Dubiose Zahlungen:Millionen-Schieberei vor der WM 2006 bringt DFB in Not

German Football Federation Informs About FIFA World Cup 2006 Investigations

Bei der Pressekonferenz in Frankfurt: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das OK der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hat vor dem Turnier unter dubiosen Umständen einen Millionenbetrag an den Weltverband Fifa gezahlt und dabei offenbar den eigenen Aufsichtsrat getäuscht.
  • Nach Angaben von Niersbach hatte Fifa-Präsident Sepp Blatter im Jahr 2002 einen Zuschuss in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken für die WM angeboten, dafür aber von OK-Chef Beckenbauer im Gegenzug 6,7 Millionen Euro verlangt.
  • Selbst die Fifa widerspricht dieser Darstellung vehement.

Von Johannes Aumüller und Klaus Ott

Das von Franz Beckenbauer geleitete Organisationskomitee (OK) der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hat vor dem Turnier unter dubiosen Umständen einen Millionenbetrag an den Weltverband Fifa verschoben und dabei den eigenen Aufsichtsrat getäuscht. Im April 2005 überwies das OK der Fifa 6,7 Millionen Euro, die offiziell als Zuschuss für die geplante Auftakt-Gala der WM deklariert waren. Tatsächlich jedoch war das Geld dazu gedacht, über den Umweg Fifa ein Darlehen zurückzuzahlen, das der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus Jahre zuvor gewährt hatte.

Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und enger Vertrauer von Beckenbauer, schilderte den Vorgang nach tagelangem Schweigen vor der Presse in Frankfurt. Nach Angaben von Niersbach hatte Fifa-Präsident Joseph Blatter im Jahr 2002 einen Zuschuss in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken für die WM angeboten, dafür aber von OK-Chef Beckenbauer im Gegenzug zehn Millionen Franken verlangt, damals umgerechnet 6,7 Millionen Euro. Diesen Betrag habe dann Louis-Dreyfus der Fifa-Finanzkommission zur Verfügung gestellt.

Wohin das Geld bei der Fifa genau gegangen sei, "entzieht sich meiner und unserer Kenntnis", sagte Niersbach. Er war damals einer der Vizechefs des OK. Nach seiner Darstellung wollte Louis-Dreyfus Jahre später das Geld vom OK zurückhaben. Daraufhin sei der betreffende Betrag über die Fifa, die das Geld an Louis-Dreyfus weiterleiten sollte, "zurücküberwiesen worden". Niersbach sagte, mit diesen Millionen seien keinesfalls Fifa-Funktionäre bestochen worden. Deutschland hab die WM 2006 auf sauberem Wege bekommen.

Niersbach räumte ein, es gebe noch Fragezeichen, "die sehe ich auch." Er könne noch "keine restlose Aufklärung" liefern. Ein anderer damaliger OK-Vize, der ehemalige DFB-Funktionär Horst R. Schmidt, gab zu, es habe sich um eine "intransparente Gestaltung" gehandelt. Schmidt teilte in einer schriftlichen Erklärung mit, er habe im Herbst 2004 durch einen Anruf von Günter Netzer erfahren, dass Louis-Dreyfus einen Anspruch gegen das OK haben solle. Schmidt betonte, er habe das OK-Präsidium "zeitnah" informiert. Damit bringt Schmidt Niersbach in Bedrängnis. Niersbach hatte vor einer Woche nach einem Spiegel-Bericht über den Geldtransfer erklärt, er habe "diesen Sommer" erfahren, dass es einen solchen Vorgang gebe.

Die Fifa widersprach der Darstellung von Niersbach. Man habe keine Dreyfus-Zahlung registriert. Es entspreche nicht den Abläufen und Richtlinien der Fifa, die Unterstützung von Weltmeisterschaften an "finanzielle Vorleistungen" zu koppeln. Außerdem sei die Finanzkommission des Weltverbandes weder berechtigt, "Zahlungen irgendwelcher Art in Empfang zu nehmen", noch verfüge die Kommission über ein eigenes Bankkonto. Blatter erklärte ausweichend, er sei mit dem von Niersbach geschilderten Vorgang "nicht vertraut".

Die Fifa erklärte weiter, sie werde die Angelegenheit mit Hilfe von Anwälten untersuchen. Der DFB sei aufgefordert, daran mitzuwirken.

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