Fußball-WM: Japan - Kamerun:Bereit für die höchsten Ziele

Kameruns Nationalelf blamiert sich beim 0:1 gegen schwache Japaner. Die japanischen Akteure sprechen schon vom Halbfinale.

Beim FC Teutonia in Hamburg-Ottensen sind sie jetzt ziemlich stolz auf den Jungen. Hier ist er groß geworden, hier hat er "auf der Kreuze", wie sie ihren Sportplatz wegen der nahen Kreuzkirche nennen, seine ersten Jugendspiele absolviert: Eric Maxim Choupo-Moting. Sie haben ihn dann aber nicht halten können im kleinen Klub an der Tönsfeldstraße, im Alter von zwölf Jahren zog er weiter zu Altona 93, zum HSV, dann zum 1. FC Nürnberg. Inzwischen ist er 21, und am Montag haben sie ihn mit einigem Erstaunen im Fernsehen entdeckt, beim Vorrundenspiel zwischen Kamerun und Japan. Choupo-Moting spielte als rechter Angreifer, und auf der anderen Seite, linksaußen, spielte: Samuel Eto'o.

WM 2010 - Japan - Kamerun

Freude über den Sieg: Marcus Tulio Tanaka dürfte die dürftige Leistung der Japaner egal sein.

(Foto: dpa)

Ein Hamburger Junge in Kameruns Startelf neben Eto'o, dem Vorzeigefußballer eines ganzen Kontinents: Es sind diese Geschichten, die auf fast rührende Weise illustrieren, wie international der Weltfußball längst ist. Wenn man sie ein bisschen überhöhen will. Wenn man das Ganze nüchterner betrachtet, steht die Personalie auch exemplarisch dafür, dass zuletzt nicht alles optimal gelaufen sein kann in Kameruns Nationalteam.

Denn auch beim SC Weitmar 45 hat man ja mit großen Augen nach Bloemfontein geguckt: Hier, im größten Fußballverein des Bochumer Westens, ist Joel Matip groß geworden, ehe er über den VfL Bochum bei Schalke 04 landete. Matip spielte nun, mit gerade mal 18 Jahren, hinter Choupo-Moting im rechten Mittelfeld. Choupo-Moting? Matip? Da hat man sich nicht nur in Hamburg und Bochum die Augen gerieben, sondern auch zuhause in Yaoundé, Douala und Bamenda, wo man, mit Verlaub, doch ein paar prominentere Zeitgenossen erwartet hatte in der Startformation des Nationaltrainers Paul Le Guen. Alexandre Song zum Beispiel vom FC Arsenal oder Landry N'Guemo von Celtic Glasgow.

Aber der Nürnberger und der Schalker hatten die Trainingseinheiten, so war zu hören, eben mit deutscher Gründlichkeit erledigt, was nicht über den gesamten Kader zu sagen war, und so soll es nicht zuletzt Eto'o persönlich gewesen sein, der sich für die beiden stark gemacht hatte. Sie blieben nicht die einzigen Überraschungen in diesem Vorrundenspiel der Gruppe E: Im Tor präsentierte Le Guen ohne Vorwarnung Hamidou Souleymanou, der sich in der Türkei beim Provinzklub Kayserispor auf den Ruhestand vorbereitet. Und weil auch der japanische Trainer Takeshi Okada eine andere Elf auf den Platz schickte, als von allen Experten erwartet, fragte man sich mit zunehmendem Spielverlauf: War das jetzt ein so furchterregend misslungenes Fußballspiel, weil auf beiden Seiten Kontinuität und Spielverständnis fehlten? Oder wäre es mit dem Stammpersonal etwa noch schlimmer gegangen?

Immerhin: Die Japaner freuten sich über ein schmeichelhaftes 1:0. Keisuke Honda, von Okada überraschend als einzige Spitze aufgeboten, nutzte in der 18. Minute ein Durcheinander in Kameruns Abwehr, aus zwei, drei Metern Entfernung drückte er den Ball über die Linie. Dass sie dieser Sieg nun auf Augenhöhe mit den restlichen Gruppengegnern gehievt hat, den Niederlanden oder auch Dänemark, sollten die Japaner aber besser nicht glauben nach dieser Partie.

Von überlegtem Spielaufbau war auch bei ihnen so wenig zu sehen, dass die Ankündigungen aus der Vorbereitung inzwischen fast lächerlich klingen: Seine Spieler könnten diesmal ins Halbfinale einziehen, hatte Okada ernsthaft angekündigt, und Stürmer Shinji Okazaki fand sogar, Japan sei inzwischen bereit "für die allerhöchsten Ziele". Dass man in der Qualifikation Zweiter geworden war hinter den als stark eingeschätzten Australiern - dieser Umstand hatte bereits nach deren Demontage durch die DFB-Elf für eine Neubewertung im japanischen Lager gesorgt. Und am Spiel gegen Kamerun war nun das einzige Gute: das Ergebnis.

Wobei es an Joel Matip und Eric Maxim Choupo-Moting noch am wenigsten lag, dass sich Kamerun sogar von diletierenden Japanern bezwingen ließ: Sie wurden in ein Team geworfen, das nie seinen Rhythmus fand, dessen Spielaufbau, wenn überhaupt vorhanden, so unpräzise und fantasielos war, dass Paul Le Guen sich fragen lassen muss, wie er derart profilierte Profis aus ganz Europa zu einer solchen Stümpertruppe formen konnte.

Choupo-Moting hatte immerhin zwei nennenswerte Torgelegenheiten: In der 8. Minute stand er hervorragend, brachte aber den Ball nicht unter Kontrolle, in der 49. Minute zirkelte er in Rücklage den Ball über die Latte - und verpasste die Gelegenheit, Eto'os einzige sehenswerte Aktion, ein Dribbling an vier Japanern vorbei, mit einem Tor zu veredeln. Eto'o dürfte sich darüber mehr geärgert haben als Choupo-Moting.

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