WM-Quartier in Katar:Das Handtuch wurde in der Wüste schon platziert

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Das Logo der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 wird schon mal auf Häuserwände projiziert - fragt sich noch, in welche Unterkunft die DFB-Delegation ziehen wird. (Foto: Nikku/dpa)

Wo residiert die Nationalelf während der WM in Katar? Bundestrainer Hansi Flick und sein Stab fliegen kommende Woche ins Emirat, um ein Quartier zu suchen. Die Expedition ist aber auch eine diplomatische Mission.

Von Philipp Selldorf, Frankfurt

Ein arabisches Campo Bahia nach dem Vorbild des legendären Quartiers in Brasilien wird es bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar für die Nationalmannschaft nicht geben, die Deutschen müssen eine der Unterkünfte wählen, die der Weltverband den 32 Verbänden zur Auswahl stellt. Statt mit einer kreativen Lösung eigene Wege zu gehen wie bei der WM 2014 oder bei der EM im vorigen Sommer muss sich der DFB diesmal wieder mit anderen Turnierteilnehmern um die besten Plätze unter der arabischen Sonne messen. Deshalb startet am kommenden Montag eine deutsche Delegation in Mannschaftsstärke zur Dienstreise in den Wüstenstaat. Außer dem Trainerteam um Hansi Flick sitzen Oliver Bierhoff und seine wichtigsten Mitarbeiter an Bord.

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Eine Vorauswahl hat das Büro der Nationalelf bereits bei vorangegangenen Lokalterminen getroffen, offenbar haben die Deutschen hier und da schon ihr Handtuch platziert, nun geht es darum, mit Flicks Billigung die Reservierung zu realisieren. Der Bundestrainer hat das letzte Wort. Bei der WM 2018 hatte sich Joachim Löw widerwillig den diplomatischen Zwängen unterworfen, die ihn und sein Team in das Exil von Watutinki am Rande von Moskau verschlugen.

Den sportlichen Auftrag hat das Team damals sicher nicht wegen der Unterkunft verfehlt, aber das Domizil im öden Vorort und Phänomene wie die im Gebüsch versteckten Sicherheitskräfte, von den Insassen "Waldmenschen" genannt, hatten ihren Anteil an der unguten Stimmung.

Die Reise nach Katar dient nicht nur der Hotelsuche, die DFB-Gruppe möchte auch Kontakte und Erfahrungen machen

Flick klingt genügsam, wenn er seine wichtigsten Kriterien für die WM in der Adventszeit benennt: Er legt Wert auf "kurze Wege zum Trainingsplatz" und auf ein Zuhause "mit guter Atmosphäre". Dennoch wird es wohl nicht genügen, wenn das Hotel handelsübliche Vorzüge wie Schwimmbad, Farbfernseher und elektrische Hosenbügler zu bieten hat.

Flick stellt sich stattdessen vor, das Heim "für unsere Bedürfnisse zurechtzumachen". Zweimal war er bereits mit dem FC Bayern in Katar, beide Male war er mit den jeweils luxuriösen Verhältnissen einverstanden, aber diesmal geht es nicht um ein angenehmes Dach über dem Kopf, sondern um eine komplexe Lösung, die im Idealfall vier bis fünf Wochen passen soll. Die Tendenz geht offenbar zu einem Resort, das außerhalb des Millionen-Einwohner-Großraums um die Hauptstadt Doha liegt.

Die Reise nach Katar dient nicht nur der Hotelsuche, die DFB-Gruppe möchte auch Kontakte und Erfahrungen im Gastgeberland machen. Am Tag der Ankunft steht ein Besuch beim Halbfinale des von der Fifa veranstalteten Arab Cup im Al-Thumama-Stadion an, einem der acht neuen Stadien im Land. Geplant seien außerdem "Treffen mit verschiedenen Organisationen", wie Flick sagte.

Laut DFB-Direktor Oliver Bierhoff gehört Human Rights Watch dazu, auch die politischen Prämissen trug er vor der Tour noch mal zum Mitschreiben vor: Ein Boykott wegen der kritisch bewerteten Menschenrechtslage in Katar komme "nicht in Frage. Wir wollen dem Turnier eine Chance geben. Aber wir wollen uns auch ein komplettes Bild machen." Flick ergänzte: "Wir werden nicht nur sportlich, sondern auch bei diesen Themen gut vorbereitet sein. Unsere Mannschaft steht für gewisse Werte, und das wird sie auch zeigen."

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