Fußball-WM: Deutschland - Spanien:Neuer gegen Spanien

Der deutsche Torhüter Manuel Neuer ist im enttäuschenden WM-Halbfinale bester Spieler seiner Mannschaft. Das 0:1 kann er nicht verhindern, dafür aber seinen Status als Nummer eins festigen.

Durban - Spätestens Mitte der zweiten Halbzeit gab es dann endgültig keine Rechtfertigung mehr. Für die verbliebenen Zweifler an Deutschlands Nummer eins, die ihr mangelnde Erfahrung vorwarfen, zu wenig Praxis in internationalen Spielen. Die sich wünschten, dass an ihrer Stelle doch lieber der Bremer Tim Wiese oder Bayern-Keeper Jörg Butt hätten im Tor stehen sollen.

Germany's goalkeeper Neuer makes a save during their 2010 World Cup semi-final soccer match against Spain at Moses Mabhida stadium in Durban

Manuel Neuer hält - wie so oft in diesem Spiel.

(Foto: rtr)

Kritik eben an jedem Manuel Neuer, den Bundestrainer Joachim Löw am 30. Mai 2010 zu seinem Vertrauensmann im deutschen Tor erklärt hatte. Bis zum Halbfinale musste Neuer nur zwei Gegentreffer hinnehmen, einen bei der Vorrunden-Niederlage gegen Serbien; einen im Achtelfinale gegen England (nun gut, vielleicht auch zwei, wenn man das Anti-Wembley-Tor von Frank Lampard mit dazu zählt).

In diesem WM-Halbfinale gegen Spanien am Abend des 7. Juli 2010 stellte sich Mitte der zweiten Halbzeit kaum jemand mehr die Frage, wie die Partie Spanien gegen Deutschland denn enden möge. Die Frage lautete viel mehr: Wie lange besteht Neuer gegen diesen Gegner? Das ist einzig und allein als Lob für den Torwart von Schalke 04 zu verstehen.

Schon in der siebten Minute, als die deutsche Abwehr zum ersten Mal heftig aussetzte, war Neuer gegen Spaniens herannahenden Topstürmer David Villa zur Stelle. Er warf sich ihm entgegen, blockte den Ball mit dem Schienbein, von dort aus sprang das Spielgerät ins Aus. Vielleicht hätte der frühe Rückstand das deutsche Spiel aus seiner unerklärlichen Lethargie befreit, die Mittelfeldspieler näher an den Mann gebracht, sie gezwungen, sich den Spaniern agiler entgegen zu stellen. Neuer wusste das zu verhindern - natürlich zum Glück, in diesem Moment.

Ohne Chance beim Gegentor

In der zweiten Halbzeit setzte sich das Bild fort. Neuer würde nach dem Spiel wohl nicht mehr behaupten, dass er sich auch gegen Spanien sicher war, er würde kein Tor mehr kassieren, so wie er es nach dem Achtelfinalsieg gegen Argentien noch formulierte. In der 59. Minute rettete er mit einem tollen Reflex gegen Pedro, nur eine Minute später war Neuer wieder Sieger, wieder gegen denselben Gegner, gegen den flinken Pedro. Wie ein gelber Einzelkämpfer warf sich Neuer den spanischen Angriffen entgegen. Wenn Neuer es zulassen würde, soviel war klar, würden die überlegenen Iberer auch in Führung gehen. "Wir haben zu wenig nach vorne gemacht, uns zu wenige Chancen erarbeitet. Uns hat vielleicht ein bisschen der Mut gefehlt", sagte Neuer nach dem Spiel.

Germany v Spain: 2010 FIFA World Cup - Semi Final

Die einzige Szene, in der Manuel Neuer nicht abwehren kann: Carles Puyol trifft per Kopf zum 1:0 für Spanien.

(Foto: getty)

Es geschah dann in der 72. Minute, und Neuer, man nehme es vorweg, konnte nichts dafür. Von der linken Seite brachte Mittelfeldstratege Xavi einen Eckball herein, Abwehrspieler Charles Puyol rauschte vom Sechzehnmeterraum heran, konnte herrlich Anlauf nehmen, traf den Ball wuchtig mit dem Kopf und platzierte ihn aus weniger als zehn Metern an Neuer vorbei im rechten Toreck. Hätte Puyol verpasst, wäre auch Kollege Piqué aussichtsreich postiert gewesen, so sehr hatte die deutsche Abwehr ihren Torwart alleine gelassen.

Bis zum Schlusspfiff schützte Neuer seinen Kasten anschließend vor Schaden, einzig: Es reichte nicht, um das deutsche Aus zu verhindern. "Wenn du als Torwart einmal falsch stehst, dann kommst du nicht mehr zum Ball", sagte Neuer vor wenigen Tagen lapidar im SZ-Interview. Gegen Spanien stand Neuer ausnahmslos richtig - es reichte trotzdem nicht.

Auch wenn diese WM nun vorüber geht und auch René Adler zu den ersten Länderspielen danach wieder fit sein wird - der deutsche Nationaltorwart dürfte auf absehbare Zeit Manuel Neuer heißen. Zu souverän trat er bei diesem Turnier auf; er zeigte gute Reflexe, war meist sicher in der Strafraumbeherrschung, im beidfüßigen Spiel und bei weiten Schleuderabwürfen macht ihm sowieso niemand etwas vor. Zudem ist zu erwareten, dass er in den kommenden Jahren noch eine Spur abgeklärter wird: Neuer ist schließlich erst 24 Jahre alt.

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