Megan Rapinoe vor dem WM-Finale:"Es ist eine furchtbare Idee"

Megan Rapinoe vor dem WM-Finale: Fit fürs WM-Finale: Megan Rapinoe.

Fit fürs WM-Finale: Megan Rapinoe.

(Foto: AP)
  • Die USA treffen am Sonntag (Anpfiff 17 Uhr, Liveticker auf SZ.de) im WM-Finale auf die Niederlande.
  • Die US-Kapitänin Megan Rapinoe, die im Halbfinale verletzt ausfiel, meldet sich fit.
  • Sie kritisiert, dass der Weltfußball zwei weitere Endspiele für diesen Tag angesetzt hat.

Von Anna Dreher, Lyon

Am Freitag ist Megan Rapinoe 34 Jahre alt geworden. Sie hat viele Glückwünsche erhalten und, obwohl sie gerade für die USA an der Fußballweltmeisterschaft teilnimmt, auch eine Torte im Mannschaftshotel bekommen. Rapinoe hat das alles sichtlich genossen, konnte sie auch, außer dem Training stand wenig auf dem Programm. Was sie aber am meisten gefreut haben dürfte: Ihre Oberschenkelverletzung, die sie im Halbfinale gegen England zu einer Pause zwang, ist wieder verheilt.

"Zum jetzigen Stand erwarte ich, für morgen bereit zu sein", sagte sie einen Tag vor dem Finale am Sonntag gegen die Niederlande (17 Uhr, ARD) auf der Pressekonferenz im Stade de Lyon, bestens gelaunt. Älter zu werden kann eben auch Vorteile haben, die leichte Verletzung zu überwinden war ja nur eine Frage der Zeit.

Und Rapinoe begann ihr neues Lebensjahr auf jene Art, mit der sie auch bisher aufgefallen ist: als eine Sportlerin, die ihre Stimme wirkungsvoll zur Kritik nutzt und etwas zu sagen hat. Rapinoe ist bekannt dafür, sich gegen Rassismus, Homophobie und Geschlechterdiskriminierung einzusetzen. Einen Tag bevor die Kalifornierin auf dem Podium saß, lieferten ihr der Weltverband Fifa und dessen Präsident Gianni Infantino neuen Stoff. Dass die Fifa am Tag des Frauenfinales auch die Männer-Endspiele um die Copa America und den Golf Cup - ebenfalls mit US-amerikanischer Beteiligung - angesetzt hat, war schon bekannt, wurde nun aber natürlich aktuell.

"Es ist eine furchtbare Idee, alles auf einen Tag zu legen. Am Sonntag findet das Finale der WM statt, das sollte ein sagt-alles-andere-ab-Tag sein", sagte Rapinoe. "Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte. Es ist eigentlich unglaublich und fühlt sich nicht an, als würde die Fifa die Frauen gleichermaßen respektieren."

Vielen ist Rapinoe eine Inspiration

Das Preisgeld für die nächste Frauen-WM 2023 soll auf 60 Millionen Dollar verdoppelt werden. Doch es bleibt nicht nur eine große Diskrepanz zu der kolportierten Prämie von insgesamt 440 Millionen Dollar für die Männer 2022 in Katar - sie wächst mit den neuen Summen auch noch. "Ich verstehe, dass aus verschiedenen Gründen der Männerfußball finanziell fortgeschritten ist. Aber wenn dir wirklich jedes Spiel gleich wichtig ist - lässt du dann den Abstand anwachsen?", fragte Rapinoe. "Die Ressourcen, die Bereitschaft, die Intelligenz und die Leute sind da. Es ist nur die Frage, ob man es wirklich will und ob es einem wichtig genug ist." Dann machte sie eine kurze Pause. "Und wir schaffen es, eine WM in Katar zu ermöglichen. Das zeigt doch, wie wichtig ihnen die Männer-WM ist, wenn man all die Probleme dort betrachtet."

