Fußball-WM:Auch Belgien hat einen Messi

Lesezeit: 2 Min.

Ganz stark bei dieser WM: Belgiens Eden Hazard. (Foto: Benjamin Cremel/AFP)
  • Eden Hazard hat Belgien bis ins WM-Halbfinale gedribbelt, dort trifft seine Mannschaft am Dienstagabend auf Frankreich (20 Uhr, Liveticker auf SZ.de).
  • Er scheint dem Anspruch, ein Leader zu sein, endlich gerecht zu werden.
  • Hier geht es zum Spielplan der Fußball-WM.

Von Javier Cáceres, Sankt Petersburg

Vor ein paar Jahren versicherte Eden Hazard, ein Fußballer zu sein, der in der Kabine nicht groß den Mund aufmacht. Er spreche lieber auf dem Platz. Mit dem Ball am Fuß. In der Halbzeit des WM-Auftaktspiels der belgischen Nationalelf gegen Panama aber platzte ihm der Kragen. Es stand 0:0 und Hazard verstand nicht, dass sich seine Mannschaft gegen den WM-Debütanten so schwer tat. 45 Minuten lang hatte er Romelu Lukaku gesucht - und nicht gefunden. "Warum versteckst du dich?", herrschte er Lukaku an - und löste damit beim Stürmer von Manchester United eine Reaktion aus, die für die Panamaer vernichtende Effekte hatte. Lukaku erzielte zwei seiner bisher vier Tore und setzte damit Belgiens Nationalteam auf ein Gleis, das sie bis ins Halbfinale an diesem Dienstag, um 20 Uhr, gegen Frankreich geführt hat.

Hazard galt schon vor der WM in Brasilien 2014 als der Leader einer belgischen Mannschaft, die im Viertelfinale am späteren Finalisten Argentinien scheiterte. Nun, mit 27 Jahren, scheint er das Alter erreicht zu haben, dem Anspruch rundum gerecht werden zu können. "Ich liebe diesen Spieler. Ganz gleich, zu welchem Zeitpunkt oder in welchem Spiel: Er fordert immer den Ball. Er ist ein genialer Kapitän", sagt Belgiens Trainer Roberto Martínez.

Endlich kommt sein Talent zur vollen Entfaltung

Der Ruf des Genies haftete Hazard schon immer an. Der Sohn eines Fußballer-Ehepaars - der Vater spielte als Verteidiger in der zweiten, die Mutter als Angreiferin in der ersten belgischen Liga - ging mit 14 in die Jugendakademie des OSC Lille nach Frankreich, debütierte dort mit 16 Jahren in der Ligue 1 und holte 2011 das Double. Er wechselte 2012 zu seinem jetzigen Klub FC Chelsea und gewann einmal die Europa League, zwei englische Meistertitel, einen Ligapokal und den FA Cup. Mit 25 Jahren hatte er 446 Profi-Pflichtspiele absolviert - mehr als Lionel Messi (431) oder Cristiano Ronaldo (407) in diesem Alter.

In Spanien hält sich seit Jahren das Gerücht, dass Hazard verrückt danach sei, zu Real Madrid zu wechseln. Zinédine Zidane, bis vor kurzem Trainer bei Real, wollte ihn schon vor Jahren nach Madrid locken; nun öffnet sich womöglich die Tür. Sollte Ronaldo tatsächlich aus Madrid zu Juventus Turin wechseln, wäre Hazard zwar kein fußballerisch kongruenter Ersatz ("ich bin kein Torjäger, ich bin ein Arbeiter"). Aber er würde als eine der prägenden Figuren der WM den Duft globalen Renomees verströmen, den Real Madrids Boss Florentino Pérez als so verführerisch empfindet.

Vor allem beim 2:1-Viertelfinalsieg gegen Brasilien war zu sehen, warum sie ihn einst den "belgischen Messi" tauften. In seinem wohl besten von 90 Länderspielen outete er sich als letzter verbliebener Dribbelkünstler des Turniers. Er komplettierte zehn Dribblings; laut Statistikunternehmen Opta Sports der beste Wert bei einer WM, seit in England 1966 damit begonnen wurde, solche Daten zu sammeln.

Der Erfolg in Russland ist auch eine späte Genugtuung für einen Fußballer, der 2009 ernsthaft fürchtete, seine Nationalmannschaftskarriere könnte vorbei sein. Nachdem ihn Trainer Georges Leekens in einem EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei ausgewechselt hatte, war Hazard außer sich. Er verließ vor Spielende das Stadion und flüchtete in ein Fastfood-Restaurant. Dort aß er im Kreis der Familie - zu der sein Bruder Thorgan zählt, Profi bei Borussia Mönchengladbach - einen Hamburger. Leekens sperrte ihn intern für zwei Spiele. Doch dann kam auch er nicht am Talent Hazards vorbei, das nun in Russland zur Entfaltung kommt.

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Von Martin Schneider

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir sowohl geschrieben, dass Belgien bei der Weltmeisterschaft 2014 im Achtelfinale an Argentinien gescheitert sei, als auch, dass sie 2018 im Achtelfinale gegen Brasilien gewonnen hätten. Das ist in beiden Fällen falsch. Es handelt sich jeweils um das Viertelfinale.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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