Costa Ricas 1:0 gegen Japan:Ein Glückstor als Antwort auf deutsches Hoffen und Bitten

Lesezeit: 2 Min.

Der erste und entscheidende Torschuss von Costa Ricas Nationalteam gegen Japan: Keysher Fuller erzielt das 1:0. (Foto: Giuseppe Cacace/AFP)

Japans Nationalmannschaft dominiert, doch die Partie nimmt eine groteske Wendung: Keysher Fuller setzt den Lucky Punch für Costa Rica - und hält das DFB-Team im Turnier.

Von Holger Gertz, al-Ryyan

Fußball ist ein Spiel für Hoffende und Bittende, wobei es immer ein Alarmzeichen ist, wenn einem nichts mehr bleibt als zu hoffen und zu bitten. Aber es hilft ja nichts, nach der Auftaktniederlage gegen Japan hatte das deutsche Team nur noch wenig in der Hand und blickte ins lauschige Ahmad-bin-Ali-Stadion, wo die Japaner es in ihrem zweiten Gruppenspiel mit Costa Rica zu tun bekamen. Ziel des deutschen Hoffens und Bittens: Japan möge nicht gewinnen, Costa Rica möge um Wiedergutmachung bemüht sein nach der 0:7-Abreibung im ersten Spiel gegen die Spanier.

Es ließ sich nicht besonders an, was die Wahrung deutscher Resthoffnungen anging. Die Japaner gleich mit einer Chance nach einer Ecke, aber bald trat das Spiel in eine Phase der Zähigkeit ein, aus der es bis zur Halbzeit nicht mehr herausfand. Die Japaner stärker, ballsicherer, spielbestimmend - Costa Rica hielt tapfer und auch rustikal dagegen und brachte, wenn es hinten eng wurde, immer noch einen Fuß dazwischen. Nach vorne allerdings lief nichts, eine biedere Mannschaft, die in Minute 35 den ersten eigenen Versuch aufs Tor brachte, aber Joel Campbell schoss weit vorbei. Nur eine Minute Nachspielzeit, mehr Aufschlag musste es für diesen Kick auch wirklich nicht geben.

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In der zweiten Halbzeit fühlte sich dieses WM-Spiel dann an wie ein Duell zwischen Bundesligist und Zweitligist im DFB-Pokal, mit Japan in der Rolle des Bundesligisten, blitzschnell kombinierend, diesmal nicht nachlassend. Der Druck wuchs, und es schien eine Frage der Zeit zu sein, wann Costa Rica ihm nachgeben würde. Um es mit einer dieser herrlichen alten Fußballweisheiten auszudrücken: Das Tor lag in der Luft. Und das sogar permanent.

Gleich in der 46. Minute klärte Costa Ricas Torwart-Legende Keylor Navas, in der 63. Minute setzte Yuki Soma einen Freistoß aus exzellenter Position drüber, sieben Minuten später rettete Francisco Calvo in aller, aller größter Not gegen den eingewechselten Jun'ya Ito, Freistoß für Japan, zentral am Strafraumrand, aber Daichi Kamada setzte den Versuch in die Mauer - aus ihren Standards machten die Japaner viel zu wenig.

Die Japaner sind nach dem Tor spürbar geschockt und spielen nicht mehr strukturiert genug, um konsequent auf den Ausgleich zu gehen

Der Druck blieb trotzdem hoch, Costa Rica hatte außer einer gewissen Abwehrbereitschaft nichts und null anzubieten, aber die nächste herrliche alte Fußballweisheit stand irgendwann im Raum: Wer seine Chancen nicht nutzt, zahlt irgendwann dafür den entsprechenden Preis. Die Deutschen hatten es erlebt und erlitten es im Spiel gegen Japan, und die Japaner bekamen bald Gelegenheit, es nachzufühlen.

81. Minute, Ballverlust der Japaner im Mittelfeld, Yeltsin Tejeda in die Füße von Keysher Fuller, und der zirkelte die Kugel tatsächlich aus 16 Metern ins Tor, 1:0 für Costa Rica. Wenn man sagen würde, es war grotesk, dass das Spiel diese Wendung nahm, würde man die Wahrheit eher noch sanft ummanteln. Es war die allererste Chance der Mittelamerikaner. Davor kam nichts, danach kam auch nichts. Und wenn mal ein Lucky Punch gesetzt wurde, dann hier. Das japanische Publikum saß entsprechend konsterniert im Stadion, selbst die Haare der zum Teil pumucklhaarig kostümierten Asiaten verloren augenblicklich an Spannkraft.

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Danach nochmal Akrobatisches im Strafraum Costa Ricas nach einer Vorarbeit von Kaoru Mitoma, aber Kamada scheiterte an Navas, der packte sich endlich den Ball und hielt ihn fest. Aber, so ein Glückstor dreht auch mental die Verhältnisse - man dachte, das Schicksal war heute im Spiel. Costa Rica jetzt tatsächlich souveräner, Japan nicht mehr strukturiert genug, um konsequent auf den Ausgleich zu gehen. Das Resultat war für sie spürbar ein Schock, wie fahrlässig haben sie ihre Ausgangsposition hergegeben.

Die Deutschen? Auf einmal wieder im Spiel, das Bitten hatte Erstaunliches bewirkt.

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