Süddeutsche Zeitung

Fußball: VfB Stuttgart:Beifall für Babbel

Ungewöhnlich geduldig: Markus Babbel übersteht die jüngste Krisensitzung seines Vorstands und bleibt nach dem 0:1 bei Greuther Fürth Trainer des VfB Stuttgart.

Bernd Dörries

Elvis Presley wird bis heute in Supermärkten auf der ganzen Welt gesehen. Jürgen Klinsmann wird seit Wochen in verschiedenen Restaurants und Vereinsgaststätten der Region Stuttgart gesichtet. Oft, so die vermeintlichen Augenzeugen, sei ein Herr an seiner Seite, der so aussieht wie Erwin Staudt, der Präsident des VfB Stuttgart. Zählt man die angeblichen Sichtungen der beiden zusammen, kann man nur hoffen, dass die Bewirtungskosten nicht vom Verein übernommen werden, der durch die Häufigkeit der behaupteten Zusammenkünfte in finanzielle Bedrängnis geraten würde. Letztlich dementieren bei Seiten aber recht glaubhaft, dass es solche Treffen überhaupt gegeben hat.

Warten auf Babbel

Seit Mittwoch müssen sie sich in Stuttgart zumindest vorerst auch gar nicht mehr mit irgendwelchen Trainerkandidaten treffen, weil der Vorstand des VfB beschlossen hat, dass Markus Babbel erst einmal bleibt. "Wir sind überzeugt, dass dieses Trainerteam die Mannschaft aus der Krise herausführen wird", sagte Manager Horst Heldt. Die Mannschaft stand am Mittwoch zehn Minuten auf dem Trainingsplatz und wartete ebenso wie knapp hundert Fans auf den Trainer. Als die Anhänger sahen, dass der immer noch Babbel heißt, klatschten sie. Man ist geduldig geworden in Stuttgart.

Das Votum für den Trainer jedenfalls soll nun für ein paar Wochen gelten, auch wenn man beispielsweise das Spiel gegen die Bayern am Samstag verlieren sollte - sofern die Leistung stimmt. "Nur weil wir eine Entscheidung getroffen haben, wird es nicht einfacher ", sagte Manager Heldt. In den letzten 14 Pflichtspielen holte man nur zwei Siege. Am Dienstagabend war mal wieder eine Niederlage hinzugekommen, 0:1 verlor der VfB im DFB-Pokal gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth. "Für mich wird es so langsam eng. Ich hoffe, dass der Verein weiter hinter mir steht", sagte Babbel nach dem Spiel. Eine klare Antwort bekam er erst am Tag darauf.

Es liegt eine gewisse Komik darin, dass in der Nacht zum Mittwoch in einem Stuttgarter Mehrfamilienhaus ein Manager in seinem Bett lag, der über den Trainer nachdachte, der wiederum auf dem gleichen Stockwerk im selben Haus im Bett lag, und darüber nachdachte, was der befreundete Manager nebenan wohl gerade denkt. Die VfB-Spieler dachten am Dienstag laut für den Trainer: "Ich denke, der Verein weiß, dass ich absolut dafür bin, Konstanz zu behalten, Ruhe reinzubringen und mit den Trainern weiterzuarbeiten", sagte Torwart Jens Lehmann und warnte: "Fehler, die wir Spieler machen, jetzt mit Fehlern des Vereins gutmachen zu wollen, ist nie gut."

Nachdenken in der Winterpause

Es wird bei den Beratungen des VfB-Vorstandes eine wichtige Rolle gespielt haben, dass sich die Führungsspieler zuletzt stets hinter ihren Trainer stellten. Dazu kam, dass der Verein auch keinen anderen Trainer gefunden hat, von dem man wirklich überzeugt war. Der Name Marcel Koller wurde oft genannt, der Klubvorstand hielt es aber wohl für ein seltsames Signal, einen Trainer zu verpflichten, der beim Abstiegskandidaten Bochum entlassen worden ist.

Betrachtet man nur die mittlerweile beeindruckende Serie von Niederlagen und den momentanen 14. Tabellenplatz, dann müssten sie Babbel beim VfB eigentlich entlassen ohne groß zu überlegen. Kompliziert wurde die Sache aber dadurch, dass die Mannschaft in den letzten drei Spielen Fortschritte gemacht hatte und es so aussah, als hätte Babbel eine Formation und ein System gefunden, mit dem die Wende gelingen könnte. Die größten Probleme bestehen noch im Sturm, vor allem in der Chancenverwertung, und zeigen sich auch daran, dass Ciprian Marica immer noch Teil des Teams ist.

Marica kam vor zweieinhalb Jahren für acht Millionen Euro und seitdem warten sie darauf, dass der so genannte Knoten platzt. Bei Marica wurde aber wohl nicht einmal ein Knoten mitgeliefert, der platzen könnte. Gegen Fürth reichten drei Großchancen nicht für ein Tor. Kollege Pavel Pogrebnjak kam zu Saisonbeginn und weist eine gegensätzliche Entwicklung wie die Mannschaft auf. Er fing gut an und wird immer schlechter. In der Winterpause werde man auch über neue Spieler nachdenken, sagte Heldt.

Saftige Geldstrafe

Mit den Neueinkäufen hat es schon länger nicht mehr so gut geklappt, weshalb es auch Kritik an Heldt gibt. Die Fans fragen sich, was denn eigentlich aus den 35 Millionen Euro geworden ist, die man für Mario Gomez bekam. Heldt galt noch zu Saisonbeginn als Teufelskerl, weil er Aliaksandr Hleb zurück geholt hatte für ein Jahr. Bei seiner Vorstellung sagte Hleb, er sei von Barcelona hierher gekommen, um "mein Selbstvertrauen wieder aufzubauen". Er hatte im Nachhinein Recht, damals hat nur niemand genau hingehört.

Am Dienstag stand Hleb nicht in der Startformation, wurde eingewechselt, spielte mäßig und flippte später im Kabinengang aus, als ihn der VfB-Teamarzt zur Dopingprobe lotsen wollte. Hleb bekommt nun eine "saftige Geldstrafe", wie Heldt verkündete. Der Weißrusse entschuldigte sich am Mittwoch auf dem Trainingsplatz bei den Kollegen. Dann stellte sich Babbel in die Mitte des Kreises und hielt einen Vortrag. Er sah recht zuversichtlich aus.

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SZ vom 29.10.2009/ebc
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