Französin Frappart pfeift WM-Finale

Die französische Schiedsrichterin Stephanie Frappart wird das WM-Finale der Frauen zwischen Titelverteidiger USA und Europameister Niederlande am Sonntag in Lyon leiten. Die 35-Jährige kam bei der WM bisher in drei Partien zum Einsatz, unter anderem beim Viertelfinal-Aus der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden (1:2). "Es ist eine große Ehre, denn ich vertrete alle Schiedsrichter bei dieser Weltmeisterschaft. Es ist unmöglich, meine Emotionen zu beschreiben, denn wir alle arbeiten seit mehreren Jahren darauf hin hierherzukommen, ähnlich wie die Spielerinnen", sagte Frappart. Frappart hat als erste Frau in Frankreich ein Erstligaspiel der Männer geleitet. In der zweitklassigen Ligue 2 ist sie seit 2014 im Einsatz. sid

Eine Pressekonferenz mit Rapinoe ist zu verschiedenen Themen inhaltlich so differenziert und gehaltvoll wie von wenigen anderen Fußballerinnen. Und noch dazu sehr unterhaltsam. Auch unter denjenigen, die mit ihr oder gegen sie spielen, ist die Aussagekraft der Flügelspielerin bekannt, vielen ist sie eine Inspiration - was Rapinoe nur zusätzlich antreibt. "Wir sind Gegner auf dem Platz, aber abseits sind wir alle im gleichen Team, kämpfend für die gleichen Sachen", sagte sie am Samstag. "Das bedeutet mir sehr viel, und auch das ganze Team zieht viel Stolz daraus, dass wir ein Teil dieser unglaublichen Bewegung sein können und Dinge verändern, nicht nur in unserem eigenen Land." All dem kommt eine zusätzliche Bedeutung zu, weil es mit 34 Jahren ihr letzter Auftritt auf dieser großen Bühne sein dürfte. Das trifft auch auf andere Spielerinnen zu.

Nur zweimal kamen die USA ins Stolpern

Es ist erst das zweite WM-Finale nach 2003, als Tina Theunes DFB-Team gegen Marika Domanski-Lyfors' Schwedinnen gewann, in dem zwei Trainerinnen an der Seitenlinie stehen. Insgesamt wurden dieses Jahr neun von 24 Mannschaften von einer Trainerin angeleitet. Und sowohl US-Coach Jill Ellis (WM-Titel 2015) als auch die Niederländerin Sarina Wiegman (EM-Titel 2017) haben gezeigt, dass sie ihre Spielerinnen zu Erfolgen führen können. Mehr Erfahrung haben jedoch zweifelsfrei die USA. Zum dritten Mal in Serie stehen sie im Finale. Zum vierten Mal könnten sie Weltmeister werden und wären nach Deutschland (2003, 2007) die erst zweite Nation, der dann die Verteidigung des Titels bei den Frauen gelungen ist.

Auf dem Weg zu diesem Ziel sind die USA durchmarschiert und kamen nur zwei Mal ins Stolpern: gegen Spanien leicht, gegen England kämpfend. Die elf WM-Siege nacheinander ergeben eine Rekordserie, es deutet viel darauf hin, dass am Sonntag ein zwölfter hinzukommt. "Ich habe so ein gutes Gefühl bei dieser Gruppe, die sich sehr nahesteht. Das hat einen großen Anteil daran, dass sie so stark geworden ist, es bis hier hin zu schaffen", sagte Ellis. "Und was ich so an dieser Gruppe liebe: Alle sind immer noch hungrig." Co-Kapitänin Rapinoe beschrieb ihre Gefühlslage passenderweise wie die eines kleinen Kindes im Süßigkeiten-Laden.

Als Außenseiter haben die Niederlande weniger Druck

Doch so unangefochten die USA letztendlich bei dieser WM gewesen sind, der Respekt für und vor den Niederlanden, die erst zum zweiten Mal an einer Weltmeisterschaft teilnehmen, ist da. "Sie sind Europameister, das ist schwer zu erreichen. Dafür braucht es ein bestimmtes Level an Disziplin, mentaler Stärke", sagte Rapinoe. "Dieses Team ist getestet worden, sie wissen, was es braucht, um einen Titel zu gewinnen - mehr als die anderen Teams, denen wir gegenüberstanden." Der klare Favorit sind dennoch die USA, die bisher sowohl spielerisch als auch physisch und mental überzeugten.

Die Niederlande sehen das jedoch nicht als Nachteil: Der Außenseiter hat schließlich auch weniger Druck und kann überraschen. Dass die Spielerinnen eingespielt sind, haben sie - wenn auch unspektakulärer als die USA - bewiesen. Diejenigen, die vor zwei Jahren im eigenen Land die Europameisterschaft gewannen, stehen auch in Frankreich die meiste Zeit auf dem Platz. Allein dass sie die Chance auf den Titelgewinn bei der WM haben, für die sie sich erst in den Playoffs der Qualifikation qualifizieren konnten, ist schon eine Fortsetzung ihrer Erfolgsgeschichte.

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