Fußball: WM der Frauen:Dank an die Ersatz-Fee

Lösbare Aufgaben für die DFB-Frauen: Bei der WM im eigenen Land im kommenden Sommer treffen Deutschlands Fußballerinnen in der Vorrunde auf Kanada, Frankreich und Nigeria - Glücksfee Günter Netzer ersetzte bei der Auslosung den kurzfristig verhinderten Oliver Kahn.

Es ist für keinen Sommer einfach, wenn er dauernd am Sommer 2006 gemessen wird. Im Sommer 2006 war der Himmel blau, durch diesen Himmel düste Franz Beckenbauer mit seinem Hubschrauber, und unter diesem Himmel spielten die deutschen Männer einen abenteuerlichen Fußball, den man in diesem Land noch nie gesehen hatte. Auch für Wissenschaft und Technik war 2006 ein gutes Jahr, es war das Jahr der bahnbrechenden Erfindungen, entdeckt wurden Großleinwände, Fanmeilen und Goleo. 2006 war: das Sommermärchen.

Auslosung Frauenfußball-WM 2011

Günter Netzer als Glücksfee: Der frühere ARD-Moderator zog für die DFB-Frauen machbare Gegner aus dem Lostopf.

(Foto: dpa)

Für 2011 hat das Land mit dem blauen Himmel wieder ein Sommermärchen eingeplant, dann sollen es die deutschen Frauen sein, die bei der Frauen-WM (26. Juni - 17. Juli) in Deutschland einen abenteuerlichen Fußball spielen; allerdings einen, den man von ihnen längst kennt. Im Gegensatz zu den Männern sind sie der Topfavorit im eigenen Land. Die deutschen Männer hatten 2006 ein dunkles Jahrzehnt hinter sich, die deutschen Frauen dagegen blicken auf ein Jahrzehnt zurück, das mit zwei WM-Titeln 2003 und 2007 mindestens so hell strahlte wie der Himmel 2006.

Es wird die deutschen Fußballfrauen nicht stören, dass ein Wintereinbruch den Auftakt ihres Sommermärchen erschwerte. Der sehr männliche Fußballer Oliver Kahn musste die feierliche Gruppenauslosung in Frankfurt schwänzen, weil er in München am Flughafen fest hing, auch Franz Beckenbauer ließ sich entschuldigen, er saß in Salzburg fest. Hat der Mann keinen Hubschrauber mehr? Besonders im Fall Kahns war die Absage bedauerlich, was auch Steffi Jones fand, die Chefin des WM-Organisationskomitees. "Schade", meinte sie lächelnd, "Oliver hat sich ja noch nie so zum Frauenfußball geäußert. Wenn er das heute nicht richtig gemacht hätte, hätte ich den Knüppel ausgepackt."

Kahn, die verhinderte Glücksfee

Überhaupt, denn das hätte man ja gerne mal erlebt: Kahn als Glücksfee. Ob er beim Griff in die Lostrommel auch Druck, Druck, Druck empfunden hätte wie auf dem Fußballplatz? Aber zum Glück hat der deutsche Fußball Günter Netzer, eine Art Beckenbauer, nur ohne Hubschrauber. Ersatzfee Netzer war schlau genug, rechtzeitig im Frankfurter Congress Zentrum zu erscheinen, was ihm die Ehre einbrachte, an Kahns Statt zusammen mit dem Model Adriana Karembeu die Prozedur zu verantworten.

Es war 19.56 Uhr, als das prominente Duo der deutschen Mannschaft einen prominenten Auftaktgegner bescherte: Kanada. Ein Team, das dafür sorgen sollte, dass die deutsche Elf am 26. Juni im Berliner Olympiastadion konzentriert ins Turnier starten wird: Ohne Gegentor sind die Kanadierinnen durch die Qualifikation marschiert, was Silvia Neid bei Ansicht des Loses immerhin ein respektvolles Nicken abverlangte. Angemessen ernsthaft blickte die Bundestrainerin auch, als sie kurz darauf den zweiten Gegner empfing, dem die DFB-Elf am 30. Juni in Frankfurt begegnet: Nigeria eine athletische, als durchaus konkurrenzfähig geltende Elf, der frisch gekürte Afrikameister, der vor ein paar Tagen von der DFB-Elf aber in einem Testspiel mit 8:0 auseinandergenommen wurde.

Es war ein Spiel, das Silvia Neid, abgesehen vom Ergebnis, nicht unbedingt gefallen hatte. Sie fand es nicht sehr sportlich, dass die Afrikanerinnen "nach unserem 3:0 keine große Lust mehr hatten". Dritter Vorrundengegner wird Frankreich sein, eine aufstrebende junge Elf, die manchen als eine Art Geheimfavorit gilt. Eine gut klingende, aber auch gut lösbare Gruppe. Bei der WM dürften alle Teams Lust haben, weshalb sich die DFB-Frauen nicht auf ihren jüngsten Testspiele verlassen werden, in denen sie außer Nigeria auch Kanada klar schlugen (5:0). "Ich denke, dass die Tests kein Maßstab waren", sagte Birgit Prinz, "das Ergebnis wird nicht so klar werden."

Und Silvia Neid ist überzeugt, dass die Nigerianerinnen "sich nie wieder so präsentieren werden wie bei dem 0:8 vor ein paar Tagen". Ein paar heimliche Seitenblicke haben die DFB-Frauen am Ende noch aufs Tableau geworfen, das ein Viertelfinale gegen Japan oder England, ein Halbfinale gegen die USA und ein Finale gegen Brasilien bringen könnte. Beim Endspiel in Frankfurt wäre Oliver Kahn bestimmt dabei: Im Juli schneit es selten.

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