-Elf nun dieses Fußballspiel; stattdessen zeigte sie ein merkwürdiges Bewegungsspiel, dessen Regeln offenbar darin bestanden, sich genau dort aufzuhalten, wo der Kollege schon stand.

Zweikämpfe wurden für überflüssig erachtet, die Raumaufteilung geriet komplett durcheinander, das Spiel staute sich im Mittelfeld. Hätte Adler nicht zwei Paraden aneinandergereiht (38., 39.), hätte die berüchtigt torungefährliche Vogts-Elf womöglich sogar ausgeglichen. "Völlig unverständlich, dass wir plötzlich den Faden verloren haben", sagte Kapitän Michael Ballack. "Wir sind nur noch hinterhergelaufen, das war ganz schlecht." Philipp Lahm fand die 25Minuten vor der Pause sogar "ganz, ganz schlecht".

Niemand verstand, was plötzlich in die deutsche Elf gefahren war, aber wenigstens verstand der Bundestrainer, dass es so nicht weitergehen konnte. Zur Pause ersetzte er Gomez und Schäfer durch Miroslav Klose und Andreas Beck - Personalien, die bald Wirkung zeigten. In der 55. Minute wieselte der auf die linke Seite versetzte Philipp Lahm seine neue, alte Flanke hinunter, bog nach innen und passte zu Klose, der Agajew zum Leidwesen Uli Steins zum 2:0 überwand.

Zu diesem Zeitpunkt spielte Deutschland schon in Überzahl; Gäste-Kapitän Abbasow hatte zuvor die gelb-rote Karte gesehen. Nun kamen die Deutschen nicht mehr vom Weg ab, und immer mehr zeigte sich, dass Löw mit seinen Wechseln die richtigen Signale gesetzt hatte: Nach Vorarbeit des eingewechselten Beck schaffte der eingewechselte Klose das 3:0 (66.). Anschließend erhöhte Podolski nach Ballacks Kopfballablage auf 4:0 (71.). Schließlich wurde doch noch ein erwartetes Ergebnis draus, was am Ende einen weiteren Seitenblick ins Geschichtsbuch ermöglichte: Mit seinem 47. Länderspieltor rückte Klose in der ewigen DFB-Torjägerliste auf Rang drei vor - gleichauf mit Rudi Völler und Jürgen Klinsmann.

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