Fußball:Warum ein Zweitligist aus China Millionen für Brasilianer ausgibt

China PR v Japan - EAFF East Asian Cup 2015; China

Die meisten chinesischen Fans gucken lieber englischen Fußball.

(Foto: Getty Images)
  • Ein chinesischer Zweitligist kauft brasilianische Spieler für mehrere Millionen Euro. Der Klub hat einen reichen neuen Sponsor.
  • Die Chinesen interessieren sich aber eher für die englische Premier League als für die heimische Liga.
  • Der Staatschef will das jetzt ändern. Unter anderem soll Fußball in der Schule gelehrt werden.

Von Alexander Mühlbach

Das europäische Winter-Transferfenster verhält sich derzeit wie der 1. FC Köln. Früher waren beide mal aufregend, unberechenbar und gekennzeichnet von abstrusen Last-Minute-Notlösungen. Diese Saison aber ist so eine Bodenständigkeit bei den Klubs eingekehrt, dass man beinahe befürchten muss, dass sich nun das Prinzip der rationalen Kader-Planung in Europa durchgesetzt hat.

In China ist das anders. Der chinesische Erstligist Hebei China Fortune gab 15 Millionen Euro für den ivorischen Nationalspieler Gervinho aus, der zuletzt für den AS Rom auflief. Abwehrspieler Assani Lukimya wechselt für rund zwei Millionen von Bremen zu Liaoning Whowing FC. Genauso wie vier weitere brasilianische Spieler für jeweils mehr als fünf Millionen Euro Ablöse ihren Lebensmittelpunkt nach China verlegen. Der letzte Transferkracher: Rechtsaußen Geuvânio wechselte für elf Millionen Euro vom brasilianischen Erstligisten FC Santos zu Tianjin Quanjian. Zu einem Zweitligisten!

"Als Spieler hast du zehn Jahre, um Geld zu machen"

Was reizt einen 23-jährigen Brasilianer, der seine ganze Karriere vor sich hat, an der zweiten chinesischen Liga? Die Antwort hat Renato Augusto vor ein paar Wochen gegeben, als er für acht Millionen Euro von Brasilien nach China wechselte. "Als Spieler hast du zehn Jahre, um Geld zu machen", sagte der Ex-Leverkusener nüchtern. Selten hat ein Spieler so unromantisch über Fußball gesprochen.

Vor allem stellt sich aber die Frage: Wieso kann ein chinesischer Zweitligist wie Tianjin Quanjian sich einen elf Millionen Euro teuren Transfer leisten? Vor allem nachdem sie schon den Brasilianer Jadson für fünf Millionen Euro in die Stadt südöstlich von Peking gelockt hatten, die weltweit vor allem dafür bekannt ist, dass im vergangenen Jahr ein riesiges Container-Lager im Hafen explodierte.

Der Hauptsponsor wechselt einfach den Klub

Die Antwort: Quanjian Natural Medicine. Das Unternehmen, erst 2004 gegründet, vertreibt traditionelle chinesische Medizin. Von Parfüm über Kosmetik bis zur "Anti-Krebs-Geschenk-Box" für mehr als 1500 US-Dollar hat die Firma alles im Sortiment. Anscheinend sind so viele Menschen von ihren Produkten überzeugt, dass Quanjin Natural Medicine nun genug Kapital besitzt, um ganze Fußballklubs zu sponsern - oder zu beherrschen. Als Erstligist Tianjin Teda FC sich weigerte, sich von dem Unternehmen bei Spielertransfers reinreden zu lassen, beendete die Firma prompt ihr Sponsoring und stieg beim anderen Klub der Stadt ein: Tianjin Quanjian.

Elf-Millionen-Mann Geuvânio muss sich um sein fürstliches Gehalt also keine Sorgen machen. Doch bleibt die Frage, ob dem Brasilianer in China überhaupt angemessene Aufmerksamkeit zuteil wird. Die Chinesen interessieren sich zwar für Fußball, aber das Niveau der heimischen Klubs ist bis auf wenige Ausnahmen so schlecht, dass sie lieber Premier League schauen. Der Zuschauerschnitt in Tianjin lag in der vergangenen Saison knapp über 7000 pro Spiel. Für eine Militärparade wurde das Pekinger Fußballstadion mitten in der Saison mal eben zu einem Parkplatz für Panzer umfunktioniert wurde. Das spricht nicht unbedingt für den Stellenwert des Fußballs.

Immerhin, Staatspräsident Xi Jinping hat im vergangenen Jahr eingesehen, dass es so nicht weitergehen kann mit dem chinesischen Fußball. Weswegen er einen 50-Punkte-Plan veröffentlichte, der das Land in eine Fußballmacht verwandeln soll. Demnach sollen 50 000 Fußball-Leistungszentren im ganzen Land gebaut werden. Außerdem soll der Sport in Schulbüchern erklärt werden.

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